Leitsatz
§ 878 BGB ist auf die Teilungserklärung nach § 8 Abs. 1 WEG entsprechend anwendbar. Nach Eingang des Vollzugsantrags bei dem Grundbuchamt eingetretene Verfügungsbeschränkungen sind deshalb unbeachtlich. Dies gilt mangels abweichender Regelung auch für die sich aus dem Genehmigungserfordernis aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB ergebende Verfügungsbeschränkung des teilenden Grundstückseigentümers.
Normenkette
WEG § 8; BGB § 878
Das Problem
B ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks, welches im Geltungsbereich einer nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erlassenen Erhaltungsverordnung liegt.
§ 172 BauGB. Erhaltung baulicher Anlagen und der Eigenart von Gebieten (Erhaltungssatzung)
(1) Die Gemeinde kann in einem Bebauungsplan oder durch eine sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, in denen
…
2. zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (Absatz 4) oder
…
der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen. …Die Landesregierungen werden ermächtigt, für die Grundstücke in Gebieten einer Satzung nach Satz 1 Nr. 2 durch Rechtsverordnung mit einer Geltungsdauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen, dass die Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum (§ 1 des Wohnungseigentumsgesetzes) an Gebäuden, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind, nicht ohne Genehmigung erfolgen darf.
Am 3. März 2015 macht der Senat von Berlin von der in § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB enthaltenen Ermächtigung Gebrauch und erlässt eine Verordnung über einen Genehmigungsvorbehalt für die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum in dem Gebiet der Erhaltungsverordnung (UmwandV). Gemäß § 1 UmwandV darf für alle Grundstücke im Bereich einer Erhaltungsverordnung Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht ohne Genehmigung begründet werden. Die UmwandV wird am 13. März 2015 verkündet und tritt am 14. März 2015 in Kraft. Sie ist gemäß § 3 Satz 2 UmwandV auf Anträge auf Begründung von Wohnungs- und Teileigentum, die vor dem 3. März 2015 gestellt worden sind, nicht anzuwenden.
- Mit notarieller Urkunde vom 10. März 2015 teilt B das Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum und bewilligt die Aufteilung. Auf den am 12. März 2015 eingegangenen Vollzugsantrag vom 11. März 2015 weist das Amtsgericht – Grundbuchamt – darauf hin, dass der Eintragung das Fehlen einer Genehmigung nach der Umwandlungsverordnung entgegenstehe. Die dagegen gerichtete Beschwerde weist das Kammergericht zurück. Mit der Rechtsbeschwerde möchte B weiter die Aufhebung der Zwischenverfügung erreichen.
Die Entscheidung
Mit Erfolg. Die Zwischenverfügung des Grundbuchamts sei zu Unrecht ergangen. Die von B bewilligte Aufteilung bedürfe keiner Genehmigung nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB in Verbindung mit § 1 UmwandV. Das Genehmigungserfordernis gelte in entsprechender Anwendung des § 878 BGB nicht.
Unmittelbare Anwendung des § 878 BGB
Unmittelbar sei § 878 BGB allerdings auf den noch vor Inkrafttreten der UmwandV gestellten Eintragungsantrag nicht anzuwenden. § 878 BGB erfasse seinem Wortlaut nach nur Verfügungen, an denen ein anderer als der Eigentümer beteiligt sei. Hiernach werde eine von dem Berechtigten gemäß §§ 873, 875 oder 877 BGB abgegebene Erklärung nicht dadurch unwirksam, dass er in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag auf Eintragung bei dem Grundbuchamt gestellt worden sei. Dazu gehöre die Aufteilung eines Grundstücks in Wohnungseigentum nicht. Sie setze im Unterschied zu den in §§ 873, 875 und 877 BGB genannten Verfügungen nur die einseitige Erklärung des Eigentümers, aber keine Einigung voraus.
Entsprechende Anwendung des § 878 BGB
§ 878 BGB sei auf die Aufteilung nach § 8 WEG aber entsprechend anwendbar (Hinweis unter anderem auf Hügel/Elzer, WEG, 1. Auflage 2015, § 8 Rn. 6), auch auf die sich aus § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB ergebende Verfügungsbeschränkung. § 878 BGB gelte grundsätzlich für alle Verfügungsbeschränkungen.
Kommentar
- Das Genehmigungserfordernis des § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB gilt nach § 172 Abs. 1 Satz 5 BauGB als Verfügungsbeschränkung im Sinne von § 135 BGB. Dies bedeutet, dass eine genehmigungsbedürftige, aber zu Unrecht in das Grundbuch eingetragene Rechtsänderung (hier: die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum) im Verhältnis zur Gemeinde unwirksam ist. Wird die Genehmigung versagt, kann die Gemeinde gemäß §§ 888, 883 Abs. 2 BGB die Löschung der Rechte verlangen.
- Veräußert der Eigentümer das in dem Grundbuch zu Unrecht – ohne Genehmigung – eingetragene Wohnungs- oder Teileigentum an einen gutgläubigen Dritten, erwirbt der Dritte das Wohnungs- oder Teileigentum nach § 135 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 892 BGB gutgläubig genehmigungsfrei.
Was ist für den Verwalter wichtig?
Das in § 172 Abs. 1 Sätze 4 bis 6 BauGB geregelte Genehmigungserfordernis beruht auf einem Vorschlag des Vermittlungsausschusses. Der Bundesrat hatte die Anrufung des Vermittlun...