Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 13 WEG, § 14 WEG, § 15 WEG, § 1004 BGB
Kommentar
1. Zwei Doppelhaushälften mit Gartensondernutzungsrechten wurden durch einen ca. 30 m langen und 3 m breiten Zufahrtsweg von der öffentlichen Straße her erschlossen. Dort spielten gelegentlich die beiden jetzt 8 bzw. 4 Jahre alten Töchter der Antragsgegner. Die antragstellenden Nachbarn forderten unter Berufung auf die Zweckbestimmung des Zufahrtsweges, dieses gelegentliche Kinderspiel auf der Zufahrt zu unterbinden.
In allen drei Instanzen wurde der Unterlassungsantrag zurückgewiesen.
2. Das gelegentliche Kinderspiel fällt hier unter das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß einer solchen Nutzung und stellt damit keinen abzuwehrenden Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG dar; vielmehr ist umgekehrt von einer Duldungspflicht der Antragstellerseite nach § 14 Nr. 3 WEG auszugehen, welche einen Unterlassungsanspruch gem. § 1004 Abs. 2 BGB ausschließt.
Auch wenn der Zufahrtsweg gleichermaßen den Beteiligten "zur gemeinschaftlichen Sondernutzung" zugewiesen wurde, bedeutet dies hier bei zwei Eigentümerseiten allein gleichberechtigten Mitgebrauch. Im Übrigen ist es bereits zweifelhaft, ob die bloße Benennung des Zufahrtsweges eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinne einer besonderen Benutzungsregelung enthält oder nicht eher als eine bloße Beschreibung dieser Grundstücksfläche aufzufassen ist, die nach öffentlichem und privatem Recht nicht anders genutzt werden kann denn als Zugang zu den rückwärtig gelegenen Doppelhaushälften. Selbst wenn jedoch von einer vereinbarten Zweckbestimmung auszugehen wäre, ist ihr Inhalt im Zweifel nach der Natur der Sache zu bestimmen; zumindest in dem Maße, wie eine öffentliche Straße auch das gelegentliche Kinderspiel erlaubt, muss dies bei einer Privatstraße der Fall sein, insbesondere dann, wenn diese nur von zwei Familien benutzt wird. Hier haben die Bewohner sowohl auf Erwachsene wie auch auf Kinder Rücksicht zu nehmen. Selbst eine Zweckbestimmung als Zufahrt schließt deshalb einen weitergehenden Mitgebrauch zu dortigem gelegentlichen Kinderspiel nicht aus. In diesem Sinne ist sogar die Benutzung eines "Garagenhofs" zumindest als Spielplatz für kleinere Kinder vom BayObLG für zulässig erachtet worden (BayObLG, WE 91, 27 = WM 89, 653).
Die antragstellerseits zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 27. 11. 1985 (DWE 86, 64 = WE 86, 135) betraf einen anderen Sachverhalt; dort ging es um eine "Rasenfläche", die nach Gemeinschaftsordnung "schonend und pfleglich" zu behandeln war und beschlussgemäß Ballspiele einschränkte. Vorliegend sind auf der befestigten Zuwegung und Grundstückszufahrt Beschädigungen ausgeschlossen (kritisch zur Düsseldorfer Entscheidung bereits Bielefeld, Der Wohnungseigentümer, 5. Aufl., Seite 153).
Die Duldung gelegentlichen Kinderspiels bedeutet nicht gleichzeitig eine Benutzung dieser Zufahrt als Kinderspielplatz, gestattet also nicht eine längerfristige Behinderung des Zugangs.
Auch der Gesichtspunkt, die Kinder könnten auch auf der Straße oder auf der hinteren Gartensondernutzungsfläche spielen, führt ebenfalls nicht rechtlich zwingend zu der erstrebten Einschränkung des Mitgebrauchs der Zufahrt.
3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung der in allen drei Instanzen unterlegenen Antragstellerseite im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert von DM 5.000,-.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 29.04.1998, 24 W 1107/98)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer