Leitsatz

Ansprüche des Käufers einer Wohnung, deren tatsächliche Fläche ganz erheblich von der im Grundbuch eingetragenen Fläche nach Aufteilungsplan abweicht (vorliegend verneint)

 

Normenkette

§§ 242, 985 BGB

 

Kommentar

  1. Hat ein Verkäufer einen Käufer im Wohnungskaufvertrag ausdrücklich über eine Abweichung zwischen Aufteilungsplan und tatsächlicher Wohnfläche hingewiesen und aufgeklärt und hat der Käufer dennoch die Wohnung "wie in Natur beschaffen" gekauft, besitzt der Käufer keinen Ausgleichsanspruch für eine Wohnungsminderfläche von etwa 27 qm gegen seinen Nachbarwohnungseigentümer mit entsprechend größerer qm-Wohnfläche. Zu einem anderen Ergebnis bei allerdings auch anderer Sachverhaltskonstellation gelangte das BayObLG im Fall einer Klage auf Zustimmung zur Anpassung einer Teilungserklärung (vgl. BayObLG v. 12.6.2001, 2Z BR 94/01). Im Kaufvertrag hatte im vorliegenden Fall der Käufer zugleich gegenüber dem Verkäufer akzeptiert, dass er keine Ansprüche aus der Abweichung zwischen Aufteilungsplan und tatsächlicher Wohnfläche herleiten könne. Weicht die erworbene Wohnung deshalb im tatsächlichen Flächenbestand von der Grundbucheintragung i. H. von 27 qm ab, kann ihm hier selbst gegen den entsprechend begünstigten benachbarten Eigentümer kein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB zustehen, wenn er nur an der flächengeringeren Teilfläche Sondereigentum erworben hat. Hier steht der Geltendmachung eines solchen Herausgabeanspruchs der aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Miteigentümer folgende Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegen.

    In diesem Fall kann der Erwerber von seinem Nachbarn auch kein Nutzungsentgelt und auch keinen "Ausgleichsbetrag" verlangen.

  2. Was die Lasten und Kosten der Wohnung des Klägers betrifft, hat er allerdings aufgrund des Gemeinschaftsverhältnisses im Innenverhältnis einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als wenn sich die tatsächliche und grundbuchrechtliche Situation entsprächen. Der klagende Erwerber kann auch von seinem Nachbarn hinsichtlich der Lasten und Kosten der Eigentumswohnung fordern, so gestellt zu werden, als wenn seine tatsächliche Fläche der im Aufteilungsplan entspräche. Insoweit muss der beklagte Nachbar dem klagenden Käufer Kosten erstatten, die diesem dadurch entstanden sind und entstehen werden, dass seine Wohnung nach Aufteilungsplan und Grundbucheintrag größer ist, als tatsächlich erstellt und übergeben.
 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Urteil vom 08.08.2003, 7 U 39/02KG v. 8.8.2003, 7 U 39/02, NZM 8/2006, 300

Anmerkung

Mit Beschluss vom 20.4.2005 (V ZR 349/03) hat der BGH die gegen vorgenannte Entscheidung des KG erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Die Entscheidung muss wohl insbesondere deshalb als rechtens angesehen werden, da sich der Käufer ausdrücklich in Kenntnis der geringeren Fläche (entgegen bestehender Grundbucheintragung) zum Kauf dieser Wohnung entschlossen hat. Diese Kenntnis einschließlich des damit verbundenen Verzichts weiterer Anspruchsstellungen gegen den Verkäufer kann sich tatsächlich aus den bestehenden Treuepflichten unter Eigentümern auch auf Rechte und Pflichten gegenüber einem flächenmäßig "begünstigten" Nachbarn auswirken.

Was Kosten- und Lastenausgleichsansprüche (wohl im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG) betrifft, dürften dann allerdings Bedenken gegen vergangenheitsbezogene Ausgleichsansprüche bestehen, wenn insoweit Abrechnungsgenehmigungsbeschlüsse in dieser Gemeinschaft mangels Anfechtung bereits bestandskräftig wurden. Kostenverteilungsanpassungen für die Zukunft erscheinen allerdings bei einer Flächenveränderung hier von jeweils 27 qm durchaus gerechtfertigt.

Vermutlich wurde vom Verkäufer der Kaufpreis der "kleineren" Wohnung in Anbetracht der erheblich geringeren Fläche des Kaufobjekts auch entsprechend niedriger kalkuliert und festgelegt, sodass die entschiedenen Folgen aus diesem Flächenabweichungsprozess – weit gehend zulasten des klagenden Käufers – als gerecht erscheinen.

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