Leitsatz
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen in Sorgerechtsverfahren eine Einigungsgebühr entstehen kann.
Sachverhalt
Die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern hatten für ihre Kinder wechselseitig Anträge auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge gestellt. In dem vom FamG anberaumten Anhörungstermin beschränkte die Mutter ihren Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Nachdem der Vater dem Antrag der Mutter zugestimmt hatte, schlossen die Eltern eine Vereinbarung, in der sie den Umgang des Vaters mit den Kindern regelten und sich "unter Beibehaltung der übrigen elterlichen Sorge" darauf verständigten, dass die Mutter bis zum 31.12.2009 sämtliche, die Kinder betreffenden Angelegenheiten alleine entscheiden könne.
Nach Abschluss des Verfahrens beantragte der Verfahrensbevollmächtigte des Kindesvaters seine aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung unter Berücksichtigung einer Einigungsgebühr auf 810,99 EUR festzusetzen. Diesem Antrag wurde entsprochen. Auf die hiergegen eingelegte Erinnerung des Bezirksrevisors hat die Urkundsbeamtin den Festsetzungsbeschluss abgeändert und die Gebühren und Auslagen des Beschwerdeführers um die Einigungsgebühr reduziert und auf 586,06 EUR festgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Einigungsgebühr im Sorgerechtsverfahren sei nicht entstanden, weil über das Aufenthaltsbestimmungsrecht durch Beschluss entschieden worden sei. Im Übrigen liege eine Antragsrücknahme vor.
Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Kindesvaters, die erfolgreich war.
Entscheidung
Das OLG sprach dem Verfahrensbevollmächtigten des Kindesvaters eine Einigungsgebühr zu.
Nach der in Rechtsprechung der OLG vertretenen herrschenden Meinung (vgl. OLG Braunschweig, FamRZ 2008, 1465 u. OLG Dresden FamRZ 2008, 1009 jeweils mit Rspr. Hinw.), der sich der Senat anschließe, könne eine Einigungsgebühr in Sorgerechtsverfahren nach § 1671 BGB entstehen.
Nach Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 RVG-VV entstehe die Einigungsgebühr, wenn der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis durch Abschluss eines Vertrages unter Mitwirkung des Rechtsanwalts beseitigt werde. Dies gelte dann nicht, wenn der Vertrag sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht beschränke. Die Einigungsgebühr solle jegliche vertragliche Beilegung eines Streites der Parteien honorieren und dadurch einen Anreiz schaffen, diesen Weg der Erledigung eines Rechtsstreits zu bestreiten. Durch die zusätzliche Gebühr solle zudem die Belastung der Gerichte gemindert werden (BGH, FamRZ 2007, 1096).
Beide Eltern hätten im Anhörungstermin an ihrem ursprünglichen Anliegen nicht festgehalten, sondern sich darauf verständigt, dass der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen werden solle. Damit hätten die Eltern den zwischen bestehenden Streit über das Sorgerecht gütlich beigelegt. Dass die Einigung der Eltern nicht förmlich als Vereinbarung protokolliert worden sei, schade nicht (vgl. BGH, FamRZ 2007, 1096; OLG Dresden FamRZ 2008, 1009; OLG Nürnberg, FamRZ 2005, 741, 742).
Dem Anfall der Einigungsgebühr stehe entgegen der Auffassung des AG auch nicht entgegen, dass die Verständigung der Eltern über die elterliche Sorge nicht unmittelbar zu einer Beendigung des Verfahrens nach § 1671 BGB geführt, sondern dass dazu noch eine Gerichtsentscheidung bedurft habe. Grundlage der vom AG durch Beschluss getroffenen Entscheidung sei die von den Eltern im Anhörungstermin zustande gekommene Einigung über das Sorgerecht.
Link zur Entscheidung
OLG Bremen, Beschluss vom 27.07.2009, 4 WF 74/09