Leitsatz
Nicht miteinander verheiratete Eltern eines im März 2002 geborenen Kindes stritten sich nach Abgabe einer Sorgeerklärung um das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht der Gesundheitsfürsorge. Es ging primär um die Frage, welche Voraussetzungen für die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Übertragung der Alleinsorge erfüllt sein müssen.
Sachverhalt
Die Eltern eines im März 2002 geborenen Kindes hatten ca. 8 Jahre nicht verheiratet zusammen gelebt. Sie trennten sich im Frühjahr 2006. Die Kindesmutter verließ die gemeinsame Wohnung und ließ das Kind bei dem Vater zurück. Ihr Aufenthalt war zunächst nicht bekannt. Ca. Mitte Mai kehrte sie für kurze Zeit zurück und gab gemeinsam mit dem Kindesvater eine Sorgeerklärung vor dem Jugendamt ab. Kurz darauf verlangte sie die Herausgabe des Kindes. Dies nahm der Kindesvater zum Anlass, zunächst die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und später des Sorgerechts insgesamt auf sich allein zu beantragen. Zeitgleich leitete er ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ein. In diesem Verfahren stimmte die Kindesmutter dem gestellten Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Vater zu. Es erging sodann eine entsprechende einstweilige Anordnung.
Im Hauptsacheverfahren ist die Kindesmutter dem Antrag des Vaters zunächst entgegengetreten und hat ihrerseits das Sorgerecht für sich allein beansprucht.
Anlässlich der Anhörung der Parteien durch das Gericht verständigten sich die Eltern darauf, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht der Gesundheitsfürsorge dem Kindesvater alleine zustehen sollten. Im Übrigen sollte es bei der gemeinsamen Sorge verbleiben. Außerdem wurde zwischen den Eltern eine Einigung zum Umgangsrecht der Mutter erzielt. Entsprechend der Einigung der Parteien wurde durch Beschluss das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht der Gesundheitsfürsorge auf den Vater allein übertragen. Hiergegen legte die Kindesmutter Beschwerde ein und machte geltend, die vor dem FamG getroffene Einigung hinsichtlich der elterlichen Sorge entspreche nicht dem Wohl des Kindes.
Ihr Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das OLG hielt die Beschwerde der Kindesmutter für unzulässig, da sie nicht innerhalb der Beschwerdefrist beim zuständigen OLG eingelegt worden sei. Der Wiedereinsetzungsantrag sei daher ohne Erfolg.
Auch in der Sache hielt das OLG die Beschwerde für nicht begründet. Das AG habe zu Recht durch den angefochtenen Beschluss das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht der Gesundheitsfürsorge auf den Vater allein übertragen.
Die Mutter habe der vom FamG getroffenen Regelung zugestimmt, so dass dem Antrag des Vaters gemäß § 1671 Abs. 1 Nr. 1 BGB stattzugeben gewesen sei, zumal keine Umstände vorgelegen hätten, die auf eine Kindeswohlgefährdung hindeuteten (§ 1671 Abs. 3 BGB).
Mit ihrem Vortrag in der Beschwerdebegründung habe die Kindesmutter ihre Zustimmung widerrufen. Die Frage, wem die elterliche Sorge zu übertragen sei, sei daher erneut zu prüfen, und zwar gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Danach hänge die Entscheidung von einer doppelten Kindeswohlprüfung ab. Es müsse zum einen zu erwarten sein, dass die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl am Besten entspreche und es müsse ferner zu erwarten sein, dass die Übertragung der Alleinsorge gerade auf den antragstellenden Elternteil die beste Lösung für das Kind darstelle.
Das OLG wies in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass kein Regel-Ausnahme-Verhältnis in dem Sinne bestehe, dass eine Priorität zugunsten der gemeinsamen elterlichen Sorge vorgegeben sei und die Alleinsorge eines Elternteils nur in Ausnahmefällen als ultima ratio in Betracht komme (BGH FamRZ 1999, 1646).
Ebenso wenig bestehe eine gesetzliche Vermutung dafür, dass die gemeinsame elterliche Sorge im Zweifel die für das Kind beste Form der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung sei. Das Fortführen einer gemeinsamen Sorge setze vielmehr voraus, dass durch ein Mindestmaß an Verständigungs- und Kooperationsbereitschaft der Eltern eine ausreichende gemeinsame Basis für Absprachen und Regelungen verblieben sei.
Diese Voraussetzungen lagen nach Auffassung des OLG hier nicht vor. Dass hinsichtlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben war, ergebe sich bereits daraus, dass eine Einigkeit der Eltern insoweit nicht mehr bestand. Die Kindesmutter habe die Übertragung der Alleinsorge auf sich beantragt und erstrebe damit auch den Aufenthaltswechsel des Kindes an ihren derzeitigen Wohnort in der Schweiz. Auch hinsichtlich der Gesundheitsfürsorge sei die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge angezeigt. Das Kind habe bis vor kurzem an einem Herzfehler gelitten, der Ende 2006 habe operativ versorgt werden müssen. Von daher könne davon ausgegangen sein, dass noch eine erhebliche medizinische Nachbetreuung erforderlich sei.
Aus der Sicht des OLG konnten die Teilbereiche der elterlichen Sorge nur auf den Vater übertragen werden. D...