Rz. 1
§ 11 BUrlG regelt die Berechnung und die Fälligkeit des während des Erholungsurlaubes fortzuzahlenden Arbeitsentgelts, bezeichnet als Urlaubsentgelt. Das Urlaubsentgelt hat nichts zu tun mit einem zusätzlichen Urlaubsgeld. § 11 BUrlG betrifft nur die Berechnung des Urlaubsentgelts.
Rz. 2
§ 11 BUrlG steht in engem Zusammenhang mit § 1 BUrlG.
Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Das Bundesurlaubsgesetz begründet damit nicht nur einen Freistellungsanspruch, sondern auch einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Bezahlung. Das Gesetz verlangt, dass die Zeit der Freistellung von der Arbeitspflicht "bezahlt" sein muss. § 1 BUrlG entspricht insoweit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG, der den Anspruch auf Freistellung und denjenigen auf Zahlung des Urlaubsentgelts als zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs behandelt. Während § 1 BUrlG allgemein regelt, dass jeder Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub hat, stellt § 11 Abs. 1 BUrlG die Regeln auf, wie sich die zu zahlende Vergütung berechnet. Die Verpflichtung, für jeden anfallenden Urlaubstag die Vergütung fortzuzahlen, ergibt sich bereits aus § 1 BUrlG durch die Verwendung des Ausdrucks "bezahlter Erholungsurlaub". Daher regelt § 11 Abs. 1 BUrlG nicht, für welche Urlaubstage die Vergütung fortzuzahlen ist, sondern nur, wie sich die fortzuzahlende Vergütung konkret berechnet. Auch ist § 11 Abs. 1 BUrlG selbst nicht Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Vergütungsfortzahlung während des Erholungsurlaubs. Nach § 1 BUrlG haben die Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Der Anspruch ergibt sich unmittelbar aus § 1 BUrlG; eines Rückgriffs auf § 611a BGB bedarf es nicht. Lediglich die Höhe des während des Erholungsurlaubs zu zahlenden Entgelts wird durch die besonderen Berechnungsregeln des § 11 Abs. 1 BUrlG modifiziert.
Rz. 3
Der Anspruch auf Urlaubsentgelt entsteht mit der Urlaubserteilung durch den Arbeitgeber. Darüber hinaus enthält § 11 Abs. 2 BUrlG auch eine besondere Fälligkeitsregelung, die den allgemeinen Fälligkeitsregelungen des § 614 BGB vorgeht – in der Praxis aber fast immer missachtet wird.
Rz. 4
§ 11 Abs. 1 BUrlG und das darin enthaltene Berechnungsprinzip gilt dem Grunde nach seit Inkrafttreten des Bundesurlaubsgesetzes im Jahr 1963. Die Anwendung auf die sich immer weiter verändernden Gestaltungen der Lage der Arbeitszeit wie vollkontinuierliche Schichtarbeit, Teilzeitarbeit, insbesondere der Wechsel zwischen verschiedenen Teilzeitmodellen oder Vollzeit- und Teilzeitarbeit stellt die Rechtspraxis vor immer neue Herausforderungen.
Rz. 5
§ 11 Abs. 1 BUrlG ist unionsrechtskonform auszulegen. Der EuGH versteht Erholungsurlaub und Zahlung des Urlaubsentgelts als gemeinsamen Bestandteil des Anspruchs auf Urlaub, während die §§ 1, 11 BUrlG nach bisherigem Konzept die Arbeitsbefreiung bei Fortzahlung des geschuldeten Entgelts vorsehen.
Für die Praxis dürfte das an dieser Stelle ohne Bedeutung sein, weil auch nach dem deutschen Bundesurlaubsgesetz sichergestellt ist, dass der sich in Erholungsurlaub befindliche Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Fortzahlung der – gegebenenfalls modifizierten – Vergütung hat. Zudem setzt auch nach dem Verständnis des BAG die wirksame Erteilung von Urlaub die vorbehaltlose Bereitschaft zur Fortzahlung der Vergütung voraus. Damit genügt § 11 Abs. 1 BUrlG auch den europarechtlichen Vorgaben, die sich aus Art. 31 Abs. 2 GRC bzw. Art. 7 Abs. 1 Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG ergeben. In seiner jüngeren Rechtsprechung erwähnt das BAG auch nicht mehr, der Urlaub sei bezahlte Freistellung, sondern nennt als Anspruchsgrundlage nur noch §§ 1 und 3 BUrlG.
Rz. 6
§ 11 BUrlG regelt nur den Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts, nicht den Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld. Rechtsgrundlage hierfür sind nur Arbeitsvertrag, Tarifvertrag und den engen Ausnahmen unter Berücksichtigung des § 77 Abs. 3 BetrVG auch eine Betriebsvereinbarung (s. dazu unten Rz. 128).