Entscheidungsstichwort (Thema)
Kinderspiel auf gemeinschaftlicher Zufahrt. Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
Aus der Zweckbestimmung eines gemeinschaftlichen Zufahrtsweges kann nicht zwingend hergeleitet werden, daß Kindern der Wohnungseigentümer das gelegentliche Spiel auf der Zufahrt generell zu verbieten ist.
Normenkette
WEG § 15 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 262/97) |
AG Berlin-Neukölln (Aktenzeichen 70 II 43/97) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller haben die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen und den Antragsgegnern deren notwendige außergerichtliche Kosten dritter Instanz zu erstatten.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller (Ehepaar) und die Antragsgegner (Ehepaar) haben mit notariellem Teilungsvertrag vom 19. Dezember 1989 die Wohnungseigentumsanlage gebildet, die aus zwei Doppelhaushälften auf einem hintenliegenden Grundstück besteht, das über einen ca. 30 m langen und 3 m breiten Zufahrtsweg von der öffentlichen Straße her erschlossen ist. Seit 1996 ist die Grundstücksausfahrt an der Straße mit einem ferngesteuerten Tor verschlossen. Die beiden jetzt acht bezw. vier Jahre alten Töchter der Antragsgegner spielen gelegentlich auf dem Zufahrtsweg. Sie sind mehrfach auf den angrenzenden Zaun und einmal auf das ferngesteuerte Tor gestiegen. Unter Berufung auf die Zweckbestimmung des Zufahrtsweges verlangen die Antragsteiler von den Antragsgegnern, das Kinderspiel auf der Zufahrt zu unterbinden. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde am 16. Januar 1998 (nicht: 1997) zurückgewiesen. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist erfolglos.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Insbesondere ist die nach § 45 Abs. 1 WEG erforderliche Beschwer erreicht. Das Rechtsmittel ist jedoch sachlich nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den die sofortige weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 Abs. 1 FGG), weist der angefochtene Beschluß nicht auf.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Antragsteller könnten von den Antragsgegnern nicht verlangen, daß diese das Kinderspiel auf der Zufahrt verhindern. Sie Antragsteller müßten das Kinderspiel vielmehr nach § 1004 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 14 Nr. 1, 15 WEG dulden, weil ihnen kein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil erwachse, wenn die Töchter gelegentlich auf der Zufahrt spielten. Es entspreche der im Rahmen eines geordneten Zusammenlebens in der Gemeinschaft gebotenen Rücksichtnahme, spielende Kinder anderer Wohnungseigentümer auf Gemeinschaftsflächen zu dulden, den durch das Kinderspiel verursachten Lärm innerhalb der sozial üblichen Grenzen hinzunehmen und bei der Benutzung von Kraftfahrzeugen oder des ferngesteuerten Tores auf spielende Kinder Rücksicht zu nehmen. Es widerspreche auch der im Teilungsvertrag festgelegten Zweckbestimmung des Zufahrtsweges nicht, wenn dort gelegentlich Kinder spielen, solange dort nicht Spielgerät aufgestellt werde, was nicht einmal behauptet werde.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Rechtsfehlerfrei verneint das Landgericht einen Unterlassungsanspruch der Antragsteller gegen die nach § 14 Nr. 2 WEG auch für das Verhalten ihrer Töchter verantwortlichen Antragsgegner aus § 15 Abs. 3 WEG i.V.m. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Gemäß § 13 Abs. 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe der §§ 14 und 15 berechtigt. Rechtlich einwandfrei führt das Landgericht aus, daß das gelegentliche Kinderspiel unter das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß der Nutzung fällt und damit ein abzuwehrender Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG nicht angenommen werden kann, vielmehr umgekehrt eine Duldungspflicht der Antragsteller nach § 14 Nr. 3 WEG besteht, die den Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 2 BGB ausschließt.
b) Ohne Rechtsirrtum ist auch ein Unterlassungsanspruch der Antragsteller aus der Zweckbestimmung der Zufahrt abgelehnt worden. Das Vorliegen einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer, die die Benutzung des Zufahrtswegs auf das unbedingt notwendige Maß einschränkt, nämlich das Erreichen der Doppelhaushälften von der Straße zu Fuß oder mit einem Fahrzeug, hat der angefochtene Beschluß rechtsfehlerfrei verneint. Allerdings kann einer Zweckbestimmung desSondereigentums in der Teilungserklärung vielfach eine Gebrauchsregelung entnommen werden (vgl. Palandt/Bassenge, BGB 56. Aufl., WEG § 15 Rn. 12). In diesem Sinne begründet dementsprechend auch die Zuordnung der beiden Gartenhälften in dem Teilungsvertrag an die Antragsteller bezw. die Antragsgegner zur jeweils „alleinigen Sondernutzung” ausschließliche Gebrauchsrechte an den betreffenden Gartenflächen.
c) Auch wenn der Zufahrtsweg gleichermaßen den Beteiligten „zur gemeinschaftlichen Sondernutz...