Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtberücksichtigung der Elternzeit bei der Ermittlung der Berufsjahre im Rahmen einer tariflichen Eingruppierung. Verstoß gegen das AGG?

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Streitwert: EUR 1.455,00.

4. Die Berufung wird, soweit sie nicht kraft Gesetzes statthaft ist, nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin nach Berufsjahren.

Die am 01.10.19.. geborene, verheiratete Klägerin ist seit 01.08.1991 bei der beklagten Bank beschäftigt. Zunächst wurde sie zur Bankkauffrau ausgebildet und ist seitdem als Basisberaterin für Privatkunden im Anlagenbereich und der Kreditvergabe bis EUR 50.000,00 tätig. Aufgrund einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme sind auf das Arbeitsverhältnis die jeweils gültigen Tarifverträge für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken anwendbar.

Die Klägerin befand sich von 08.09.2001 bis 16.08.2006 zunächst im Beschäftigungsverbot nach den §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG und sodann in Elternzeit. Ihr erstes Kind wurde am 14.10.2001, ihr zweites Kind am 17.02.2003 geboren.

Die Klägerin ist unstreitig in die Tarifgruppe 5 des § 2 des Gehaltstarifvertrages für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken vom 08.07.2004 eingruppiert. Die Tarifgruppen nach diesem Tarifvertrag sehen eine Steigerung nach Berufsjahren vor (Bl. 38 d. A.). Die Beklagte gruppierte die Klägerin nach Rückkehr aus der Elternzeit am 17.08.2006 in die Tarifgruppe 5, 9. Berufsjahr ein. Bei der Ermittlung der Berufsjahre berücksichtigte sie die Elternzeit der Klägerin nicht.

Die Klägerin begehrt hingegen die Eingruppierung in die Tarifgruppe 5, 11. Berufsjahr und dementsprechend die Zahlung der Vergütungsdifferenz.

Die Klägerin ist der Ansicht,

die Elternzeit vom 08.09.2001 bis 16.08.2006 sei bei der Ermittlung der Berufsjahre zu berücksichtigen. Eine Nichtberücksichtigung dieser Zeiten sei eine unzulässige Benachteiligung wegen des Geschlechts. Es seien überwiegend Frauen, die die Elternzeit in Anspruch nehmen würden. Diese würden hierdurch gegenüber Männern benachteiligt werden. Die Klägerin würde wegen ihrer Mutterschaft und der Elternzeit unmittelbar benachteiligt, jedenfalls aber mittelbar benachteiligt werden. Eine sachliche Rechtfertigung sei hierfür nicht gegeben.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.455,00 brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 1.205,00 brutto seit Rechtshängigkeit und aus EUR 250,00 brutto seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Ansicht,

in der Nichtberücksichtigung der Elternzeit liege keine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung von Frauen. Jedenfalls sei die Nichtberücksichtigung der Ruhenszeiten gerechtfertigt. Die Tarifvertragsparteien hätten eine differenzierte und sachgerechte Regelung getroffen, nach der abhängig von der Tarifgruppe und damit abhängig von der auszuübenden Tätigkeit das höchste Berufsjahr unterschiedlich früh erreicht werde. Der Tarifvertrag würde die Berufserfahrung in diesem differenzierten Modell honorieren, welches ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Eine Beweisaufnahme fand nicht statt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Der Streitgegenstand ist hinreichend gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt. Die Klägerin begehrt für den Zeitraum vom 01.08.2006 bis 28.02.2007 die Bezahlung eines monatlichen Arbeitsentgelts in Höhe der Differenz zwischen der Tarifgruppe 5, 9. Berufsjahr und der Tarifgruppe 5, 11. Berufsjahr des Gehaltstarifvertrages für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken vom 08.07.2004 (im folgenden: Gehaltstarifvertrag Volksbanken).

II.

Die Klage ist nicht begründet. Die Eingruppierung der Klägerin in die Tarifgruppe 5, 9. Berufsjahr ist für den streitbetroffenen Zeitraum nicht zu beanstanden.

1. Das Vergütungssystem des § 2 Gehaltstarifvertrag Volksbanken knüpft zum einen an die Tätigkeit des Arbeitnehmers durch die Eingruppierung in Tarifgruppen und zum anderen an die Zahl der Berufsjahre an. Mit dem letztgenannten Kriterium meint der Tarifvertrag die Zeit, in denen der Arbeitnehmer tätig war, also Arbeitsleistungen erbracht wurden (vgl. § 8 Abs. 3 Manteltarifvertrag für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken). Elternzeiten nach den §§ 15 ff. Bundeserziehungsgeldgesetz (in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung) bzw. nach den §§ 15 ff. des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vom 05.12.2006 sind keine Berufsjahre im Sinne des Tarifvertrages.

2. Die Nichtb...

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