Leitsatz
Der Ersteigerer einer Eigentumswohnung haftet für die Beitragsrückstände seines Vorgängers auch dann nicht, wenn der nach dem Eigentumserwerb gefasste Beschluss über die sie einbeziehende Jahresabrechnung bestandskräftig geworden ist.
Fakten:
Der jetzige Eigentümer erwarb im Wege der Zwangsversteigerung eine Eigentumswohnung. Die für das Jahr vor dem Erwerbszeitpunkt nach dem Wirtschaftsplan geschuldeten Beitragsvorschüsse hatte der Voreigentümer nicht bezahlt. In einer Eigentümerversammlung, zu der der neue Wohnungseigentümer in Unkenntnis der ladenden Verwalterin über den Eigentumsübergang nicht geladen worden war, genehmigten die übrigen Wohnungseigentümer die Jahresabrechnung einschließlich der Einzelabrechnungen. Die die Einheit des neuen Wohnungseigentümers betreffende Einzelabrechnung wies dabei einen Schuldsaldo hinsichtlich der Beitragsvorschüsse für das letzte Wirtschaftsjahr aus. Der Beschluss erwuchs mangels Anfechtung in Bestandskraft, der neue Eigentümer will gleichwohl die rückständigen Beiträge nicht bezahlen.
Um es vorweg zu nehmen: Bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine grundlegende und willkommene Klarstellung zur Erwerberhaftung für Beitragsrückstände des Voreigentümers. Denn das Problem war vorliegend nicht, dass besagter Erwerber zur Eigentümerversammlung nicht geladen wurde. Die Nichteinladung einzelner Wohnungseigentümer führt regelmäßig nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse, nicht aber zu deren Nichtigkeit.
Problem war hier vielmehr zwischen den unterschiedlichen Rechtsauffassungen der deutschen Obergerichte zur Auslegung von § 28 WEG zu entscheiden und in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit der Anfechtung des Beschlusses über die Jahresabrechnung zu klären. Das Kammergericht in Berlin ist nämlich der Auffassung, die Kompetenz der Eigentümergemeinschaft zur Festlegung der Beitragsleistungen beschränke sich auf die unumgängliche Festlegung der so genannten Abrechnungsspitze bzw. des Abrechnungsguthabens. Eine kumulative Haftung des Erwerbers neben dem Voreigentümer auch für dessen Beitragsrückstände bestehe selbst dann nicht, wenn der nach Eintritt des Erwerbers in die Eigentümergemeinschaft ergangenen Beschluss bestandskräftig werde. Demgegenüber vertreten die Oberlandesgerichte Stuttgart, Düsseldorf, Köln und das Bayerische Oberste Landesgericht die Auffassung, im Falle eines Eigentümerwechsels könne zwar durch eine Jahresabrechnung eine Zahlungspflicht des Erwerbers nicht wirksam begründet werden, eine Zahlungspflicht ergebe sich aber wohl dann, wenn der Beschluss über die Jahresabrechnung mangels Anfechtung bestandskräftig werde.
Die Auffassungen der Obergerichte stimmen noch insoweit überein, dass jedenfalls durch die Jahresabrechnung selbst eine Zahlungspflicht des Erwerbers nicht wirksam begründet werden kann. Entscheidungserheblich war demnach, welche Wirkung dem Beschluss über die Jahresrechnung zukommt und welche Auswirkungen eine unterlassene Beschlussanfechtung hat. Der BGH jedenfalls ist der Meinung, dass eine unterlassene Beschlussanfechtung grundsätzlich unschädlich ist, was letztlich in der Natur des Beschlusses über die Jahresabrechnung begründet ist.
Dabei ist grundsätzlich zu beachten, dass die Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Zahlung von Beitragsvorschüssen erst durch entsprechenden Beschluss über den Wirtschaftsplan entsteht. In der Jahresabrechnung werden dann die im Geschäftsjahr erzielten Einnahmen und geleisteten Ausgaben gegenübergestellt und in der Einzelabrechnung nach geltendem Schlüssel auf die Eigentümer verteilt. Die Genehmigung dieser Jahresabrechnung durch Beschluss hat jedoch nach Auffassung des BGH hinsichtlich etwaiger Zahlungsrückstände aus dem Wirtschaftsplan nur eine diesen Plan bestätigende und verstärkende Wirkung. Eine Aufhebung des Beschlusses über den Wirtschaftsplan und eine vollständige Ersetzung durch den Beschluss über die Jahresabrechnung ist damit also nicht verbunden.
Die beschlossene Jahresabrechnung bewirkt also nicht eine Ersetzung des Beitragsschuldners für den beschlossenen Zeitraum dergestalt, dass der Rechtsvorgänger mangels weiterer Zugehörigkeit zur Gemeinschaft aus seiner Schuld entlassen würde und nunmehr an dessen Statt der Erwerber tritt. In bezug auf die Beitragsrückstände des ausgeschiedenen Wohnungseigentümers widerspräche dies auch dem erkennbaren Interesse der Eigentümergemeinschaft. Eine derartige Wirkung des Beschlusses über die Jahresabrechnung liefe letztlich auch auf eine schuldbefreiende übernahme der Altschulden des Veräußerers durch den Erwerber hinaus. Eine so genannte privative Schuldübernahme kann aber nur durch individuelles Rechtsgeschäft, nicht aber durch "organschaftlichen" Gesamtakt begründet werden, da es hierfür bereits an einer Rechtsgrundlage mangelt. Eine Erwerberhaftung kann nur durch Vereinbarung, nicht aber durch Mehrheitsbeschluss begründet werden. Eine Erwerberhaftung ergibt sich auch nicht aus dem - gemäß § 10 Abs. 3 WEG auch gegen ihn wir...