Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.02.1998; Aktenzeichen 1 AZR 364/97)

Hessisches LAG (Beschluss vom 11.04.1997; Aktenzeichen 17/6 Sa 1853/96)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, eine Mitgliedschaft von bei Gewerkschaften beschäftigten Mitgliedern der Beklagten im klagenden Verband für unvereinbar mit einer Mitgliedschaft bei ihr und beide Mitgliedschaften nebeneinander für unzulässig zu erklären; es zu unterlassen, ihren Beschäftigten für den Fall der Mitgliedschaft im klagenden Verband den Ausschluß aus ihr anzudrohen; es zu unterlassen, ihren Beschäftigten gegenüber zu erklären, sie müßten bei einer Mitgliedschaft im klagenden Verband mit der fristlosen Kündigung ihrer Arbeitsverhältnisse rechnen.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eines der genannten Unterlassungsgebote wird der Beklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von DM 50.000, –, ersatzweise Ordnungshaft von 10 Tagen – zu vollziehen am Vorsitzenden des Hauptvorstandes, … angedroht.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 8.000, – festgesetzt.

 

Tatbestand

Die beklagte … ist die Arbeitnehmerorganisation von Arbeitnehmern der Deutschen Bahn AG, vormals Deutsche Bundesbahn. (Wegen der Satzung im einzelnen wird auf Blatt 120 bis 165 d.A. Bezug genommen.) Sie hat ihren Sitz in Frankfurt am Main, § 1 Ziff. 1 der Satzung. Die Beschäftigten der Beklagten sind sämtlich Mitglieder der … Gemäß § 16 Ziff. 3 der Vertragsregelungen für die Beschäftigten der … berechtigt der Ausschluß aus der … die Beklagte zur fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. Bl. 166 d.A.). Gemäß § 10 Abs. 1 e) der Satzung kann der Ausschluß eines Mitglieds erfolgen, wenn es einer gegnerischen Organisation oder konkurrierenden Gewerkschaft angehört bzw. einer Organisation, hinsichtlich derer der Hauptvorstand sonst Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft mit der … Mitgliedschaft festgestellt hat (vgl. Bl. 129, 130 d.A.).

Der Kläger ist der …, der am 09. April 1994 in Fulda unter gleichzeitiger Verabschiedung der Satzung (vgl. Bl. 26 d.A.) gegründet wurde. Er hat seinen Sitz in Schwandorf und vertritt die wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Beschäftigten der Gewerkschaften und ihrer Dachorganisation gegenüber diesen Organisationen.

Am 25./26. Juli 1994 beschloß der Hauptvorstand der …, daß eine Mitgliedschaft im … mit der Mitgliedschaft in der … unvereinbar ist (vgl. Bl. 17 d.A.). Für den Fall der Doppelmitgliedschaft ihrer Arbeitnehmer verweist der Beschluß auf die Satzung. Für den Fall, daß Arbeitnehmer der Beklagten nur Mitglieder des sind, wird auf arbeitsrechtliche Grundsätze Bezug genommen.

In den Personalnachrichten für die Beschäftigten der … vom 11. August 1994 veröffentlichte die Beklagte unter der Überschrift „Aktuelles zum Thema” … für die Beschäftigten der … folgende Obersätze:

  • • Mitgliedschaft im „Verband der Gewerkschaftsbeschäftigten … unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der …
  • • Doppelmitgliedschaft in der … und im … unzulässig
  • • Mitglieder des …, die aus dem … austreten oder aus ihr ausgeschlossen werden, müssen mit fristloser Kündigung rechnen, … (vgl. Bl. 19 d.A.).

Mit der am 20. Januar 1995 bei dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen Klage begehrt der … von der … die Unterlassung der vorgenannten Erklärungen.

Nach Auffassung des Klägers ist die Unterlassungsklage in entsprechender Anwendung von § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 9 Abs. 3 GG begründet, da die beanstandeten Äußerungen der Beklagten ihn in seiner verfassungsrechtlich garantierten Koalitionsfreiheit in unzulässiger Weise beeinträchtigen. Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, sei für jedermann und alle Berufe in Art. 9 Abs. 3 GG verbrieft. Es sei kein Grund erkennbar, warum dieses Recht den Gewerkschaftsbeschäftigten abzusprechen sei. Die Beklagte sei auch nicht Vertreterin ihrer Arbeitnehmer im Sinne des Koalitionsrechts, sondern deren Arbeitgeberin. Damit liege eine arbeitsvertragsrechtliche Bindung, jedoch keine Bindung im Sinne des Art. 9 Abs. 3 GG vor. Mit den Erklärungen in den Personalnachrichten vom 11. August 1994 habe die Beklagte Druck auf ihre Beschäftigten ausgeübt, der im Ergebnis dazu gerührt habe, daß nach diesem Datum keine Mitglieder der Beklagten dem … beigetreten seien. Selbst wenn jedoch weitere Arbeitnehmer der Beklagten die Mitgliedschaft zum … begründen würden, seien die Äußerungen in den Personalnachrichten geeignet, ihn in der Ausübung seines grundgesetzlich verbrieften Koalitionsrechts zu behindern. Einmal nehme die Beklagte damit eine unzulässige Einschränkung seiner Werbetätigkeit vor, zum anderen sei er damit insgesamt in seinem Bestand beeinträchtigt.

Aufgrund der Reaktion der Beklagten auf außergerichtliche Schreiben, sei auch davon auszugehen, daß sie zukünftig weiterhin in der vorliegenden Weise Druck auf ihre Arbeitnehmer ausüben werde. Die Informationsmittel, die ihm demgegenüber zur Verfügung stehen, era...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge