Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendiger Inhalt einer Massenentlassungsanzeige nach § 17 III KSchG. Konsultationsverfahren § 17 KSchG. Stellungnahme des Betriebsrates zur geplanten Massenentlassung im Rahmen eines Interessenausgleiches
Leitsatz (amtlich)
Die Stellungnahme des Betriebsrates im Rahmen einer geplanten anzeigepflichtigen Massenentlassung kann auch in einem Interessenausgleich abgegeben werden.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt d. Kläg.
3. Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 20.499,00.
Tatbestand
A
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers auf Grund einer betriebsbedingten Kündigung rechtswirksam aufgelöst worden ist oder der Kläger auf Grund eines erfolgten Betriebsübergangs von dem vermeintlichen Übernehmer weiter zu beschäftigen ist.
Der am 18.08.1953 geborene Kläger war ab dem 01.05.2005 bei der C. D. GmbH als System Consultant beschäftigt und erzielte zuletzt ein durchschnittliches Bruttomonatsverdienst in Höhe 6.833,00 Euro. Ferner war der Kläger Mitglied des bei der Firma C. D. GmbH bestehenden Betriebsrates.
Die C. D. GmbH befasste sich mit der Konzeption individueller IT-Lösungen und der Unterstützung gewerblicher Großkunden in allen Projektphasen, von der Auswahl geeigneter Produkte über Planung und Installation bis hin zum Betrieb und Service der Anlagen. In diesem Servicebereich, der ein wesentliches Geschäftsfeld darstellte, waren ca. 80 Mitarbeiter beschäftigt, von denen der weit überwiegende Teil – sogar über mehrere Jahre hinweg – direkt bei den Kunden eingesetzt war.
Über das Vermögen der C. D. GmbH (künftig Insolvenzschuldnerin genannt) wurde am 28.07.2009 ein vorläufiges Insolvenzverfahren eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten bei der Insolvenzschuldnerin neben den im Servicebereich beschäftigten Arbeitnehmern noch rund 170 Mitarbeiter, von denen ein Großteil in der Folgezeit durch Eigenkündigung ausschied. Durch Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 01.10.2009 wurde sodann das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1) zum Insolvenzverwalter bestellt. Am selben Tag zeigte er die Masseunzulänglichkeit des Verfahrens an. Mit Datum vom 08.10.2009 schloss der beklagte Insolvenzverwalter mit dem Betriebsrat der Insolvenzschuldnerin einen Interessenausgleich ohne Namensliste sowie einen Sozialplan ab. Gegenstand des Interessenausgleichs war die vollständige Stilllegung des Geschäftsbetriebs der Insolvenzschuldnerin sowie die betriebsbedingten Kündigungen aller verbliebenen 96 Arbeitnehmer/-innen.
In § 4 des Interessenausgleichs, auf dessen Inhalt auch im Übrigen Bezug genommen wird (Abl. 144 ff), wurde nachfolgende Regelung aufgenommen und von Seiten des Betriebsrats der Insolvenzschuldnerin paraphiert beziehungsweise unterschrieben:
Das Anhörungsverfahren gemäß §§ 102, 103 BetrVG für die Kündigungen wurden gegenüber dem Betriebsrat durch den Insolvenzverwalter mit Übergabe der Anhörungsbögen und der Personalliste am 01.10.2009 eingeleitet und ordnungsgemäß durchgeführt. Dabei wurde auch ausdrücklich erläutert, dass es sich, sofern Beschäftigte in den Schutzbereich des § 96 SGB IX fallen oder es sich um Auszubildende handelt, um außerordentliche Kündigungen mit Auslauffrist unter Einhaltung der jeweils auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung kommenden Kündigungsfrist gemäß § 113 InsO handelt, hilfsweise ordentliche Kündigung unter Einhaltung der genannten Fristen.
Die Personalliste beinhaltet u.a. die Namen aller Beschäftigten nebst der Tätigkeit, Geburtsdatum, Eintrittsdatum, Familienstand laut Lohnsteuerkarte, Kinder laut Lohnsteuerkarte, Kündigungsfrist (vertraglich), vorgesehener Beendigungstermin, Schwerbehinderten-/Gleichgestellteneigenschaft.
Die gemäß § 17 Abs. (2) KSchG erforderlichen Auskünfte wurden dem Betriebsrat am 01.10.2009 von dem Insolvenzverwalter erteilt. Der Betriebsrat sieht abschließend keine Möglichkeiten, die beabsichtigten Entlassungen zu vermeiden. Das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. (2) KSchG ist somit abgeschlossen.
Am selben Tag erfolgte gegenüber der Bundesagentur für Arbeit eine Massenentlassungsanzeige, auf deren Inhalt verwiesen wird (Abl. 130 ff.). In dieser wurde – unter Wiederholung des Erklärungstextes – ausdrücklich Bezug genommen auf die Stellungnahme des Betriebsrats zur beabsichtigten Massenentlassung im Rahmen der oben genannten Interessenausgleichsregelung. Ebenso war der Massenentlassungsanzeige der Interessenausgleich in Kopie beigefügt. Ferner wurde unter Ziff. 5 des Formvordruckes zur Anzeige von Entlassungen (Abl. 135 ff.) ausdrücklich auf die Stellungnahme des Betriebsrats im Interessenausgleich verwiesen. Eine gesonderte Erklärung zur Massenentlassung hat der Betriebsrat der Insolvenzschuldnerin jedoch nicht abgegeben und eine solche wurde folglich auch nicht der Arbeitsverwaltung gesondert vorgelegt.
Nachdem der Beklagte zu 1) bis auf ein kleines Abwicklungsteam sämtliche Mitarbeiter bereits am 01.10.2009 von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt...