Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.820,– Euro brutto sowie 2.839,36 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

  • 2.205,– EUR brutto sowie 709,84 EUR netto seit 01.10.2002
  • 2.205,– EUR brutto sowie 709,84 EUR netto seit 01.11.2002
  • 2.205,– EUR brutto sowie 709,84 EUR netto seit 01.12.2002
  • 2.205,– EUR brutto sowie 709,84 EUR netto seit 01.01.2003

zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 11.659,36 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin aus einem Altersteilzeitvertrag.

Die Klägerin ist seit 01.09.1962 im Unternehmen als Sachbearbeiterin tätig. Am 20.08.2001 vereinbarten die Parteien einen Altersteilzeitvertrag im Blockmodell (Blatt 9 bis 12 d.A.). Hiernach wird das Arbeitsverhältnis ab 01.09.2001 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt. Die Arbeitszeit beträgt die Hälfte der bisherigen Arbeitszeit und wird verteilt auf eine Arbeitsphase mit voller Leistung (Zeitraum 01.09.2001 bis 31.12.2003) und eine Freistellungsphase (Zeitraum 01.01.2004 bis 30.04.2006). Über das Vermögen der Beklagten wurde mit Wirkung zum 01.09.2002 das Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung angeordnet. … wurde zum Sachwalter bestellt. Der Klägerin wurde mit Schreiben vom 02.09.2002 (Blatt 13 d.A.) mitgeteilt, ihre Ansprüche aus dem von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt bleibenden Altersteilzeitvertrag könnten aus liquiditäts- und insolvenzrechtlichen Gründen nicht befriedigt werden. Sie wurde aufgefordert, beim Arbeitsamt Arbeitslosengeld zu beantragen. Ungeachtet dessen erbrachte die Klägerin über den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung hinaus ihre Arbeitsleistung und arbeitet auch derzeit noch unverändert weiter. Sie erhielt ab September 2002 weder das Bruttogehalt in Höhe von monatlich 2.205,00 Euro, noch den Aufstockungsbetrag in Höhe von monatlich 709,84 Euro.

Die Klägerin äußert in ihrer am 17.10.2002 bei Gericht eingegangenen Klage sowie in der am 29.01.2003 eingegangenen Klageerweiterung die Auffassung, sowohl die monatliche Bruttovergütung als auch der Aufstockungsbetrag seien trotz der Insolvenzeröffnung an sie auszuzahlen. Es handle sich nicht um einfache Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO, sondern um Massenverbindlichkeiten nach § 55 InsO.

Für die Monate September 2002 bis Dezember 2002 stellt die Klägerin folgenden Antrag:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.820,– EUR brutto sowie 2.839,36 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus

  • 2.205,– EUR brutto sowie 709,84 EUR netto seit 01.10.2002
  • 2.205,– EUR brutto sowie 709,84 EUR netto seit 01.11.2002
  • 2.205,– EUR brutto sowie 709,84 EUR netto seit 01.12.2002
  • 2.205,– EUR brutto sowie 709,84 EUR netto seit 01.01.2003

zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist auf die Freistellung mit Schreiben vom 02.09.2002 und vertritt die Auffassung, die Forderungen der Klägerin seien einfache Insolvenzforderungen nach § 38 InsO. Die Klägerin könne diese gemäß § 87 InsO nur nach den maßgeblichen Vorschriften der Insolvenzordnung verfolgen, d.h., sie müsse sie gemäß den §§ 174 ff InsO zur Tabelle anmelden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschriften verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 8.820,00 EUR brutto sowie weiteren 2.839,36 EUR netto nebst den im Tenor genannten Zinsen.

Im Einzelnen gilt folgendes:

I.

Die Klage ist zulässig.

Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG. Das Arbeitsgericht Würzburg ist gemäß §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 17 ZPO örtlich zuständig.

II.

Die Klage ist begründet.

1. Die Beklagte ist trotz der Insolvenzeröffnung passiv legitimiert, da die Eigenverwaltung gemäß §§ 270 ff InsO angeordnet wurde. Zu Recht hat deshalb die Klägerin die Berichtigung des Passivrubrums beantragt.

2. Die Klägerin hat trotz der Insolvenzeröffnung sowohl einen Anspruch auf Zahlung der jeweiligen Bruttomonatsvergütung in Höhe von 2.205,00 EUR als auch auf Zahlung des monatlichen Aufstockungsbetrages (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 a ATG) in Höhe von 709,84 EUR netto. Es handelt sich jeweils nicht um einfache Insolvenzforderungen nach § 38 InsO, sondern um Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 2. Alternative InsO.

a.) Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat auf den Fortbestand des Altersteilzeitvertrages keinen Einfluss. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO bestehen Dienstverhältnisse des Schuldners mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Dies gilt auch für Altersteilzeitbeschäftigungsverhältnisse. Der Bestand des Altersteilzeitverhältnisses wird durch die Verfahrenseröffnung nicht tangiert (LAG Niedersachsen, Urteil vom 11.09.2001 – 13 Sa 635/01.

b.) Der Altersteilzeitvertrag stellt einen gegenseitigen Vertrag im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge