Nachgehend

LAG Hamburg (Beschluss vom 05.02.1986; Aktenzeichen 4 TaBv 12/85)

 

Tenor

1. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von DM 50.000,– (i. W.: Deutsche Mark fünfzigtausend) für jeden Fall der Zuwiderhandlung bzw. der Ordnungshaft gegen die gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerin untersagt, in den Vetriebsstationen im Unternehmen der Beteiligten zu 2) EDV-Anlagen samt Bildschirmeinheiten im Zusammenhang mit der geplanten Durchführung des „Projektes 9001” in Betrieb zu nehmen oder im Betrieb zu lassen, solange nicht das Verfahren der Verhandlungen über einen Interessensausgleich entsprechend § 112 Abs. 2 Satz 1 und 2 BetrVG inklusive eventueller Verhandlungen in der Einigungsstelle abgeschlossen oder aber gescheitert ist.

2. Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beteiligte zu 2) im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten ist, die Inbetriebnahme des EDV-Systems „Projekt 9001” einstweilen zu unterlassen.

Die Beteiligte zu 2) ist ein Autovermiet-Unternehmen mit Hauptsitz in Hamburg. Sie beschäftigt ca. 1.300 Arbeitnehmer, davon rd. 300 Arbeitnehmer in der Hauptverwaltung in Hamburg. Sie unterhält 125 Vermietstationen als eigene Filialbetriebe, die in 10 Distrikten zusammengefaßt sind. Für die Distrikte sind in der Regel jeweils ein Betriebsrat gewählt, lediglich in den Bezirken Bremen-Osnabrück und Berlin-Hannover bestehen zwei Betriebsräte. Der Beteiligte zu 1) ist der bei der Beteiligten zu 2) gebildete Gesamtbetriebsrat.

Seit 1981 bereitet die Beteiligte zu 2) die Einführung eines Datenverarbeitungssystems für ihre Vertriebsorganisation vor. Im Rahmen des Systems 9001, für das sich die Beteiligte zu 2) entschieden hat, wird ihr gesamtes Stationsnetz (Filialbetriebe und Partnerbetriebe) mit Satelliten-Rechnern ausgerüstet, die untereinander über den Datex-P-Dienst der Bundespost kommunizieren um Nachrichten über Fahrzeugbewegungen auszutauschen. Nachts sollen die in den Satelliten-Rechnern abgespeicherten Daten zur weiteren Verarbeitung an die Hauptverwaltung übertragen werden. Die maschinelle Ausrüstung besteht aus einer Zentraleinheit mit Hauptspeicher, einem Bildschirm mit Tastatur (ggf. mehreren). einem Drucker, Datenträgern, einem ID-Kartenleser zur Übernahme von Daten aus Kreditkarten und einen Datenfernverarbeitungsanschluß. Die einzelnen Vermietstationen sind untereinander und mit der Hauptverwaltung in Hamburg über Datenfernverarbeitungsdienst verbunden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Systemplanung wird auf die Systembeschreibung, Stand 30. Juni 1983 (Anlage zur Antragsschrift Bl. 16 ff. d. A.) Bezug genommen. Bezüglich der vorgesehenen Anwendungen wird auf die entsprechende Zusammenfassung, Stand 24. März 1983, (Anlage B 2 zur Schutzschrift) Bezug genommen.

In der Hauptverwaltung ist seit Jahren ein EDV-System IBM 4341 installiert. Dieses EDV-System bleibt auch nach der Einführung des Projektes 9001 bestehen. Die im Rahmen des Projektes 9001 bei der Hauptverwaltung eingehenden Daten werden über Magnetband in die IBM-Anlage 4341 zur weiteren Verarbeitung eingegeben. Zum derzeitigen Zeitpunkt erfolgt die Datenerfassung und Fehlerbearbeitung für die IBM-Anlage 4341 manuell.

Die Beteiligte zu 2) hat zunächst beabsichtigt, das Projekt 9001 per 1. November 1985 umzusetzen. Nach den Angaben der Beteiligten zu 2) in der mündlichen Verhandlung vom 7. November 1985 ist von der Beteiligten zu 2) eine Inbetriebnahme des Systems ca. für den 17. November 1985 vorgesehen.

Der Beteiligte zu 1) trägt vor, die Einführung des Projektes 9001 nebts Bildschirmarbeitsplätzen sei eine Betriebsänderung im Rahmen des § 111 Ziff. 4 und 5 BetrVG.

Weiterhin werden durch die geplante Einführung von EDV-Systemen im Rahmen des Projektes 9001 auch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Ziff. 6 BetrVG berührt.

Nach den Planungen der Beteiligten zu 2) sollten zur Bedienung der EDV-Anlagen in den Vermietstationen Personencodes verteilt werden, mit denen sich die einzelnen Beschäftigten beim Zugang zur EDV-Anlage identifizieren müßten. Dadurch würden personenbezogene und personenbeziehbare Daten gespeichert, die in Verbund gesetzt seien mit den Tätigkeiten, die anschließend geschehen, z. B. das Ausfüllen von Vermietverträgen.

Für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung sei auch ein Verfügungsgrund gegeben. Ohne die einstweilige Verfügung hätte der Betriebsrat keinerlei Möglichkeiten, seine Gegenvorstellungen zur Durchführung der geplanten betriebsändernden Maßnahme geltend zu machen und damit auch den Arbeitgeber zu veranlassen, Interessen der Arbeitnehmer bei der Durchführung der geplanten betriebsändernden Maßnahme zu berücksichtigen.

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

wegen der besonderen Eilbedürftigkeit der Angelegenheit im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu beschließen,

im Wege der einstweiligen Verfügung den gesetzlichen Vertreter...

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