Entscheidungsstichwort (Thema)

verhaltensbedingte Kündigung wegen wiederholter Unpünktlichkeit nach vorherigen einschlägigen Abmahnungen. Verhaltensbedingte Kündigung. Betriebliche Störungen nicht erforderlich. Abgestufte Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

Häufige Unpünktlichkeiten, die zu zwei einschlägigen Abmahnungen geführt haben, und die weitere häufige Unpünktlichkeit rechtfertigen eine verhaltensbedingte Kündigung. Erforderlich ist hier nicht, dass die Unpünktlichkeiten zu betrieblichen Störungen geführt haben.

 

Normenkette

KSchG § 1; ZPO § 138; BGB § 622

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 9.571,37 festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine fristgerechte verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung vom 07. Februar 2002 zum 31. Juli 2002. Ferner hat der Kläger einen Weiterbeschäftigungsantrag gestellt.

Der am 28. Juli 1960 geborene, geschiedene Kläger. Vater einer unterhaltsberechtigten Tochter, wurde zum 01. August 1987 von der Beklagten, die mehr als 1.000 Arbeitnehmer beschäftigt. – zunächst auf sechs Monate befristet – eingestellt. Am 26. November 1987 wurde er in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als Sachbearbeiter für den Vertrieb übernommen. Über diese Tätigkeit erteilte die Beklagte dem Kläger auf dessen Wunsch unter dem 12. August 1996 ein Zwischenzeugnis (Bl. 32 d. A.).

Zum 01. Oktober 1996 wechselte der Kläger in die Debitorenbuchhaltung. In der Debitorenbuchhaltung wurde zum 01. April 2001 die so genannte Multicash-Gruppe gebildet, die aus dem Kläger und den Herren … und … bestand. Zum 01. Dezember 2001 wurde diese Gruppe um zwei weitere Mitarbeiterinnen, Frau … und Frau … erweitert. Insgesamt arbeiten zwei Mitarbeiter dieser Gruppe auf Teilzeitbasis.

Der Kläger verdiente zuletzt monatlich EUR 2.392,84 brutto.

Der Kläger ist hoch verschuldet und wird von der Schuldnerberatung der betreut. Dies ist der Beklagten seit ca. 14 Jahren bekannt.

Der Kläger unterlag grundsätzlich der bei der Beklagten gültigen Betriebsvereinbarung über die flexible Arbeitszeit vom 10. Februar 1997, auf Grund derer die Kernarbeitszeit montags bis donnerstags zwischen 9 Uhr und 15 Uhr und freitags zwischen 9 Uhr und 14 Uhr liegt.

Da der Kläger den Arbeitsbeginn 9 Uhr wiederholt nicht einhielt, führte der für ihn zuständige Abteilungsleiter, Herr …, im März, Mai und Anfang Juli 2000 Gespräche mit dem Kläger, in denen Herr … den Kläger aufforderte, künftig nicht nach Beginn der Kernarbeitszeit zur Arbeit zu kommen.

Trotz dieser Gespräche erschien der Kläger auch in der Folgezeit wiederholt verspätet zur Arbeit. In der Zeit vom 17. Juli 2000 bis 21. September 2000 nahm der Kläger an insgesamt 16 Arbeitstagen die Arbeit erst nach 9 Uhr auf. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung in der Klageerwiderung vom 30. April 2002, dort 2 und 3 (Bl. 9, 10 d. A.), verwiesen.

Aus diesem Grund wurde der Kläger mit Schreiben vom 25. September 2000 (Bl. 16, 17 d. A.), dem Kläger übergeben am 28. September 2000, abgemahnt.

Aus betriebsbedingten Gründen legte Herr … am 03. April 2001 für den Kläger einen Arbeitsbeginn bis spätestens 8.30 Uhr fest. Die Betriebsvereinbarung über die flexible Arbeitszeit lässt eine derartige Einschränkung des Selbstgestaltungsrahmens für die Arbeitszeit zu. Die Vorverlegung der Arbeitszeit, hing mit den aufeinander abgestimmten Arbeitsabläufen in der zu diesem Zeitpunkt gebildeten Mülticash-Gruppe zusammen. In diesem Zusammenhang haben die Parteien im Kammertermin vom 15. Oktober 2002 unstreitig gestellt, dass die Vorverlegung des Arbeitsbeginns jeweils nur den Kläger betroffen hat, dass aber die anderen Mitglieder der Mülticash-Gruppe ohnedies schon bis spätestens 8 Uhr am Arbeitsplatz waren und die Vorverlegung des Arbeitsbeginns des Klägers dazu diente, den Arbeitsbeginn dieser Gruppe zu vereinheitlichen.

Der Kläger hielt die für ihn festgelegte Arbeitszeit nicht ein. In der Zeit vom 06. April 2001 bis 12. Juli 2001 erschien der Kläger an insgesamt 26 Arbeitstagen nach 8.30 Uhr zur Arbeit, wobei er sich insgesamt 3 × um eine halbe Stunde oder mehr verspätete. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung im Beklagtenschriftsatz vom 30. April 2002, dort Seite 3, 4 (Bl. 10, 11 d. A.), Bezug genommen.

Nachdem die Mülticash-Gruppe zunächst nur für die Vertriebsbuchhaltung zuständig war, wurde ihr Arbeitsbereich im Juli 2001 um die Verarbeitung der Zahlungseingänge für den Bereich der Anzeigenbuchhaltung erweitert, so dass der Zeitaufwand für die ab 8.15 Uhr morgens zu erstellenden elektronischen Arbeitsmappen anstieg.

In diesem Zusammenhang wurde der Arbeitsbeginn des Klägers ab 12. Juli 2001 durch Herrn … nochmals vorverlegt auf 8.15 Uhr.

Der Kläger hielt auch diese Arbeitszeit nicht ein. In der Zeit vom 13. Juli 2001 bis 20. August 2001 nahm der Kläger seine Arbeit an insgesamt 25 Arbeitstagen nach 8.15 Uhr auf, teilweise mit deutlichen Verspätungen (24. Juli 2001: 8.53 Uhr;...

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