Leitsatz
Mit Inkrafttreten des FamFG zum 1.9.2009 hat sich in Familiensachen die Frage der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe ggü. der ZPO geändert. Es ist nunmehr im Einzelfall streitig, unter welchen Voraussetzungen die Beiordnung eines Rechtsanwalts notwendig ist, wenn Anwaltszwang in dem Verfahren nicht besteht.
Sachverhalt
Der Antragsgegner wurde vom Antragsteller auf Feststellung der Vaterschaft in Anspruch genommen. Das AG bewilligte ihm Verfahrenskostenhilfe, wies seinen Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts jedoch mit der Begründung ab, die Sachlage sei als nicht schwierig einzustufen und es sei nicht damit zu rechnen, dass der Antragsgegner für das weitere Verfahren anwaltlicher Hilfe bedürfe, zumal das Gericht in Ausübung des Amtsermittlungsgrundsatzes ein Abstammungsgutachten in Auftrag geben und das Beweisergebnis entsprechend würdigen werde.
Gegen die Ablehnung der Beiordnung wandte sich der Antragsgegner mit der sofortigen Beschwerde.
Sein Rechtsmittel hatte in der Sache Erfolg.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, dem Antragsgegner sei im konkreten Fall der von ihm ausgewählte Rechtsanwalt als Verfahrensbevollmächtigter beizuordnen.
Maßgebend sei in erster Linie die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage aus objektiver Sicht (vgl. OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 1001), die sich nach den Umständen des Einzelfalls beurteile.
Für Vaterschaftsfeststellungsverfahren bedeute dies die Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts jedenfalls dann, wenn die Beteiligten - wie im vorliegenden Fall - entgegengesetzte Ziele verfolgten.
Trotz einfach darzustellender Tatsachenlage sei dem juristischen Laien unter Umständen nicht von vornherein bekannt, welchen Vortrages es für eine beabsichtigte Rechtsverteidigung im Hinblick auf die hier strengen Beweisanforderungen bedürfe (OLG Dresden, Beschl. v. 30.6.2010 - 24 WF 558/10, zitiert nach juris).
Die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage begründe sich jedenfalls aus dem Umstand, dass ein rechtsmedizinisches Fachgutachten eingeholt werde und eine den Laien unter Umständen überfordernde Auswertung dieses Gutachtens erforderlich sei (OLG Hamm FamRZ 2010, 1363).
Der in Vaterschaftsfeststellungsverfahren geltende Amtsermittlungsgrundsatz stehe dem nicht entgegen, da auch im Amtsermittlungsverfahren die mittellose Partei nicht schlechter gestellt werden dürfe, als eine Partei, die die Kosten des Rechtsstreits aufbringen könne.
Entscheidend sei, dass aufgrund der Schwere des Eingriffs in die Rechte des Antragsgegners, die mit dem für und gegen alle wirkenden Abstammungsverfahren verbunden sei, davon auszugehen sei, dass auch ein Bemittelter in der Situation des Antragsgegners vernünftigerweise einen Rechtsanwalt beauftragen würde und daher eine Beiordnung geboten sei.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 13.10.2010, 13 WF 134/10