Nachgehend
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 99,59 brutto nebst 4 % Zinsen seit 11.01.1997 zu bezahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf DM 99,59 festgesetzt.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin Lohnfortzahlung in Höhe von 100 % und nicht lediglich in Höhe von 80 % zu bezahlen.
Die Klägerin arbeitet bei der Beklagten als Spülerin. Die Beklagte führt ein Restaurant.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten des Hotel- und Gaststättengewerbes in Baden-Württemberg Anwendung.
Die Klägerin meint, § 13 dieses Tarifvertrags regele nur die Dauer der Lohnfortzahlung, die Höhe ergebe sich aus § 9 c des Tarifvertrages. Unbesehen davon hätten die Tarifvertragsparteien aber auch die damals geltende gesetzliche Bestimmung in ihrem Tarifvertrag aufgenommen.
Die Klägerin beantragt:
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 99,59 brutto zuzüglich 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt
Klagabweisung.
Sie ist der Auffassung, in § 13 des Tarifvertrags sei die jeweilige gesetzliche Bestimmung über die Lohnfortzahlung aufgenommen worden.
Im übrigen könnte solches vielleicht in Protokollen niedergelegt sein.
Im übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat Anspruch auf Lohnfortzahlung in Höhe von 100 % mithin in Höhe der der Höhe nach unstreitigen Forderung
Das Gericht schließt sich der Argumentation des Klägervertreters an.
§ 13 des Manteltarifvertrags für das Hotel- und Gaststättengewerbe regelt nur die Dauer der Lohnfortzahlung, die Höhe ist durch Verweisung in § 9 c des Tarifvertrags geregelt.
Eid anderes Ergebnis ergäbe sich aber auch nicht, wenn § 13 als die Höhe der Lohnfortzahlung regelnde Vorschrift auslegbar wäre.
Tarifverträge regeln die arbeitsvertraglichen Bedingungen ihrer Mitglieder. Sie ersetzen Regelungen des Arbeitsvertrages und beschränken u.U. einzelvertragliche Vereinbarungen. Dabei regeln sie im Regelfall die vertraglichen Bedingungen ausdrücklich, d.h. sie nehmen z.B. die Dauer von Kündigungsfristen, Ausschlußfristen wörtlich auf. Nur da, wo die Parteien den Inhalt gesetzlicher Vorschriften in ihren Tarifvertrag aufnehmen wollen, verweisen sie auf gesetzliche Vorschriften. Wäre in § 13 MTV der Wortlaut der bei Abschluß des Tarifvertrags geltenden gesetzlichen Regel wortwörtlich übernommen worden, würden die Parteien sicherlich nicht streiten. Die Bezugnahme auf die gesetzlichen Regelung ist jedoch nichts anderes, als wenn die Parteien die damalige gesetzliche Regelung wortwörtlich in den Tarifvertrag übertragen hätten. Hätten sie die Regelung einem Wandel während der Geltung des Tarifvertrags unterwerfen wollen, hätte sie dies mit den Zusatz „jeweilige gesetzliche Regelung” tun können und auch müssen.
Etwas anderes könnte vielleicht gelten, wenn eine etwaige Gesetzesänderung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags bereits in der Diskussion oder bereits im Gesetzgebungsverfahren gewesen wäre. Hätten dann die Parteien trotz Kenntnis der Absicht, das Gesetz zu ändern global auf den Gesetzeswortlaut verwiesen, könnte dies ggf. anders auszulegen sein. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Weder die Tarifvertragsparteien noch irgendjemand ging zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags von einer Änderung der gesetzlichen Vorschrift zur Lohnfortzahlung aus.
Der Einwand, die Tarifvertragsparteien könnten vielleicht ihre Auffassung über die Auslegung einer Tarifvorschrift in Protokollen niedergelegt haben ist nicht nachzugehen, denn zum einen erscheint der Kammer die streitige Vorschrift eindeutig, zum anderen wäre es an der Beklagten, etwaige Protokolle vorzulegen unbesehen der Frage, welche Wirkung sie hätten, nachdem sie nicht Gegenstand des Tarifvertrags sind.
Es ist daher wie erfolgt zu erkennen
Die Zinsentscheidung folgt aus § 291 BGB. Der Antrag Ziff 1 wurde am 11.1.1997 der Beklagten zugestellt.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, nachdem die Beklagte unterlegen ist.
III.
Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 46 II ArbGG iVm § 3 ZPO auf den Klagbetrag festgesetzt.
IV.
Die Kammer hat, nachdem die Berufungssumme nicht erreicht wurde, die Berufung gemäß § 64 III Nr. 1 ArbGG. Nachdem nunmehr auch der Hotel- und Gaststättenverband sich die Argumentation von bisher einzelnen Arbeitgebern zu eigen macht, ist von einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache auszugehen.
V.
Unterschriften
Dr. Bouwhuis Richterin am Arbeitsgericht
Fundstellen