Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Unbegründeter Feststellungsantrag (hier: Dachaufstockung; Verwertung noch bestehenden Baurechts)
Normenkette
§ 22 Abs. 1 WEG, § 43 Abs. 1 WEG, § 256 ZPO
Kommentar
1. An die Bestimmtheit eines Antrags in WE-Sachen sind geringere Anforderungen zu stellen als nach der ZPO. Das Gericht hat im Wege der Auslegung den wirklichen Willen des Antragstellers zu erforschen und ihm durch eine sachgerechte Entscheidung Rechnung zu tragen. Im vorliegenden Fall waren gestellte Anträge als Feststellungsanträge des Inhalts auszulegen, dass für die Errichtung eines Dachgeschossaufbaus durch den Antragsteller in einer aus zwei Sondereigentumseinheiten bestehenden Mehrhausanlage die Zustimmung der Antragsgegnerin nach § 22 Abs. 1 S. 2 WEGentbehrlich sei.
2. Mit einem Feststellungsantrag kann allerdings nicht die Feststellung einzelner rechtserheblicher Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses verlangt werden; es kann deshalb nicht die Feststellung beantragt werden, ob und inwieweit die (hier) noch verfügbare Geschossflächenreserve (nach öffentlichem Baurecht) für ein Grundstück einem Wohnungseigentümer allein zusteht. Um eine solche Vorfrage ging es hier dem Antragsteller mit seinem Feststellungsbegehren, welcher Prozentsatz "vom gesamten Baurecht" den beiden Beteiligten zustehe und ob die Antragsgegnerin ihr "Baurecht" voll ausgenutzt habe und ob die noch verfügbare Geschossfläche (84 qm) allein dem Antragsteller zustehe.
Der Feststellungsantrag sei jedoch unbegründet, da die Teilungserklärung für den Antragsteller kein Recht begründe, den Dachgeschossaufbau zu errichten. Ein solcher Aufbau sei keine erstmalige Herstellung eines ordnungsmäßigen, bereits in der Teilungserklärung vorgesehenen Zustandes. Auch aus der Vereinbarung ("Ziel dieser Aufteilung in Wohnungseigentum ist es, die beiden Häuser möglichst weitgehend zu trennen und rechtlich und wirtschaftlich zu verselbstständigen, als ob sie auf zwei verschiedenen Grundstücken stehen . . .") ergebe sich nichts anderes.
Die Errichtung eines Dachgeschossaufbaus sei deshalb eine zustimmungspflichtige bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG. Durch die Ausführung der geplanten Baumaßnahme würde auch für die andere Eigentümerseite ein über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinausgehender Nachteil entstehen, weil dadurch die noch verfügbare Geschossfläche in einem Umfang verbraucht würde, der eigene Bauabsichten der Antragsgegnerin beeinträchtige oder ausschließe. Der Antragsteller könne eine noch vorhandene Geschossflächenreserve nicht für sich allein in Anspruch nehmen; entsprechende Vereinbarungen als Grundlage eines solchen Rechts lägen hier nicht vor.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 16.04.1991, BReg 2 Z 21/91)
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