Leitsatz (amtlich)
I. Dem Betriebsrat steht das sogenannte Initiativrecht auf dem Gebiet der erzwingbaren Mitbestimmung des § 87 Abs. 1 BetrVG auch für den Sachbereich in Nr. 6 a.a.O. und damit der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen zu, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen (entgegen BAG 28.11.1989 – 1 ABR 97/88 – BAGE 63, 283 = AP § 87 BetrVG 1972 Initiativrecht Nr. 4).
II. Persönlichkeitsbelangen betroffener Arbeitnehmer (§ 75 Abs. 2 BetrVG) ist im Rahmen der Kontrolle der Verhandlungsergebnisse der Betriebsparteien oder der Einigungsstelle im Rahmen des § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG sachgerecht Geltung zu verschaffen (s. zur Methodik anschaulich BAG 26.8.2008 – 1 ABR 16/07 – BAGE 127, 276 = AP § 75 BetrVG 1972 Nr. 54 = NZA 2008, 1187).
Tenor
I. Der Vorsitzende Richter am LAG Berlin-Brandenburg, Herr M. W., wird zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Erstellung der Personaleinsatzpläne (PEP) in Excel von Microsoft (Office)” bestellt.
II. Die Zahl der Beisitzer einer jeden Seite wird auf zwei festgesetzt.
III. Der weitergehende Antrag des Betriebsrates (je drei Beisitzer) wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A.
Es geht um die Einsetzung einer betrieblichen Einigungsstelle (§ 76 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BetrVG, § 98 Abs. 1 ArbGG) zur Regelung elektronisch unterstützter Erstellung von Personaleinsatzplänen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). – Vorgefallen ist dies:
I. Die Arbeitgeberin (Antragsgegnerin) betreibt mit einer bundesweit dreistelligen Zahl von Verkaufsstellen ein Unternehmen des Textileinzelhandels, darunter die an der Schönhauser Allee in Berlin-Prenzlauer Berg gelegene Filiale 765, deren fünfköpfiger Betriebsrat der hiesige Antragsteller ist. Sie leitete (wohl) im Oktober 2012 beim Arbeitsgericht Hamburg ein Beschlussverfahren mit dem Ziel ein, eine Einigungsstelle betreffend die „Erstellung von Personaleinsatzplänen in Excel” mit dem Gesamtbetriebsrat zu errichten. Durch einen Beschluss vom 22. November 2012, auf dessen Einzelheiten verwiesen wird, entsprach des Arbeitsgericht Hamburg dem Begehren. Zwar sei die Regelungszuständigkeit zwischen den Betriebsparteien strittig, es erscheine aber zumindest möglich, dass statt der örtlichen Belegschaftvertretungen der Gesamtbetriebsrat für die Einrichtung des „Excel-Tools” der richtige Ansprechpartner sei.
II. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 (Kopie: Beschlussanlage I.) wandte sich der hiesige Betriebsrat mit der Aufforderung an die Arbeitgeberin, mit ihm in Verhandlungen zu treten, um eine Betriebsvereinbarung zum Thema „PEP in Excel” abzuschließen. Weiter heißt es in dem Brief an „Antje” an zuständige Filialleiterin im Stil des Hauses per „Du”:
„Als mögliche Verhandlungstermine schlagen wir die Kalenderwochen drei und vier vor.
Bis dahin bitten wir dich, uns alle Informationsmaterialien dazu einzureichen.
Unter anderem interessiert uns:
- Wie sieht das Programm aus?
- In welchem Umfang soll die PEP erstellt werden?
- Welche Daten werden hinterlegt, wer hat darauf Zugriff?
- Gibt es Schnittstellen zu anderen Programmen?
- Wie soll der Betriebsrat beteiligt werden, wie kann eine Überprüfung der PEP vorgenommen werden?
- …
Alles weitere können wir gern in unserem ersten Verhandlungstermin besprechen”.
2. Dazu („Verhandlungstermin”) kam es nicht. Die Arbeitgeberin ließ dem Gremium durch besagte „Antje” unter dem 20. Dezember 2012 (Kopie: Beschlussanlage II.) nämlich folgendes erwidern:
„… Ihr macht mit Eurem o.g. Schreiben ein Mitbestimmungsrecht zum Thema ‚PEP in Excel' geltend.
Die Einführung eines Tools ‚PEP in Excel’ wird von Seiten des Unternehmens derzeit lediglich geprüft und wäre unter Umständen auch wünschenswert. Eine Einführung dieses Tools in der Filiale 765 steht bis auf Weiteres jedoch nicht in Aussicht.
Sollte das Unternehmen beschließen, ein Tool wie ‚PEP in Excel’ in 765 einführen zu wollen, dann sehen wir die Zuständigkeit hierzu – sofern und soweit ein Mitbestimmungsrecht bestehen sollte – auch eher beim GBR.
Wie Ihr sicher wisst, ist der GBR in das Thema ‚PEP in Excel’ auch bereits involviert”.
3. Damit will es der Betriebsrat nicht bewenden lassen. Er ließ die Arbeitgeberin über seine Ansprechpartnerin („Antje”) per 9. Januar 2013 (Kopie: Beschlussanlage III.) daher folgendes wissen:
„… Antwort auf Dein Schreiben vom 09.01.2013.
Die Information über die Prüfung der Einführung von PEP in Exel an den BR ist nicht erfolgt. Laut Betr. VG § 90 ist es aber die Pflicht des Arbeitgebers dies zu tun. Die Aussage, dass PEP in Exel bis auf weiteres nicht in unserer Filiale eingeführt wird, zeigt uns, dass es doch beabsichtigt ist. Wenn auch nicht heute oder morgen.
Im Übrigen sehen wir der BR 765 unsere Mitbestimmung, auch wenn H. PEP in Exel deutschlandweit einführen möchte. Die Einführung neuer Technologien ist laut Betr. VG § 87 für den BR mitbestimmungspflichtig. Außerdem möchten wir gerne wissen, was wie geplant ist und ob zwischen den Exel-Programmen Schnittstellen ...