Tenor

1. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte EUR 1.100,– nebst 5 Prozentpunkte über dem Basiszins seit 28.08.2004 zu bezahlen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert dieses Urteils wird auf EUR 1.100,– festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Kosten einer Videoüberwachung.

Die Klägerin war seit 15.12.1999 als Verkäuferin und Kassiererin im Einzelhandelsgeschäft der Beklagten tätig. Sie verdiente zuletzt monatlich EUR 1.288,29 brutto. Entgegen den Kassieranweisungen der Beklagten entnahm sie mehrfach Geld aus der Kasse der Beklagten.

Die Beklagte setzt regelmäßig, jeweils eine Woche pro Monat, einen Detektiv in ihrer hiesigen Filiale ein, um die Kunden und Mitarbeiter überwachen zu lassen. So war Herr N. im Februar 2004 hier als Detektiv tätig. In der Zeit ab 15.03.2004 wurde der Arbeitsplatz der Klägerin an der Kasse für 2 Wochen durch eine an der Decke installierte Videokamera heimlich überwacht. Auf den Videoaufzeichnungen sind die Klägerin, die Kasse samt Scanner und Drucker sowie die auf das Band gelegten Waren erkennbar, nicht aber die Kunden. Auf dem Videoband ist ersichtlich, dass die Klägerin am 15.03.2004 Geld aus der Kasse nahm und damit fortging, sowie dass sie am selben Tag eine Flasche Saft nicht einscannte, das Geld vom Kunden entgegennahm und sich damit von der Kasse entfernte, ohne die Kasse geöffnet zu haben.

Unter dem 02.04.2004 erklärte die Beklagte deshalb die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Die Klägerin erhob hiergegen zunächst Kündigungsschutzklage, nahm diese aber zurück, nachdem in der Kammerverhandlung die Videoaufnahme in Augenschein genommen worden war.

Mit der vorliegenden Widerklage macht die Beklagte die Erstattung der Kosten der Videoüberwachung geltend.

Die Beklagte beantragt:

Die Klägerin/Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte/Widerklägerin EUR 1.100,– nebst 5 Prozentpunkte über dem Basiszins seit Zustellung der Widerklage zu bezahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet,

in der Filiale F. bestünden – zumindest seit 2003 – erheblich höhere Kassendifferenzen als in 14 anderen Filialen der Beklagten, wobei die Klägerin höhere Differenzen zu verantworten habe als ihrer Kolleginnen in der Filiale.

Herr N. habe im Februar 2004 bemerkt, dass die Klägerin in Fällen, in denen ein Kunde an der Warteschlange vorbeigeht und ihr den Kaufpreis passend gibt mit der Erklärung nicht warten zu wollen, das Geld zur Seite gelegt habe. Sie habe den Kaufpreis auch dann nicht eingetippt und das Geld nicht in die Kasse gelegt, wenn hierzu Gelegenheit bestand, d.h. wenn sie keine Kunden zu bedienen hatte.

Die Beklagte meint, dies begründe den konkreten Verdacht einer strafbaren Handlung seitens der Klägerin, der praktisch nur durch eine verdeckte Videoüberwachung habe aufgeklärt werden können. § 6 b Abs. 2 BDSG sei auf die vorliegende Videoüberwachung nicht anwendbar, da lediglich die Klägerin und keine Dritten heimlich aufgenommen wurden.

Die Klägerin hält die Videoüberwachung hingegen für unzulässig. Sie behauptet,sie habe lediglich Geldstücke in der Kasse getauscht; Geld, dass sie der Kasse entnommen habe, habe sie zuvor oder später in die Kasse eingelegt. Die Klägerin meint, vor der Installation der Videokamera habe kein konkreter Diebstahlsverdacht gegen sie bestanden. Es liege ein Verstoß gegen § 6 b Abs. 2 BDSG vor.

Die Widerklage wurde der Klägerin am 27.08.2004 zugestellt. Die Kammer erhob Beweis durch die Vernehmung des Zeugen N. und durch Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.09.2004 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteienvortrags wird auf die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 13.05.2004 und 07.09.2004 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Widerklage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin ist gem. §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 823 Abs. 1 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 246 StGB verpflichtet, der Beklagten die Kosten der Videoüberwachung zu erstatten.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 03.12.1985 – 3 AZR 277/84; vom 17.09.1998 – 8 AZR 5/97, AP Nr. 133 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers) hat ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber anlässlich eines konkreten Tatverdachts gegen den Arbeitnehmer einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmer überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Insofern handelt es sich nicht um Vorsorgekosten, die unabhängig von konkreten schadensstiftenden Ereignissen als ständige Betriebsausgabe vom Arbeitgeber zu tragen sind. Nach § 249 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht auf alle Aufwendungen des Geschädigten, soweit sie nach den Umständen des Falles als notwendig anzusehen sind. Dazu gehört auch die A...

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