Rz. 1
Die Vorschriften der VV 3400 ff. regeln – ebenso wie die Vorschriften der VV 3324 ff. – die Vergütung des Anwalts für Einzeltätigkeiten. Im Gegensatz zu den vorgenannten Vorschriften gelten die VV 3400 ff. jedoch nicht für den Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten. Sie gewähren also keine zusätzliche Vergütung für besondere Tätigkeiten, die nicht mehr nach den §§ 16, 19 zum Rechtszug gehören. Die Vorschriften der VV 3400 ff. regeln vielmehr die Vergütung eines Anwalts, der neben einem Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten tätig wird oder der einzelne Handlungen vornimmt, die für einen Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten nach den §§ 16, 19 durch die VV 3100 ff. abgegolten wären.
Rz. 2
Daher kann ein Anwalt niemals die Vergütung nach den VV 3400 ff. erhalten, sofern er gleichzeitig als Prozessbevollmächtigter in dieser Angelegenheit beauftragt ist. Die Vorschriften sind hingegen dann anwendbar, wenn der Anwalt als Prozessbevollmächtigter in einer anderen Angelegenheit, wozu auch eine andere Instanz zählt (§ 15 Abs. 2), beauftragt ist.
Beispiel: Der erstinstanzliche Bevollmächtigte wird im Berufungsverfahren als Verkehrsanwalt beauftragt.
Es handelt sich um verschiedene Angelegenheiten (§ 15 Abs. 2). Für die erste Instanz erhält der Anwalt die Vergütung nach VV 3100 ff., für das Rechtsmittelverfahren die nach VV 3400.
Rz. 3
Ebenso sind die VV 3400 ff. anwendbar, wenn der Anwalt zum Zeitpunkt der Beauftragung nicht mehr oder noch nicht Prozessbevollmächtigter war.
Beispiel: Der Anwalt wird zunächst mit Einzeltätigkeiten nach den VV 3400 ff. beauftragt. Später wird ihm dann das Mandat als Prozessbevollmächtigter erteilt.
In diesem Falle erhält der Anwalt sowohl die Vergütung nach den VV 3100 ff. als auch nach den VV 3400 ff. Nach § 15 Abs. 5 und 6 kann der Anwalt insgesamt die Vergütung jedoch nur einmal verdienen. Er kann keine höhere Vergütung erhalten als die, die ihm zugestanden hätte, wenn er von vornherein mit sämtlichen Tätigkeiten beauftragt worden wäre.
Rz. 4
Folgende Aufgabenbereiche werden durch die VV 3400 ff. vergütet:
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Verkehrsanwalt (VV 3400): Hierunter ist derjenige Anwalt zu verstehen, der lediglich den Verkehr für die Partei mit dem Prozessbevollmächtigten führt. Diese Gebühr kann im Gegensatz zu den anderen Gebühren der VV 3401 nur entstehen, wenn daneben ein weiterer Anwalt als Prozessbevollmächtigter bestellt ist oder zumindest bestellt werden soll. |
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Übersendung der Handakten (Anm. zu VV 3400): Übersendet der Prozessbevollmächtigte im Einverständnis mit dem Auftraggeber seine Handakten an den in einem Rechtsmittelzug beauftragten Rechtsanwalt und verbindet er die Übersendung auftragsgemäß mit gutachterlichen Äußerungen, so erhält er hierfür eine Verfahrensgebühr. Es handelt sich insoweit um eine Ausnahme zu § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 17, wonach die Übersendung der Handakten grundsätzlich noch zum Rechtszug zählt. |
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Terminsvertreter (VV 3401, 3402): Wird der Anwalt lediglich damit beauftragt, die Partei in einem Termin nach VV Vorb. 3 Abs. 3 zu vertreten oder ihre Parteirechte wahrzunehmen, so erhält der Anwalt hierfür die Vergütung nach VV 3401, 3402. Für diese Vorschrift ist es nicht erforderlich, dass daneben auch noch ein Prozessbevollmächtigter bestellt ist, obwohl dies in der Regel der Fall sein wird. Die Vorschrift ist auch dann anwendbar, wenn die Partei den Prozess selbst führt und lediglich für die Verhandlung – gegebenenfalls vor einem auswärtigen Gericht – einen Anwalt bestellt, der dann aber nicht umfassend mit der Gesamtvertretung – also z.B. als Prozessbevollmächtigter – beauftragt sein darf. |
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Einreichen, Anfertigen oder Unterzeichnen von Schriftsätzen (VV 3403): Ist der Anwalt nur damit beauftragt, Schriftsätze anzufertigen, einzureichen oder zu unterzeichnen, so erhält er die Vergütung nach VV 3403. Diese Vorschrift betrifft allerdings nur solche Schriftsätze, die für einen Prozessbevollmächtigten durch die Verfahrensgebühr abgegolten wären (§ 19 Abs. 1 S. 1). Andere Schriftsätze, also solche, für die auch der Prozessbevollmächtigte eine zusätzliche Vergütung erhalten würde, fallen nicht unter VV 3400 (also z.B. Kostenerinnerungen, VV 3500; Beschwerden, VV 3500; Anträge auf Vollstreckbarerklärung, VV 3329; Vollstreckungsanträge, VV 3309 ff.). |
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Die Wahrnehmung von Terminen, die nicht unter VV Vorb. 3 Abs. 3 fallen (VV 3403): Ist der Anwalt lediglich damit beauftragt, Termine wahrzunehmen, die keine Termine i.S.d. VV Vorb. 3 Abs. 3 sind, so erhält auch er die Gebühr nach VV 3403. Aufgrund der Änderung der VV Vorb. 3 Abs. 3 durch das 2. KostRMoG hat sich insoweit der Anwendungsbereich erheblich reduziert. Nachdem jetzt VV Vorb. 3 Abs. 3 alle gerichtlichen Termine erfasst, werden auch reine Protokollierungstermine, etwa wenn vor dem auswärtigen Gericht ohne Verhandlung und Erörterung eine Einigung protokolliert werden soll, oder auch Termine zur Abgabe eines Rechtsmittelverzichts von VV 3401, 3402 erfasst. Lediglich die Wahrnehmung eines Verkündungstermins oder die Wahrne... |