Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen zur Klärung der Abstammung eines Kindes eine gerichtliche Ersetzung der Einwilligung in die genetische Abstammungsuntersuchung erfolgen kann. Ferner ging es um die fehlende Vertretungsbefugnis der Eltern in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 BGB und die Notwendigkeit der Bestellung eines Ergänzungspflegers.
Sachverhalt
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 1) hatten am 22.1.2000 geheiratet. Die Antragsgegnerin zu 2) wurde am 1.5.2000 - somit nach der Eheschließung - geboren. Die Scheidung der Ehe erfolgte nach der Geburt der Antragsgegnerin zu 2) durch Urteil des FamG vom 13.6.2003. Die elterliche Sorge für die Antragsgegnerin zu 2) wurde auf den Antragsteller übertragen.
Der Antragsteller begehrte im eigenständigen Abstammungsverfahren die Zustimmung der Antragsgegnerinnen zu einer genetischen Abstammungsuntersuchung und die Duldung der Entnahme einer geeigneten genetischen Probe auf Feststellung, ob er der biologische Vater der Antragsgegnerin zu 2) sei.
Hierzu hat er vorgetragen, er beanspruche als rechtlicher Vater des Kindes die Klärung der Abstammung gemäß § 1598a BGB. Er habe einen Anspruch darauf, welcher an keine rechtlichen Voraussetzungen geknüpft sei. Die Betroffenen seien verpflichtet, in die Untersuchung der Abstammung einzuwilligen und zu dulden, dass die hierzu erforderlichen Proben entnommen werden. Bei einer Weigerung der Betroffenen habe das FamG deren Einwilligung zu ersetzen.
Es sei nicht völlig unstreitig, dass er nicht der biologische Vater des Kindes sei. Die Parteien hätten sich schon im Sommer 1997 kennen gelernt. Er sei im Laufe des Jahres 1999 regelmäßig nach Jena gekommen und habe geschlechtlich mit der Antragsgegnerin zu 1) verkehrt, so auch während des Empfängniszeitraums. Erst nach der Trennung von der Antragsgegnerin zu 1) sei der Satz gefallen, dass er nicht der Vater der Tochter sei.
Die Antragsgegnerinnen haben ausgeführt, es sei völlig unstreitig, dass der Antragsteller nicht der biologische Vater des Kindes sei, da die Kindesmutter mit ihm während der gesetzlichen Empfängniszeit keine geschlechtliche Beziehung unterhalten habe. Der Antragsteller habe während der gesetzlichen Empfängniszeit in Moldawien gelebt. Dorthin habe sich die Antragsgegnerin zu 1) am 18.1.2000 begeben, um die Ehe mit dem Antragsteller einzugehen. Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei die Antragsgegnerin bereits hochschwanger gewesen.
Das AG hat mit Beschluss vom 12.3.2009 die Einwilligung der Antragsgegnerinnen in eine genetische Abstammungsuntersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung der Antragsgegnerin zu 2) durch das FamG ersetzt und die Antragsgegnerinnen verpflichtet, die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe zu dulden.
Die Antragsgegnerinnen beabsichtigten, diesen Beschluss mit der befristeten Beschwerde anzugreifen und baten hierfür um Prozesskostenhilfe, die ihnen gewährt wurde.
Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe legten sie befristete Beschwerde ein und beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die ebenfalls gewährt wurde.
Das Rechtsmittel der Antragsgegnerinnen führte insoweit zunächst zum Erfolg, als der Beschluss des FamG aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen wurde.
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG hatte eine Aufhebung und Zurückverweisung schon deswegen zu erfolgen, da der Beschluss des FamG an einem wesentlichen Verfahrensmangel leide, da die Bestellung eines Ergänzungspflegers für die minderjährige Antragsgegnerin zu 2) unterblieben sei.
§ 1629 Abs. 2a BGB sehe vor, dass die Mutter und der Vater das Kind in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 BGB nicht vertreten können. Durch die Regelung des Abs. 2a solle ausgeschlossen werden, dass in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a BGB der Vater oder die Mutter die Vertretung des minderjährigen Kindes wahrnähmen. Die spezielle Regelung trete in diesen Fällen an die Stelle der Vorschriften des § 1629 Abs. 2 und der §§ 1795, 1796 BGB. Der Vertretungsausschluss trage dem Umstand Rechnung, dass die Eltern durch die Frage der Vaterschaft stets auch in eigenen, möglicherweise von denen des Kindes abweichenden Interessen betroffen seien. Der Vertretungsausschluss solle Interessenkollisionen verhindern und gewährleisten, dass die Interessen des Kindes im Verfahren zur Geltung kämen. Im gerichtlichen Verfahren nach § 1598a BGB sei dem minderjährigen Kind daher stets ein Ergänzungspfleger zu bestellen.
Das OLG wies im Übrigen darauf hin, dass es die Auffassung des AG insoweit teile, als auf Antrag eines Klärungsberechtigten nach § 1598a Abs. 2 BGB eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung der Probeentnahmen anzuordnen sei. Ein solcher Antrag bedürfe keiner besonderen Begründung. Die Ersetzung erfolge, wenn der Verpflichtete die Einwilligung verweigert habe.
Link zur Entscheidung
Thüringer OLG, Beschluss vom 23.03.2009, 1 ...