Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung
Tenor
1. Die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 10.03.1997 in dem Rechtsstreit 3 Ca 2185/96 ArbG Passau wird für den Zeitraum bis einschließlich 31.08.1997 für unzulässig erklärt.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf DM 8.000,00 festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die derzeitige Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem Prozeßvergleich.
In einem zwischen den Parteien – mit umgekehrten Parteirollen – vor dem erkennenden Gericht geführten Kündigungsrechtsstreit (Az.: 3 Ca 2185/96) wurde am 10.03.1997 ein gerichtlicher Vergleich (vgl. Anl. K 1) geschlossen, in dem die Parteien die Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen Gründen zum 31.08.1997, die Freistellung der Beklagten für die restliche Dauer des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung der vertraglich vereinbarten Vergütung sowie deren Befugnis, ihre Arbeitskraft in diesem Zeitraum anderweitig ohne Anrechnung des dabei erzielten Zwischenverdienstes auf die seitens der Klägerin gewährte Vergütung zu verwerten, vereinbarten. Ferner enthält der Vergleich u. a. folgende Regelung:
„3. Die Klägerin erhält für den Verlust des Arbeitsplatzes eine soziale Abfindung gemäß § 3 Nr. 9 EStG §§ 9, 10 KSchG in Höhe von DM 8.000,00 (i. W.: achttausend Deutsche Mark). …”
Die Beklagte hat nach Erteilung der Vollstreckungsklausel und einer mit Schreiben vom 18.04.1997 (Anl. K 4) erfolgten Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs an die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich bezüglich der dort vereinbarten Abfindung angekündigt.
Mit der am 05.05.1997 eingereichten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 10.03.1997. Sie ist der Auffassung, die im Vergleich vereinbarte Abfindung sei erst nach dem Zeitpunkt der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Beklagten am 31.08.1997 zur Zahlung fällig. Das ergebe sich sowohl aus dem Zweck der Abfindung als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes, welcher für die Beklagte erst mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eintrete. Außerdem sei auch nicht ausgeschlossen, daß das derzeit noch fortbestehende Arbeitsverhältnis vor dem 31.08.1997 außerordentlich berechtigt gekündigt werden müsse, falls die Beklagte hierzu Anlaß geben solle; Geschäftsgrundlage für den Vergleichsabschluß sei aber der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.08.1997 gewesen. Wegen der unmittelbar bevorstehenden Vollstreckung aus dem Vergleich bestehe auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die Einstellung der Zwangsvollstreckung. Die Beklagte würde hierdurch keine Nachteile erfahren, weil ihr Lebensunterhalt durch die Fortzahlung der vertragsgemäßen Bezüge bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses sichergestellt sei. Bei einer etwaigen Rückforderung der Abfindung würde dagegen die Gefahr der fehlenden Durchsetzbarkeit eines entsprechenden Rückzahlungsanspruchs im Hinblick auf § 818 III BGB bestehen.
Die Klägerin beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 10.03.1997 des Arbeitsgerichts Passau, Az.: 3 Ca 2185/96, bis einschließlich 31.08.1997 für unzulässig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Abfindung gem. Ziff. 3 des Vergleichs vom 10.03.1997 sei bereits im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses zur Zahlung fällig geworden, da keine ausdrückliche Regelung über die Fälligkeit getroffen worden sei und Umstände i.S.d. § 271 BGB, die für eine spätere Fälligkeit sprechen würden, nicht gegeben seien. Die übrigen Regelungen im Vergleich ließen vielmehr eine Auslegung dahingehend zu, daß sie bei Vergleichsabschluß so gestellt sein solle, wie wenn sie bereits aus dem Betrieb der Klägerin ausgeschieden und das Arbeitsverhältnis auch rechtlich beendet wäre. Durch die Zahlung der Abfindung habe auch ihre Wiedereingliederung in das Arbeitsleben erleichtert werden sollen, um die sie sich im Hinblick auf die vereinbarte Freistellung schon vor dem 31.08.1997 bemühen können solle. Da die im Vergleich festgelegte Zahlungsverpflichtung der Klägerin endgültig und unanfechtbar sei, sei auch kein wirtschaftlicher Nachteil der Klägerin bei einer Zahlung der Abfindung vor dem 31.08.1997 wegen einer gefährdeten Rückzahlung zu besorgen, da ein derartiger Rückzahlungsanspruch tatsächlich und rechtlich nicht denkbar sei. Im übrigen habe die Klägerin nicht Klage gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel gem. § 768 ZPO, sondern Vollstreckungsgegenklage erhoben, indes keine Einwendungen i.S.d. § 767 ZPO vorgebracht. Mit der Einwendung der fehlenden Fälligkeit der Abfindung sei die Klägerin gem. § 767 II ZPO ausgeschlossen.
Durch Beschluß vom 20.05.1997 (Bl. 18/21 d.A.) hat das Gericht die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 10.03.1997 gegen eine Sicherheitsleistung der Klägerin in Höhe vo...