Nachgehend

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 28.05.1996; Aktenzeichen 8 Sa 160/95)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 7.447,24 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit 02.02.95 zu bezahlen.

2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger trägt 2/7, die Beklagte 5/7 der Kosten des Rechtsstreits.

4. Der Streitwert wird auf DM 10.397,39 festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Mehrarbeitsvergütung für den Zeitraum bis Dezember 1994 sowie von Urlaubsgeld für das Jahr 1994.

Der Kläger ist seit September 1985 bei der Beklagten als Mechaniker beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft Verbandsmitgliedschaft die Tarifverträge der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden Anwendung. Das tarifliche Monatsentgelt für den Kläger betrug von März bis Mai 1994 DM 4.534,00, von Juni bis Dezember 1994 DM 4.626,00.

Anfang 1994 befand sich die Beklagte, ein Unternehmen des Maschinenbaus mit damals 181 Beschäftigten, in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. 1992 erwirtschaftete sie bei einem Umsatz von DM 32,7 Mio einen Verlust von DM 3,2 Mio. 1993 bei einem Umsatz von DM 35,2 Mio einen weiteren Verlust von DM 2,1 Mio.

Im Februar 1994 wandte sich die Beklagte an ihre Belegschaft mit der Aufforderung, die Arbeitnehmer sollten zwei von der Beklagten vorgelegten Vereinbarungen vom 16.02.94 unterschreiben. Die erste dieser Vereinbarungen sah eine Ausdehnung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden vor. Diese Vereinbarung war bis zum 31.05.94 befristet. Die Vereinbarung sah weiter eine Möglichkeit zur Verlängerung um jeweils 3 Monate vor, zu der der unterzeichnende Mitarbeiter den Betriebsrat der Beklagten bevollmächtigte. Die zweite Vereinbarung sah vor, daß das tariflich und einzelvertragliche vereinbarte Urlaubsgeld während der Geltungsdauer der Vereinbarung nicht bezahlt wird. Diese Vereinbarung sah eine Geltungsdauer bis zum 31.12.94 vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Inhalts der Vereinbarungen wird auf Abl. 51 ff. verwiesen. Bei Vorlage dieser Vereinbarungen in einer Betriebsversammlung am 16.02.94 teilte die Geschäftsleitung der Beklagten den Mitarbeitern mit, die Erhöhung der Wochenarbeitszeit solle ohne Lohnausgleich erfolgen. Der Geschäftsführer der Beklagten, Herr Eberhard, erklärte auf dieser Betriebsversammlung weiter, wenn der Vorschlag der Beklagten nicht die breite Zustimmung der Belegschaft fände, bleibe dem Unternehmen kein anderer Weg, als zu versuchen, als Kosteneinsparungen dadurch zu realisieren, daß Personal entlassen würde. Demgegenüber wies der dort anwesende Gewerkschaftssekretär Martin ausdrücklich darauf hin, daß derartige individualvertragliche Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wegen Verstoßes gegen das Tarifvertragsgesetz rechtsunwirksam seien. Der Geschäftsführer der Beklagten entgegnete darauf, daß er das wisse und dieses Risiko eingehe.

Der bei der Beklagten gebildete Betriebsrat hatte sich zwar bereits geweigert, über die Ausdehnung der Wochenarbeitszeit und Kürzung der Urlaubsansprüche eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Abgeschlossen wurde jedoch eine Betriebsvereinbarung vom, 16.02.94, nach der eine Rückzahlung der Verdiensteinbußen, die die Mitarbeiter u.a. durch den Verzicht auf Urlaubsgeld und Aufstockung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden erlitten haben, in dem Zeitpunkt erfolgt, in dem der Betrieb sein Minuskapital ausgeglichen hat. Nach diesem Zeitpunkt sollen danach max. 50 % des Gewinns vor Steuern eines Geschäftsjahres zur Rückzahlung der Verdiensteinbußen ausbezahlt werden, wobei die Auszahlung max. auf den doppelten Betrag des verzichteten Urlaubsgeldes begrenzt ist. Nach der Betriebsvereinbarung ist die Rückzahlung auf diejenigen Mitarbeiter beschränkt, die noch im Zeitpunkt der Ausschüttung bei der Firma tätig sind. Lediglich für Auszubildende, die nicht übernommen werden sowie für Mitarbeiter, die aufgrund Rentenbezugs oder nach der Mutterschutzzeit ausscheiden, ist die Zahlung eines Pauschalbetrages vorgesehen.

Der Kläger unterschrieb noch im Februar 1994 die Vereinbarungen vom 16.02.94 und arbeitete ab März 1994 gem. den Vorgaben der Beklagten im Rahmen der 40 Stundenwoche. In der Folgezeit wurde die Vereinbarung zur Verlängerung der Wochenarbeitszeit durch eine Vereinbarung der Beklagten mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat jeweils um ein viertel Jahr bis zum 31.12.94 verlängert. Über die tarifvertraglich vorgesehene Arbeitszeit hinaus leistete der Kläger im März 1994 18,4 Arbeitsstunden, im April 1994 16,8 Arbeitsstunden, im Mai und Juni 1994 jeweils 17,6 Arbeitsstunden, im Juli 1994 16,8 Arbeitsstunden, im August 1994 18,4 Arbeitsstunden sowie im September 1994 17,6 Arbeitsstunden, im Oktober 1994 16,8 Arbeitsstunden sowie im November und Dezember 1994 jeweils 17,6 Arbeitsstunden.

Durch den Vollzug der Vereinbarungen erzielte die Beklagte im Jahr 1994 Einsparungen im Umfang von ca. DM 1,5 Mio. Das Jahr 1994 schloß sie mit einem po...

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