Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 3.500,00 (i. W.: Dreitausendfünfhundert Euro) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11. Juli 2002 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 55 % und die Beklagte zu 45 % zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 7.800,00 festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Entschädigungsanspruch.
Die Beklagte schaltete in der Zeitschrift „…” Ausgabe 4/2002 eine Stellenanzeige, in der für das … mehrere Stellen für Musiker ausgeschrieben wurden. Darüber hinaus heißt es in der Stellenanzeige, wegen deren weiterer Einzelheiten auf die Kopie Bl. 34 d.A. Bezug genommen wird:
„Außerdem ist im … die Stelle einer/eines Büroangestellte/n für die Sachbearbeitung der … (BAT Vc) neu zu besetzen.”
Auf diese Stellenanzeige hin bewarb sich der Kläger mit Schreiben vom 25. April 2002, wegen dessen weiterer Einzelheiten auf die Kopie Bl. 16 d.A. verwiesen wird. Der Kläger arbeitete zuvor 30 Jahre lang als Musikwissenschaftler und Musikpädagoge. … lang war er … und … an der … für Kultur und Künste. Ferner ist er … mehrerer musikwissenschaftlicher Werke. Der Kläger ist gebürtiger Russe und mit einem Grad der Behinderung von 60 als Schwerbehinderter anerkannt.
Am 13. Juni 2002 fand unter Beteiligung der Schwerbehinderten Vertretung ein Bewerbungsgespräch statt. Mit Schreiben vom 19. Juni 2002 lehnte die Beklagte die Einstellung des Klägers ohne Begründung ab. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf die Kopie Bl. 17 d.A. Bezug genommen.
Mit Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 26. Juni 2002 (vgl. Kopien Bl. 18–20 d.A.) verlangte der Kläger unter Fristsetzung bis zum 10. Juli 2002 eine Entschädigungszahlung.
Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 4. Juli 2002, lehnte eine Entschädigungszahlung ab und erklärte, in dem Bewerbungsgespräch habe sich herausgestellt, dass der Kläger das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle nicht erfülle. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 4. Juli 2002 wird auf die Kopien Bl. 21 und 22 d.A. Bezug genommen.
Der Kläger behauptet, die Beklagte habe ihn lediglich aufgrund seiner Behinderung nicht eingestellt. Er verfüge über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, um die ausgeschriebene Tätigkeit auszuüben. Das Argument der Beklagten in ihrem Schreiben vom 4. Juli 2002, seine Deutschkenntnisse seien nicht ausreichend, stelle lediglich einen versteckten Hinweis auf seine Behinderung (Stottern) dar. Der Kläger behauptet, ihm sei während des Vorstellungsgespräches mitgeteilt worden, dass er ein Gehalt in Höhe von EUR 2.600,00 zu erwarten habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 7.800,00 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11. Juli 2002 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, der Kläger sei bei der Stellenbesetzung nicht benachteiligt worden. Er sei wegen seiner nicht ausreichenden Qualifikation nicht berücksichtigt worden und nicht wegen seiner Behinderung.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Der Kläger kann von der Beklagten aus § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB IX eine Entschädigung in dem tenorierten Umfang verlangen, weil die Beklagte ihn wegen seiner Behinderung benachteiligt hat.
§ 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 gewährt dem schwerbehinderten Menschen einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung, wenn er im Auswahlverfahren wegen seiner Behinderung ausgeschlossen wurde, alleine wegen dieser Benachteiligung, auch wenn er bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht berücksichtigt worden wäre (vgl. Großmann, GK-SGB IX § 81 RZ 273 mit weiteren Nachweisen). Eine solche Benachteiligung liegt insbesondere vor, wenn der Arbeitgeber die ihm obliegende Prüfungspflicht nach § 81 Abs. 1 SGB IX in wesentlichen Teilen verletzt (vgl. Großmann a.a.O. Rz 274, 221). Ein wesentlicher Teil des Verfahrens nach § 81 Abs. 1 SGB IX ist die in Satz 9 normierte Pflicht des Arbeitgebers, alle Beteiligten, zu denen auch der Bewerber zählt, über die von ihm getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Zweck der Vorschrift ist es, dass die Entscheidung des Arbeitgebers in einem überprüfbaren Verfahren transparent gemacht wird. Insbesondere soll der Bewerber in die Lage versetzt werden zu prüfen, ob er im Verlauf des Bewerbungs- und Einstellungsverfahrens wegen seiner Behinderung unzulässig benachteiligt worden ist (vgl. Großmann a.a.O. Rz 176 f). Zwar schreibt das Gesetz für die Unterrichtung nicht ausdrücklich eine Schriftform vor. Der Zweck der Norm gebietet es jedoch, dass die Unterrichtung schriftlich stattzufinden hat, weil nur so eine exakte, alle Beteiligten gleichmäßig berücksichtigende und überprüfbare Information möglich ist. Nur eine schriftliche Unterrichtung unter Darlegung der Gründe ...