Entscheidungsstichwort (Thema)

Inhaltskontrolle. AGB-Kontrolle. Änderungsvorbehalt. dynamische Bezugnahmeklausel. statische Bezugnahmeklausel. Teilunwirksamkeit. blue pencil-test. gletungserhaltende Reduktion. Arbeitszeit. Sonderzuwendung. Urlaubsgeld

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wenn der öffentliche Arbeitgeber im Hinblick auf die gekündigten tarifvertraglichen Vorschriften zur Arbeitszeit (§§ 15 ff. BAT) und die ebenfalls gekündigten Tarifverträge über die Zahlung einer Sonderzuwendung (TV-Zuwendungen) und über die Zahlung eines Urlaubsgeldes (TV-Urlaubsgeld) einzelvertraglich vereinbart, dass sich die Arbeitzeit und die Zahlung der Sonderzuwendungen bzw. des Urlaubsgeldes nach den für vergleichbare Beamte maßgebenden Vorschriften richtet, könnte hierin ein gem. § 308 Abs. 1 Ziff. 4 BGB bzw. § 307 Abs. 1 BGB unwirksamer Änderungsvorbehalt gesehen werden.

2. Der in der dynamischen Bezugnahme verkörperte Änderungsvorbehalt führt nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel, da die verbleibende Restklausel aus sich heraus verständlich bleibt („blue pencil-test”). Die einzelvertragliche Bezugnahmeklausel bleibt daher insofern wirksam, als auf die derzeitigen beamtenrechtlichen Vorschriften verwiesen wird (statische Bezugnahmeklausel). Es liegt daher allenfalls eine Teilunwirksamkeit vor. Eine geltungserhaltende Reduktion ist hierin nicht zu sehen.

3. Die Vereinbarung über den Umfang der regelmäßigen Arbeitszeit betrifft die Hauptleistungsverpflichtung und stellt keine der AGB-Kontrolle unterliegenden Nebenabrede dar.

 

Normenkette

BGB § 308 Abs. 1 Ziff. 4, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, § 306 Abs. 2; BAT § 15; TV-Zuwendungen; TV-Urlaubsgeld

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird auf 7.000,– Euro festgesetzt.

4. Die Berufung wird gesondert zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sowie um tarifvertragliche Ansprüche auf die Zahlung einer Sonderzuwendung (Weihnachtsgeld) und die Zahlung eines Urlaubsgeldes.

Die am 08.11.1955 geborene Klägerin ist seit dem 26.08.1981 bei dem beklagten Land in der A. als Angestellte beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung Anwendung, wobei in dem letzten einzelvertraglich vereinbarten Änderungsvertrag insofern gewisse Einschränkungen vereinbart worden sind.

Die Klägerin war bis zum 31.08.2005 in die Vergütungsgruppe VII eingruppiert. Zum 01.09.2005 wurde der Klägerin eine neue Aufgabe übertragen. In diesem Zusammenhang haben die Parteien unter dem Datum vom 09.08.2005 einen Änderungsvertrag geschlossen. Danach wird die Klägerin seit dem 01.09.2005 in die Vergütungsgruppe V c eingruppiert. Der Änderungsvertrag enthält darüber hinaus folgende Klausel:

Die gekündigten §§ 1517 BAT und die Sonderregelungen hierzu gelten bis zum Zeitpunkt einer neuen Vereinbarung mit der Maßgabe, dass als durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BAT diejenige Wochenarbeitszeit gilt, die für vergleichbare Beamtinnen und Beamte des Landes jeweils maßgebend ist (z. Zt. 40 Stunden).

Die gekündigten Tarifverträge über die Sonderzuwendungen für Angestellte vom 12.10.1973 und ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16.03.1977 gelten bis zum Zeitpunkt einer neuen Vereinbarung mit der Maßgabe, dass die Sonderzahlungen in der Höhe gewährt werden, wie sie die vergleichbaren Beamtinnen und Beamte des Landes erhalten.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die beiden Klauseln einen unzulässigen Änderungsvorbehalt darstellen und daher unwirksam seien. Aus diesem Grund würde sich die regelmäßige Arbeitszeit nach wie vor nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BAT (38,5 Stunden) richten. Darüber hinaus stünde ihr nach dem Tarifvertrag über Zuwendungen für Angestellte (TV-Zuwendungen) eine Sonderzuwendung (Weihnachtsgeld) in Höhe von 82,14 % der Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 BAT und nach dem Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte (TV-Urlaubsgeld) ein Urlaubsgeld zu. Darüber hinaus ist die Klägerin der Ansicht, dass sie wegen der seit dem 01.09.2005 zugrunde gelegten Wochenarbeitzeit pro Woche 1,5 Überstunden geleistet habe, für die ihr ein Freizeitgewährungsanspruch und eine Überstundenzulage zustünde. Die Klägerin beantragt,

  1. es wird festgestellt, dass ihre durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auch nach dem 31.08.2005 38,5 Stunden beträgt,
  2. festzustellen, dass sie seit dem 31.08.2005 wöchentlich 1,5 Überstunden geleistet hat, für die Arbeitsbefreiung zu gewähren und Zeitzuschläge zu zahlen sind,
  3. es wird festgestellt, dass sie auch nach dem 31.08.2005 einen Anspruch auf Sonderzuwendungen nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte (TV-Zuwendungen) hat,
  4. es wird festgestellt, dass sie auch nach dem 31.08.2005 einen Anspruch auf Urlaubsgeld nach dem T...

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