Entscheidungsstichwort (Thema)
Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 116 Nr. 2 ZPO ist die Beeinträchtigung der allgemeinen Interessen entscheidend Bedeutung der Beeinträchtigung der allgemeinen Interessen im Falle der Unterlassung der Rechtsverfolgung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Der vorläufige Insolvenzverwalter fällt nicht unter die Sonderregelung in § 116 Nr. 1 ZPO. Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt es mithin nach § 116 Nr. 2 ZPO darauf an, ob die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder -verteidigung allgemeinen Interessen zuwider laufen würde.
Normenkette
ZPO § 116 Nr. 2
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 08.11.2010; Aktenzeichen 3 Ta 535/10) |
Tenor
… wird der Antrag der Beklagten vom 05.03.2010 auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beklagte ist im Textileinzelhandel tätig. Am 27.10.2009 traf sie die unternehmerische Entscheidung, zum 31.01.2010 ihre Geschäftstätigkeit einzustellen und ihre Filialen zu schließen.
Die Klägerin hat am 11.11.2009 eine Schutzklage gegen eine Kündigung der Beklagten vom 29.10.2009 zum 30.04.2010 eingereicht. Die Klage ist der Beklagten am 17.11.2009 zugestellt worden. Nach dem Gütetermin am 25.11.2009 ist durch Beschluss vom 18.12.2009 Kammertermin für den 22.03.2010 anberaumt worden.
Zum 31.01.2010 hat die Beklagte ihre Geschäftstätigkeit eingestellt. Am 09.02.2010 hat das Amtsgericht Düsseldorf Rechtsanwalt Bremen zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Beklagten bestellt. Dabei hat es angeordnet, dass die Beklagte über Gegenstände ihres Vermögens nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO verfügen darf und der Beklagten kein allgemeines Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 InsO auferlegt. Mit Antrag vom 05.03.2010 hat die Beklagte die Gewährung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung der Sozietät Metzeler von der Fecht beantragt. Durch Beschluss vom 16.03.2010 hat das Amtsgericht Düsseldorf das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Kündigungsschutzverfahren ist seitdem unterbrochen.
Die Beklagte ist der Ansicht, ihr sei Prozesskostenhilfe nach § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO zu gewähren. Die Unterlassung der Rechtsverteidigung laufe allgemeinen Interessen zuwider, weil bei arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahren Versäumnisurteile zur Entstehung von Lohnansprüchen führen würden. Dadurch würde eine geordnete Abwicklung des zu eröffnenden Insolvenzverfahrens verhindert.
Entscheidungsgründe
II.
Der Prozesskostenhilfeantrag und der Antrag auf Beiordnung waren zurückzuweisen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen im Sinne des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO zuwider liefe.
1.
Sowohl die Gewährung von Prozesskostenhilfe als auch die Beiordnung nach § 11a ArbGG setzen bei einer beklagten juristischen Person voraus, dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwider liefe. Für die Prozesskostenhilfe ergibt sich dies unmittelbar aus § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO, der neben der Bedürftigkeit eine weitere Voraussetzung aufstellt. Auf die Beiordnung nach § 11a ArbGG ist § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO über die Verweisung in § 11a Abs. 3 ArbGG anzuwenden. Mit dieser Verweisung hat der Gesetzgeber klargestellt, dass ergänzend zu § 11a ArbGG die übrigen Vorschriften der §§ 114 ff. ZPO im Rahmen des Beiordnungsrechtes Anwendung finden, soweit nicht § 11a ArbGG besondere Regelungen enthält (so auch LAG Sachsen-Anhalt 26.11.1997 – 4 Ta 142/97, AnwBl 1998, 543 m. w. N.).
2.
Ein allgemeines Interesse liegt vor, wenn die Entscheidung einen größeren Kreis der Bevölkerung oder auch des Wirtschaftslebens ansprechen und soziale Wirkungen nach sich ziehen kann, wenn die Existenz der juristischen Person von der Durchführung des Prozesses abhängig ist und von dessen Ausgang das Schicksal einer größeren Anzahl von Angestellten abhängt, wenn die juristische Person ohne Durchführung des Prozesses gehindert ist, Aufgaben zu erfüllen, die der Allgemeinheit dienen, oder wenn eine Vielzahl von Kleingläubigern betroffen ist (Sächsisches LAG 24.05.2007 – 4 Ta 97/07 u. 4 Ta 97/07 (8), 4 Ta 97/07, 4 Ta 97/07 (8), LAGE ZPO 2002 § 116 Nr. 1; Zöller/Geimer, 28. Auflage 2010, § 116 ZPO Rn. 15 jeweils m. w. N.).
3.
Diese Voraussetzungen liegen zwischen der beklagten GmbH und ihrer ehemaligen Arbeitnehmerin nicht vor.
a)
Die Beklagte erfüllt keine der Allgemeinheit dienenden Aufgaben. Der Rechtsstreit führt nicht dazu, dass die Gefahr des Verlustes einer großen Zahl von Arbeitsplätzen wegen Existenzgefährdung der Beklagten droht. Der Geschäftsbetrieb der Beklagten ist bereits eingestellt. Sie hat ihre Mitarbeiter bereits entlassen, weitere Arbeitsplätze sind nicht gefährdet (vgl. zu derartigen Konstellationen (OLG Hamm 20.07.1998 – 20 W 16/88 und 20 W 56/88, NJW-RR 1989, 382; Sächsisches LAG 24.05.2007 – 4 Ta 97/07 u. 4 Ta 97/07 (8), 4 Ta 97/07, 4 Ta 97/07 (8), LAGE...