rechtskräftig!
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg bei Rechtsstreitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis zwischen „Ein-Euro-Jobbern” und „privaten Dritten” bei Kündigung dieses Beschäftigungsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist bei Kündigungen des Beschäftigungsverhältnisses zwischen „Ein-Euro-Jobbern” und „privaten Dritten” nicht gegeben; vielmehr sind die Sozialgerichte gemäß § 51 Absatz 1 Nr. 4 a SGG (Fassung ab 01.01.2005) zuständig.
Normenkette
ArbGG § 48; GVG § 17a Abs. 2; SGB II § 16 Abs. 3 S. 2; ArbGG § 5 Abs. 1 Sätze 1-2, § 2 Abs. 1 Nr. 3b
Tenor
1. Der zum Arbeitsgericht beschrittene Rechtsweg ist unzulässig.
2. Der Rechtsstreit wird an das Sozialgericht Dresden verwiesen.
3. …
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Feststellung, dass das zwischen den Parteien bestehende Beschäftigungsverhältnis nicht durch das Scheiben der Beklagten vom 14.03.2005 aufgelöst wurde, sondern bis zum 31.07.2005 fortbesteht. Die Beklagte betreibt ein „Bildungszentrum” in Form einer GmbH. Die Klägerin wurde ihr vom Amt für Arbeit und Soziales auf Grundlage von § 16 Absatz 3 SGB II zugewiesen. Die Parteien schlossen unter dem 01.02.2005 eine Vereinbarung zum berufspraktischen Einsatz in Arbeitsangelegenheiten. Danach sollte die Klägerin am Projekt Schaffung von Arbeitsangelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung in der Zeit vom 01.02.2005 bis 31.07.2005 teilnehmen. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug 30 Stunden. Dafür erhielt die Klägerin für jede tatsächlich geleistete Beschäftigungsstunde eine Mehraufwandsentschädigung einschließlich Fahrtkosten von 1,30 EUR. Mit Schreiben vom 14.03.2005 löste die Beklagte die Vereinbarung zum 15.03.2005. Zur Begründung führte sie an, infolge der Arbeitsunfähigkeit und der gesundheitlichen Probleme der Klägerin sei das Ziel der Maßnahme gefährdet. Die Klägerin hätte die zeitlichen und qualitativen Vorgaben der Beklagten nicht einhalten können. Die Beendigung der Maßnahme sei mit dem Amt für Arbeit und Soziales abgestimmt worden.
Entscheidungsgründe
II.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist nicht gegeben. Deshalb war der Rechtsstreit von Amts wegen gemäß § 48 ArbGG, § 17 a, Absatz 2 GVG an das Gericht des zulässigen Rechtsweges zu verweisen.
Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts ergibt sich nicht aus § 2 Absatz 1 Nr. 3 b) ArbGG, wonach die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig sind für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses.
Gemäß § 16 Absatz 3, S. 2 SGB II wird durch die Vereinbarung zwischen Parteien ausdrücklich kein Arbeitsverhältnis begründet. Vielmehr handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen freien Dienstvertrag (so Zwanziger, Rechtliche Rahmenbedingungen für „Ein-Euro-Jobs” in AuR 2005, S. 8 ff. [10]).
Die Klägerin ist im Verhältnis zur Beklagten auch nicht als arbeitnehmerähnliche Person gemäß § 5 Absatz 1, S. 2 ArbGG anzusehen, welche ebenfalls als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes zu gelten haben.
Dies würde voraussetzen, dass die Klägerin wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen wäre. Das Arbeitsgerichtsgesetz bestimmt den Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person nicht, sondern setzt ihn als bekannt voraus. Daher kann auf die Begriffsbestimmung der arbeitnehmerähnlichen Person in § 12 a TVG zurückgegriffen werden (vgl. BAG vom 17.10.1990, 5 AZR 639/89, DB 1991, 976 [976]). Danach sind Personen arbeitnehmerähnlich, wenn sie wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer schutzbedürftig sind. Dafür sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Es kommt darauf an, ob eine mit einem Arbeitnehmer vergleichbare vertragliche Bindung vorliegt und ob der Mitarbeiter aus dieser Vertragsstellung im Wesentlichen seinen Lebensunterhalt bestreitet (vgl. BAG vom 17.10.1990, a. a. O.).
Hier ist davon auszugehen, dass die Klägerin auf die Einkünfte aus der Vereinbarung vom 01.02.2005 („sog. Ein-Euro-Job”) als Existenzgrundlage nicht angewiesen ist. Die Klägerin erhält die Mehraufwandsentschädigung neben dem Arbeitslosengeld II, das weitergezahlt wird, vgl. § 16 Absatz 3, S. 2 SGB II.
Die Klägerin ist auch nicht als zur Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des § 5 Absatz 1, S. 1 ArbGG anzusehen.
Sind die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, so gilt das ihrer Berufsausbildung zugrunde liegende Vertragsverhältnis, gleichgültig ob es ein Berufsausbildungsverhältnis im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder von anderer Art ist als Arbeitsverhältnis im Sinne des § 2 ArbGG. Dementsprechend ist die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nach § 2 Absatz 1 Nr. 3 ArbGG gegeben bei Rechtsstreitigkeiten aus diesem Ausbildungsverhältnis, auch wenn dieses kein Ausbildungsverhältnis im eigentlichen Sinne ist. Hier dient die Tätigkeit der Klägerin aber nicht der Berufsausbildung, sondern der Förderung ihre...