Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleichsbeschluss. Zustellung im Parteibetrieb
Leitsatz (amtlich)
1. Prozessvergleiche sind nicht von Amts wegen, sondern stets im Parteibetrieb zuzustellen.
2. Der Prozessvergleich kommt durch Vereinbarung der Parteien und gerichtliche Protokollierung zustande, nicht durch Entscheidung des Gerichts iSd. § 329 Abs. 3 Alt. 1 ZPO.
3. Eine Entscheidung iSd. § 329 Abs. 3 Alt. 1 ZPO setzt einen entsprechenden Parteiantrag voraus und hierauf bezogen eine eigenständige Würdigung des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens der Parteien durch das Gericht.
4. Mit dem Antrag, einen Vergleich im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO festzustellen, begehren die Parteien keine Entscheidung iSd. § 329 Abs. 3 Alt. 1 ZPO, die einen Titel bildet. Sie streiten nicht über die Wirksamkeit des – noch nicht existenten – Vergleichs. Sie beantragen lediglich eine Entscheidung über den Verfahrensgang dahingehend, dass die Einigung der Parteien außerhalb der mündlichen Verhandlung protokolliert wird.
5. Bei dem Beschluss iSd. § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO handelt es sich um ein gerichtliches Protokoll der Parteivereinbarungen, welches außerhalb der mündlichen Verhandlung erstellt wird.
Normenkette
ZPO § 278 Abs. 6, § 329 Abs. 3, §§ 168, 794 Abs. 1 Nr. 1, § 160 Abs. 3 Nr. 1
Nachgehend
LAG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 06.01.2017; Aktenzeichen 4 Ta 226/16) |
Tenor
1. Der sofortigen Beschwerde des Klägers vom 24. November 2016 gegen den Beschluss vom 2. November 2016 wird nicht abgeholfen.
2. Die Sache wird dem LAG Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Erteilung eines Zustellvermerks auf einem Vergleichsbeschluss iSd. § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO und damit dessen amtsseitige Zustellung, was das Gericht bislang abgelehnt hat.
Mit Schriftsatz vom 5. Februar 2016 beantragte der Kläger im vorangegangenen Erkenntnisverfahren, einen beigefügten Text als Vergleich der Parteien durch Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO festzustellen.
Das Gericht unterbreitete daraufhin beiden Parteien gemäß § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO einen entsprechenden Vergleichsvorschlag. Dass die Parteien einen entsprechenden Vergleich geschlossen haben, wurde durch gerichtlichen Beschluss vom 24. Februar 2016 festgestellt (Bl. 26 d.A). Im Vergleich verpflichtete sich die beklagte Partei zur Erteilung eines Arbeitszeugnisses.
Der Beschluss vom 24. Februar 2016 wurde beiden Parteien vom Gericht formlos übermittelt zur Zustellung im Parteibetrieb.
Mit Schreiben vom 24. August 2016 beantragte der Kläger wegen Nichterfüllung der Verpflichtung zur Erteilung eines Arbeitszeugnisses neben der Erteilung einer Vollstreckungsklausel auch die Erteilung einer Zustellbescheinigung auf dem Vergleichsbeschluss vom 24. Februar 2016. Er überreichte hierzu dem Gericht den Beschluss vom 24. Februar 2016 zur amtsseitigen Zustellung.
Der Klägervertreter war von der Geschäftsstelle telefonisch darauf hingewiesen worden (im zeitgleich von ihm betriebenen Verfahren 4 Ca 918/16 – dort Bl. 64 d.A), dass Vergleichsbeschlüsse iSd. § 278 Abs. 6 ZPO im Parteibetrieb zuzustellen seien. Er hat das im Verfahren 4 Ca 918/16 ausdrücklich abgelehnt, weshalb das Gericht (Kammervorsitzender) in beiden Verfahren zeitgleich durch Beschluss vom 29. August 2016 den Antrag auf amtsseitige Zustellung zurückgewiesen hat.
Der Beschluss wurde dem Klägervertreter am 9. September 2016 zugestellt. Mit der am 21. September 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde begehrt der Kläger weiterhin die amtsseitige Zustellung des Vergleichsbeschlusses vom 24. Februar 2016.
Das Gericht (Kammervorsitzender) hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 24. September 2016 abgeholfen, indem es die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zur Entscheidung über die Form der Zustellung in eigener Zuständigkeit gemäß § 168 ZPO ersucht hat.
Die Urkundsbeamtin hat die förmliche Zustellung und dementsprechend die Erteilung einer Zustellbescheinigung durch Beschluss vom 7. Oktober 2016 abgelehnt. Der Beschluss wurde dem Klägervertreter am 17. Oktober 2016 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2016 legte der Kläger hiergegen Erinnerung ein, der die Urkundsbeamtin durch Beschluss vom 28. Oktober 2016 nicht abgeholfen hat.
Sodann hat das Gericht (Kammervorsitzender) durch Beschluss vom 2. November 2016 die Erinnerung des Klägers zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde dem Klägervertreter am 18. November 2016 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 24. November 2016 legte der Kläger hiergegen sofortige Beschwerde ein.
Der Kläger trägt vor:
Von anderen Gerichten werde es stets so gehandhabt, dass Beschlüsse iSd. § 278 Abs. 6 ZPO von Amts wegen zugestellt würden und dementsprechend Zustellbescheinigungen erteilt würden.
Der Arbeitsaufwand für das Aufbringen eines entsprechenden Stempelaufdrucks betrage möglicherweise eine halbe Sekunde.
Für den Kläger verursache die Handhabung der 4. Kammer des Arbeitsgerichts dagegen nicht unerhebliche Zustellkost...