Tenor
Es wird festgestellt, dass dem Kläger in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma T. eine Insolvenzforderung in Höhe von 12.688,50 EUR zusteht. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 60 % und der Beklagte zu 40 %.
Streitwert: 3.200,– EUR
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob dem Kläger Schadensersatzansprüche als Insolvenzforderung zustehen.
Der Kläger war seit dem 09.09.1984 bei der T. beschäftigt. Er bekam seit Juli 2002 die Vergütung nur schleppend ausbezahlt. Für den Monat Dezember 2002 ist ihm nur ein Teil der Vergütung gezahlt worden. Für die Monate Januar und Februar 2003 erhielt er keine Vergütung mehr. Deswegen kündigte er mit Schreiben vom 07.03.2003 fristlos.
Am selben Tag stellte die T. Insolvenzantrag. Das vorläufige Insolvenzverfahren wurde am 10.03.2003 eröffnet. Mit Beschluss vom 18.03.2003 hat das Amtsgericht Bielefeld das Insolvenzverfahren über das Vermögen der T. eröffnet und gleichzeitig den Beklagten zum Insolvenzverwalter ernannt. Im Insolvenzverfahren ist mit einer Quote von weniger als 10 % zu rechnen.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stünde zum einen seine fiktive Vergütung für den Zeitraum der arbeitgeberseitigen Kündigungsfrist als Schadensersatz zu, d.h. 6 Monate * 2.114,75 Euro brutto je Monat = 12.688,50 Euro. Zum anderen habe er entsprechend den §§ 9, 10 KSchG einen Anspruch auf Zahlung von 19.561,44 Euro.
Er beantragt,
festzustellen, dass ihm in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma T. eine Insolvenzforderung in Höhe von 32.249,94 Euro zusteht.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, vor der fristlosen Eigenkündigung sei eine Abmahnung erforderlich gewesen, die Kündigung sei nicht innerhalb von zwei Wochen erklärt worden und das Insolvenzgeld decke das Arbeitnehmerrisiko ab, weswegen kein Grund für eine fristlose Kündigung vorgelegen habe. Im übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Kündigungsfrist im Insolvenzverfahren drei Monate betrage.
Entscheidungsgründe
Die Arbeitsgerichte sind gemäß § 185 InsO zuständig.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Feststellungsklage die richtige Klageart (§ 179 Abs. 1 InsO).
Die Klage ist teilweise begründet.
Dem Kläger steht in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der T. eine Insolvenzforderung in Höhe von 12.688,50 Euro aus § 628 Abs. 2 BGB zu.
Der Kläger hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 07.03.2003 wirksam fristlos gekündigt. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB liegt zumindest dann vor, wenn die Lohnzahlung in nicht unerheblicher Höhe unterblieben ist oder sich der Verzug des Arbeitgebers mit der Vergütungszahlung über einen erheblichen Zeitraum erstreckt (BAG vom 17.01.2002, 2 AZR 494/00, EzA § 628 BGB Nr. 20). Das ist hier der Fall, denn der Kläger bekam seit Juli 2002 die Vergütung nur schleppend ausbezahlt. Für den Monat Dezember 2002 wurde ihm nur ein Teil der Vergütung gezahlt. Für die Monate Januar und Februar 2003 hat er schließlich keine Vergütung von der T. erhalten. Der Kündigungsgrund entfällt auch nicht dadurch, dass die T. Insolvenz anmeldete und dem Kläger daher im Rahmen des § 183 SGB III Insolvenzgeld zustand. Dieses stellt nicht die vertraglich geschuldete Leistung des Arbeitgebers dar. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist unzumutbar, da Insolvenzgeld nur für die dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monate gewährt wird (§ 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III) und der Arbeitnehmer befürchten muss, mit weiteren Lohnforderungen auszufallen. In dem hier zu entscheidenden Fall kommt hinzu, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Eigenkündigung noch nicht sicher wusste, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet werden würde, da die T. erst am selben Tag Insolvenzantrag stellte.
Die fristlose Kündigung ist auch nicht wegen einer fehlenden Abmahnung unwirksam. Zwar verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Regel auch von einem Arbeitnehmer, vor dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung den pflichtwidrig handelnden Arbeitgeber abzumahnen; dies gilt jedoch nicht, wenn auch im Falle einer Abmahnung keine Aussicht auf eine Rückkehr des Vertragspartners zum vertragskonformen Verhalten mehr besteht (BAG a.a.O.). Hier hätte die T. auch nach einer Abmahnung den rückständigen Lohn nicht gezahlt, da sie ihn nicht bezahlten konnte.
Die fristlose Kündigung war auch nicht durch die zweiwöchige Frist des § 626 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Der Lauf dieser Frist beginnt bei Dauertatbeständen erst mit der Beendigung des die außerordentliche Kündigung rechtfertigenden Zustandes (BAG vom 22.01.1998, 2 ABR 19/97, AP Nr. 38 zu § 626 BGB Ausschlussfrist; BAG vom 25.02.1983, 2 AZR 298/81, AP Nr. 14 zu § 626 BGB Ausschlussfrist). Der Verzug mit der Zahlung des Arbeitsentgeltes stellt einen Dauertatbestand dar. Er bestand zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung am 07.03.2003 fort.
Ansprüche aus § 628 Abs. 2 BGB werden durch ein Insolvenzverfahren nicht ausgeschlossen (BAG vom 22.10.1998, 8 AZR 73/98 und 8 AZR 688/97, ZInsO 98...