Nachgehend

LAG Düsseldorf (Beschluss vom 22.04.1997; Aktenzeichen 8 TaBV 93/96)

 

Tenor

Es wird festgestellt, daß die Antragsgegnerin durch die Versetzung von Beamten aus dem Ressort Privatkundenservice in das Ressort Fernsprechauskunft innerhalb der Niederlassung 3 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 99 BetrVG verletzt hat.

 

Tatbestand

I.

Der Arbeitgeber hat ab 26. Februar 1996 für 3 Monate 5 Beamte der Niederlassung 3 in … aus dem Ressort Privatkundenservice, wo die Beamten eine technische Tätigkeit verrichteten, in das Ressort Fernsprechauskunft, wo die Beamten im Schichtdienst Auskünfte zu geben hatten, umgesetzt. Der Betriebsrat hält diese personellen Maßnahmen für eine Versetzung i. S. d. § 99 Abs. 1 i.V.m. § 95 Abs. 3 BetrVG. Er hat den personellen Maßnahmen widersprochen und möchte festgestellt wissen, daß diese sein Mitbestimmungsrecht aus § 99 BetrVG verletzt haben.

Der Betriebsrat beantragt:

Es wird festgestellt, daß die Antragsgegnerin durch die Versetzung von Beamten aus dem Ressort Privatkundenservice in das Ressort Fernsprechauskunft innerhalb der Niederlassung 3 das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates aus § 99 BetrVG verletzt hat.

Der Arbeitgeber beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Arbeitgeber vertritt die Auffassung, daß die Umsetzung von Beamten innerhalb der Dienststelle, wenn sie nicht mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden ist, der Mitbestimmung des Betriebsrats nicht untersteht.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

1.

Das gemäß §§ 256 ZPO, 80 ArbGG erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Zwar waren die konkreten Maßnahmen des Arbeitgebers zum Zeitpunkt des Anhörungstermins am 9. Oktober 1996 schon abgeschlossen, das Feststellungsinteresse besteht im vorliegenden Falle gleichwohl fort, weil der Arbeitgeber derartige personelle Maßnahmen gegenüber Beamten wiederholen will, ohne zuvor die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen (vgl. zum Problem Germelmann/Matthes/Prütting § 81 Rand-Nr. 25). Jedenfalls kann es nicht darauf ankommen, ob der Antrag im Perfekt oder Präsens – in diesem Tempus wäre er zweifelsfrei zulässig – abgefaßt ist.

2.

Der Antrag ist auch in der Sache begründet.

a)

Sieht man zunächst davon ab, daß die betroffenen Bediensteten Beamte sind, handelt es sich, wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, um personelle Maßnahmen, die gemäß § 99 Abs. 1 i.V. m. § 95 Abs. 3 BetrVG als Versetzung anzusehen sind. Insbesondere der Arbeitsbereich der betroffenen Bediensteten hat sich wesentlich geändert.

Ebenso klar ist, daß die personellen Maßnahmen bei Anwendung des einschlägigen § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG keine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit darstellen, weil die Umsetzung der betroffenen Beamten innerhalb der Dienststelle nicht mit einem Wechsel des Dienstorts verbunden ist.

b)

Die somit erforderliche Prüfung der Frage, wie nach den für den Arbeitgeber maßgebenden gesetzlichen Vorschriften das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu beurteilen – ist, wenn personelle Maßnahmen im Bereich des § 99 Abs. 1 BetrVG nicht zugleich von § 76 Abs. 1 BPersVG erfaßt werden, führt zu dem Ergebnis, daß das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in diesem Bereich zu bejahen ist.

(1)

Nach Schaffung der Privatisierungsgrundlage durch Einführung des Artikels 143 b in das Grundgesetz hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren … in Erfüllung des Art. 143 b Abs. 3 S. 3 Grundgesetz die schwierigen dienst-, arbeits- und mitbestimmungsrechtlichen Probleme gelöst, die sich aus der Privatisierung der … und einer Gemengelage von privat- und öffentlich-rechtlich geregelten Dienstverhältnissen und verschiedenen gesetzlichen Modellen der Mitbestimmung ergeben. Danach ergibt sich für die zu entscheidende Rechtsfrage folgendes Bild:

Die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten bleiben im Dienste des Bundes, dessen Rechte und Pflichten die Aktiengesellschaften wahrnehmen (§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 3 PostPersRG). Für die Regelung der betrieblichen Interessenvertretungen im. 8. Abschnitt gilt der Grundsatz, daß das BetrVG in den Aktiengesellschaften Anwendung findet, „soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist”.

Die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten gelten für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmer. (§ 24 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 PostPersRG)

In den. Angelegenheiten der Beamten nach §§ 76 Abs. 1, 78 Abs. 1 Nr. 3–5 und § 79 Abs. 3 des Bundespersonalvertretungsgesetzes ist der Betriebsrat zwar zur Beratung berufen, zur Beschlußfassung indes nur die Vertreter der Beamten im Betriebsrat (§ 28 PostPersRG). Das weitere Mitbestimmungsverfahren in diesen Angelegenheiten ist abweichend vom BetrVG i. § 29 … in Anlehnung an das BPersVG geregelt.

(2)

Wortlaut und Systematik dieser Normen sprechen dagegen, daß personelle Angelegenheiten der Beamten jedweder Beschaffenheit der Mitbestimmung gem. § 99 BetrVG entzogen sein solle...

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