Entscheidungsstichwort (Thema)
sonstiges
Tenor
I. Die Forderung der Klägerin in Höhe von 8.028,80 DM (i.W.: Achttausendachtundzwanzig 80/100 Deutsche Mark) im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma … wird als Insolvenzforderung festgestellt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf DM 2.052,53 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten sich darum, ob der Klägerin eine Forderung als Insolvenzforderung zusteht.
Die Klägerin war von 1957 bis 27.02.2001 bei der Firma … beschäftigt. Am 27.02.2001 kündigte sie das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung. Zu diesem Zeitpunkt war ihre Arbeitgeberin mit der Arbeitsvergütung für 2 Monate im Rückstand.
Am 28.02.2001 wurde über das Vermögen der Firma … das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter eingesetzt.
In der Woche vor Insolvenzeröffnung erklärte der Beklagte in einer Betriebsversammlung, dass er nach Eröffnung unverzüglich Masseunzulänglichkeit anzeigen müsse, falls die Arbeitnehmer ihr Arbeitsverhältnis nicht selbst fristlos kündigen. Die Masse würde nicht zur Bezahlung des Entgelts für die Zeiten der Kündigungsfristen ausreichen.
Mit Schreiben vom 12.04.2001 meldete die Klägerin den Nettolohnanspruch für die Zeit von März 2001 bis einschließlich September 2001 zuzüglich anteiligem 13. Monatseinkommen und Urlaubsgeld als Insolvenzforderung beim Beklagten an. Der Beklagte bestritt die Forderung vorläufig (vgl. Tabellenauszug vom 30.07.2001 Bl. 23 d.A.).
Mit der am 06.08.2001 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihre Forderung in der unstreitigen Höhe von DM 8.028,80 als Insolvenzforderung bestehe. Sie stützt die Klage auf die entsprechende Anwendung von § 113 I 3 InsO, zumindest aber auf § 628 II BGB. Sie trägt vor, ihre Kündigung sei durch vertragswidriges Verhalten der Schuldnerin veranlasst worden, denn die Schuldnerin sei mit 2 Monatslöhnen (Dezember 2000 und Januar 2001) im Rückstand gewesen.
Die Klägerin stellt den Antrag,
die Forderung der Klägerin in Höhe von DM 8.082,80 im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma … als Insolvenzforderung festzustellen.
Der Beklagte beantragt
kostenpflichtige Klageabweisung
und bringt dazu vor, § 113 I 3 InsO komme als Anspruchsgrundlage schon auf Grund des Wortlauts nicht in Frage. § 628 II BGB scheide aus, weil die Klägerin keinen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung gehabt habe. Im übrigen müsse man bei der Dauer des entgangenen Verdienstes nicht die gesetzliche Kündigungsfrist, sondern die dreimonatige Kündigungsfrist, die der Beklagte bei einer Kündigung hätte wahren müssen, berücksichtigen.
Wegen des Vertrags der Parteien im Übrigen wird auf die Schriftsätze und Terminsniederschriften verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
I.
Der Rechtsweg zum Arbeitsgericht ist gemäß § 185 InsO gegeben (FK-InsO/Schulz § 185 RN 1). Die Feststellungsklage ist die richtige Klageart (§ 179 I InsO).
II.
1.) Die Klägerin kann ihre Schädenersatzforderung nicht auf § 113 I 3 InsO stützen. Aus dem klaren Wortlaut folgt, dass diese Vorschrift nur gilt, wenn der Insolvenzverwalter gekündigt hat (FK-InsO/Eisenbeis; ErfK/Müller-Glöge, 2. Aufl., § 113 InsO RN 33; a.A. offenbar KR-Weigand, 6. Aufl., §§ 113, 120 ff InsO RN 91).
2.) Die Klägerin kann den Schadenersatzanspruch jedoch aus § 628 II BGB herleiten. Schadenersatzansprüche nach dieser Vorschrift bleiben von § 113 InsO unberührt (ErfK/Müller-Glöge, a.a.O.,).
Der Schadenersatzanspruch nach § 628 II BGB setzt grundsätzlich eine wirksame außerordentliche Kündigung voraus, die ihren Grund in dem schuldhaften vertragswidrigen Verhalten des anderen Vertragsteils und einen Schaden beim Kündigenden verursacht hat (ErfK/Müller-Glöge, a.a.O., § 628 BGB RN 43). Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die Eigenkündigung der Klägerin vom 27.02.2001 erfüllt.
a) An die außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers sind dieselben Anforderungen zu stellen wie an die außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers (BAG AP Nr. 1 zu § 448 ZPO). Es war daher zu prüfen, ob die Klägerin einen Grund hatte, der an sich geeignet war, einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 I BGB abzugeben und ob es ihr unter Berücksichtigung der beiderseitigen, Interessen unzumutbar war, das Arbeitsverhältnis nicht wenigstens bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen (BAG AP Nr. 80 zu § 626 BGB).
b) Ein mehrmonatiger Gehaltsrückstand ist grundsätzlich ein wichtiger Grund für eine fristlose Eigenkündigung des Arbeitnehmers. Mangelnde Zahlungsfähigkeit kann den Arbeitgeber dabei nicht entschuldigen (vgl. Schaub, AR-Handbuch, 9. Aufl., § 125 RN 143 m.w.N.). Allerdings wird regelmäßig gefordert, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber zuvor abgemahnt hat (Schaub a.a.O.; KR-Fischermeier, 6. Aufl., § 626 RN 467; ErfK/Müller-Glöge, § 626 RN 200 jew.m.w.N.). Im vorliegenden Fall erübrigte sich allerdings eine Abmahnung, denn der Beklagte hat vor der Insolvenzeröff...