Leitsatz

Anspruch auf Wohngeldnachzahlung gemäß genehmigter Einzelabrechnung (ohne Beschränkung lediglich auf eine Abrechnungsspitze, wenn die Schuld auch nicht geleistete Wohngeldvorauszahlungen umfasst und der Schuldner der Vorauszahlungen identisch ist mit dem der Abrechnungsspitze)

 

Normenkette

§§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 5 WEG

 

Kommentar

  1. Der Anspruch auf Zahlung von Wohngeld für ein Abrechnungsjahr kann einheitlich auf den in der Einzelabrechnung zur genehmigten Jahresabrechnung ausgewiesenen Nachzahlungsbetrag auch dann gestützt werden, wenn dieser nicht lediglich die Abrechnungsspitze, sondern betragsmäßig auch den Rückstand nicht geleisteter Wohngeldzahlungen nach dem Wirtschaftsplan umfasst.

    1. Zwar begründet ein Abrechnungsbeschluss eine originär neue Forderung nur in Höhe der sog. Abrechnungsspitze, d.h. des Betrags, um den der Abrechnungssaldo die nach dem Wirtschaftsplan geschuldeten Vorschüsse übersteigt. Denn der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung bewirkt keine Schuldumschaffung (Novation) des durch die Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan begründeten Anspruchs auf Wohngeldvorauszahlungen. Durch die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung wird deshalb der aufgrund des Wirtschaftsplans gegen einen Rechtsvorgänger bestehende Anspruch auf Vorschusszahlungen gegen dessen Sonderrechtsnachfolger nicht neu begründet (BGH v. 23.9.1999, V ZB 17/99, NJW 1999, 3713). Im vorliegenden Fall hatte der Schuldner keine Wohngeldvorauszahlungen geleistet; in seinen Einzelabrechnungen mit den ausgewiesenen Nachzahlungsbeträgen waren damit auch die von ihm nicht erbrachten Vorauszahlungen enthalten. Gleichwohl kommt dem Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung auch hinsichtlich des Vorschussanspruchs bestätigende oder rechtsverstärkende Wirkung zu, wenn und soweit der Schuldner sowohl des Anspruchs auf Vorauszahlungen als auch des Anspruchs auf die Abrechnungsspitze identisch ist. In einem solchen Fall kann der Anspruch auf Wohngeldzahlung insgesamt auf die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung gestützt werden (Bärmann/Pick/Merle, 9. Aufl. § 28 Rn 45, 47; Wenzel, WE 1997, 124; Demharter, FGPrax 1999, 134).
 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 08.07.2003, 15 W 48/03

Anmerkung

In letzter Zeit verstärkt sich zumindest bei mir der Eindruck, dass sich im Zuge der Diskussion über Folgeprobleme und rechnerische Ergebnisvarianten zur Thematik der sog. Abrechnungsspitze im Abrechnungswesen sowohl in der Praxis als auch in der Fachliteratur und Folgerechtsprechung einige Missverständnisse "einschleichen", die bei Wohngeldschulden zu Unsicherheiten im Zuge erforderlicher gerichtlicher Inkassoverfahren führen, und zwar hinsichtlich der Anspruchsgrundlage für solche Forderungen und richtiger Schuldnerschaft (Passivlegitimation). Vgl. z. B. missverständlichen Leitsatz in NZM 6/2003, 245 zu AG Düsseldorf v. 15.5.2002!

  1. Zunächst ist aus heutiger Sicht als unstreitig klarzustellen, dass ein genehmigter Wirtschaftsplan die Anspruchsgrundlage für Wohngeldvorauszahlungen darstellt. Kommt es hier während eines Vorauszahlungsinkasso-Gerichtsverfahrens zu einer Abrechnungsgenehmigung (auch mit entsprechender Einzelabrechnungsgenehmigung), hat nach nunmehr h.R.M. der Abrechnungsgenehmigungsbeschluss nur eine den Wirtschaftsplan bestätigende bzw. rechtsverstärkende Wirkung (h.R.M., wie auch zu Recht vom OLG Hamm hier entschieden). Wohngeld-Beitragspflichten der Eigentümer ergeben sich gleichermaßen aus Wirtschaftsplan und Abrechnung. Die genehmigte Abrechnung ersetzt damit nicht im Sinne einer Schuldumschaffung (bzw. Novation) den früher genehmigten Wirtschaftsplan, hebt diesen also auch nicht "überholend" auf (vgl. insoweit Merle in B/P/M, 9. Aufl. § 28 Rn 45 m.w.N.). Ist nun ein Wohngeldvorauszahlungsverfahren nach beschlussgenehmigtem Wirtschaftsplan rechtshängig und wird noch vor rechtskräftiger Entscheidung eine Jahresabrechnung mit Einzelabrechnungen beschlussgenehmigt, hat der Antragsteller m.E. verfahrensrechtlich seinen Antrag gegen den nach wie vor gleichen Zahlungsschuldner in sachdienlicher Weise zu ändern, d.h. dem nunmehr abgerechneten Endergebnis anzupassen. Je nach Abrechnungsergebnis (im Vergleich zur eingeklagten Wohngeld-Vorauszahlungssumme) ist der Antrag teilweise oder gänzlich als in der Hauptsache erledigt anzusehen (keine Antragsrücknahme) oder muss sogar der Höhe nach erweitert und auf neue Anspruchsgrundlage (d.h. die nunmehr genehmigte Einzelabrechnung) umgestellt werden. Dies alles hat m. E. noch nichts mit der materiell-rechtlichen Thematik der sog. Abrechnungsspitze zu tun und galt auch schon vor Verfestigung der neuerlichen Rechtsprechung des BGH zur sog. Abrechnungsspitze (vgl. hierzu BGH v. 10.3.1994, NJW 1994, 1866; BGH, NJW 1994, 2950: BGH v. 30.11.1995, BGHZ 131, 228 = NJW 1996, 725 und BGH v. 23.9.1999, NZM 1999, 1101 sowie Wenzel WE 1997, 128).
  2. Wenn nun Merle (a.a.O.) in Rn. 46 einleitend schreibt, dass ein "Abrechnungsbeschluss nur in Höhe der Abrechnungsspitze, d.h. ...

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