Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche betriebsbedingte Kündigung im Fall ordentlicher Unkündbarkeit. Unternehmerische Entscheidungsfreiheit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verlagerung der bisher im Betrieb mit eigenen Arbeitnehmern durchgeführten Reinigungsarbeiten auf eine Fremdfirma (Outsourcing) stellt grundsätzlich eine von den Arbeitsgerichten hinzunehmende unternehmerische Entscheidung dar. Dies gilt auch dann, wenn hiervon ordentlich unkündbare Arbeitnehmer betroffen sind.
2. Ein hierdurch bedingter Wegfall der Arbeitsplätze der unkündbaren Arbeitnehmer führt aber noch nicht automatisch dazu, dass er dem Arbeitgeber unzumutbar ist, an den Arbeitsverhältnissen mit den unkündbaren Arbeitnehmern festzuhalten.
3. Unterhält der Arbeitgeber mehrere Einrichtungen, in denen er Reinigungsarbeiten bisher durch eigene Arbeitnehmer durchführt, ist es ihm zumutbar, diese Arbeiten nicht vollständig fremd zu vergeben, sondern die Fremdvergabe auf die Anzahl der Arbeitsplätze der ordentlich kündbaren Arbeitnehmer zu beschränken, es sei denn, die vollständige Durchführung der unternehmerischen Entscheidung ist zwingend geboten, um eine Schließung des Betriebes zu vermeiden.
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 22.6.2000 aufgelöst worden ist.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.992,39 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung.
Die am 25. Februar 1953 geborene Klägerin ist seit dem 20. Juni 1972 bei dem Beklagten, der in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt, zuletzt als Tageshilfe mit einem Stellenanteil von 0,78 % gegen ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.664,13 DM tätig.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kommt seit dem 01. Januar 1993 der Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK TV Berlin) in der Fassung vom 18. Dezember 1992 bzw. vom 28. Juni 1996 zur Anwendung. Zuvor galten die Allgemeinen Arbeitsbedingungen für die Angestellten und Arbeiter des Deutschen Roten Kreuzes – Landesverband Berlin vom 01. Februar 1980 (im folgenden AllgArbBed).
Deren § 37 Abs. 1 sowie Abs. 2 Satz 1 bis 3 haben folgenden Wortlaut:
„1) Nach einer ununterbrochenen Beschäftigungszeit von 15 Jahren im DRK ist der Mitarbeiter unkündbar. Dem unkündbaren Mitarbeiter kann aus in seiner Person oder in seinem Verhalten liegenden wichtigen Gründen fristlos gekündigt werden.
2) Andere wichtige Gründe, insbesondere dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Angestellten entgegenstehen, berechtigen das DRK nicht zur Kündigung. In diesen Fällen kann das DRK das Arbeitsverhältnis jedoch, wenn eine Beschäftigung zu den bisherigen Vertragsbedingungen aus dienstlichen Gründen nachweisbar nicht möglich ist, zum Zwecke der Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe kündigen. Das DRK kann das Arbeitsverhältnis ferner zum Zwecke der Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe kündigen, wenn der Angestellte dauernd außer Stande ist, diejenigen Arbeitsleistungen zu erfüllen, für die er eingestellt ist und die die Voraussetzung für seine Eingruppierung in die bisherige Vergütungsgruppe bilden, und ihm andere Arbeiten, die die Tätigkeitsmerkmale seiner bisherigen Vergütungsgruppe erfüllen, nicht übertragen werden können.”
Der TV DRK Berlin bestimmt in seinem § 2 Abs. 1, dass für die unter § 1 Genannten der „Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes” (DRK TV West) in der jeweils gültigen Fassung gilt, soweit der DRK TV Berlin nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt.
§ 66 des DRK TV West hat folgenden Wortlaut:
„(1) Die beim Inkrafttreten des Tarifvertrages beschäftigten Mitarbeiter erhalten, wenn die ihnen nach dem Tarifvertrag zustehenden Bezüge hinter den Bezügen zurückbleiben, die ihnen nach der bisherigen Vergütungs- oder Lohnregelung zustanden, eine Ausgleichszulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zu der neuen tarifvertraglichen Vergütungs- bzw. Lohnregelung.
(2) Die Ausgleichs Zulage ist auf Steigerungen in den Vergütungs- und Lohnstufen nach dem Lebens- bzw. Dienstalter und bei Höhergruppierungen anzurechnen.
(3) In gleicher Weise bleiben Ansprüche erhalten, die sich nach bisher bestehenden Arbeitsverträgen auf Krankenbezüge und Kündigungsfristen beziehen, soweit sie für den Mitarbeiter günstiger sind.”
§ 7 des DRK TV Berlin hat folgenden Wortlaut:
„§ 7 Besitzstandswahrung
§ 66 Absatz (3) des DRK TV West wird wie folgt geändert und die Fußnote ergänzt:
§ 66 Absatz (3):
„Krankenbezüge” wird ersetzt durch „Jubiläums Zuwendungen, Unkündbarkeit (§ 37 AllgArbBed)”.
Die Fußnote wird um Satz 2 ergänzt:
„Die Vorschrift gilt auch beim Inkrafttreten des DRK TV Berlin”.”
Mit Schreiben vom 22. Juni 2000, das die Klägerin am 29. Juni 2000 erhalten hat, kündigte der Beklagte das ...