Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 5 Abs. 2 WEG, § 22 WEG, § 1004 BGB
Kommentar
1. Die Dächer von Reihenhäusern in der Rechtsform des Wohnungseigentums (atypischen Wohnungseigentums) gehören zwingend zum Gemeinschaftseigentum (gem. § 5 Abs. 2 WEG).
2. Das Aufstellen von breitflächigen Sonnenkollektoren (zur Erzeugung von Warmwasser) mit einem Neigungswinkel von 45 Grad auf dem Flachdach eines Reihenhaus-Eigentums stellt eine bauliche Veränderung dar, die hier der Zustimmung aller Eigentümer bedurft hätte ( § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG); dies kann keinem Zweifel unterliegen, nachdem bereits das Anbringen einer Parabolantenne an der Außenseite eines Gebäudes als bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG angesehen wird (BayObLGZ 1998, 173, 175).
Ein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil kann auch in einer nicht ganz unerheblichen nachteiligen Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage liegen; ob dies der Fall ist, obliegt in erster Linie der Beurteilung durch den Tatrichter (hier vom LG bejaht). Diese ohne Rechtsfehler getroffenen Feststellungen sind grundsätzlich für das Rechtsbeschwerdegericht bindend.
Die von den Beteiligten vorgelegten Lichtbilder waren für die Entscheidung des LG eine ausreichende Grundlage; nach Sachlage bestand deshalb auch keine Veranlassung, Augenschein zu nehmen.
3. Der Anspruch auf Beseitigung der eigenmächtig aufgestellten Sonnenkollektoren entfällt hier grundsätzlich auch nicht deshalb, weil es sich bei solchen Kollektoren um ein umweltfreundliches Mittel zur Gewinnung von Energie handelt. Auch ein solcher Zweck rechtfertigt nicht jedes Mittel. Jedenfalls in einem Fall wie hier hat der Schutz der optisch beeinträchtigten Mitbewohner Vorrang vor der Gewinnung einer letztlich nur geringen Menge Energie.
4. Die Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs ist vorliegend auch nicht rechtsmissbräuchlich. Bei der Frage einer Unverhältnismäßigkeit anstehender Beseitigungs-Aufwendungen sind im Rahmen einer Zumutbarkeitsprüfung alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Vorliegend wurde es vom LG als zumutbar angesehen, die Sonnenkollektoren, deren Aufstellung ca. DM 11.000,- gekostet hatte, wieder zu beseitigen, oder zumindest so anzubringen, dass eine mehr als nur ganz geringfügige Sichtbeeinträchtigung nicht mehr gegeben sei.
Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert dieser Instanz von DM 5.000,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 30.03.2000, 2Z BR 2/00)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer