1 Leitsatz
Ein Verwalter, der dem Konto der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eigenmächtig Zahlungen entnimmt, kann gegen einen Rückforderungsanspruch der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht aufrechnen.
2 Normenkette
§ 26 Abs. 3 WEG; § 393 BGB
3 Das Problem
Verwalter B wird nach einer Abmahnung im April 2022 wegen Pflichtverletzungen im August 2022 abberufen. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K kündigt außerdem den Verwaltervertrag des B aus einem wichtigen Grund. Am 30.8.2022, also nach seiner Abberufung, entnimmt B dem Gemeinschaftskonto für die nächsten 6 Monate 26.354,45 EUR (aufgrund des Verwaltervertrags ist er berechtigt, seine Grundvergütung jeweils zum ersten des Monats vom Gemeinschaftskonto zu entnehmen). Dieses Geld verlangt K zurück. B rechnet mit seinen behaupteten Vergütungsansprüchen auf. Hilfsweise erhebt er wegen dieser Ansprüche die Widerklage.
4 Die Entscheidung
Die Klage der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat Erfolg! B habe durch die eigenmächtige Entnahme der ihm nach seinem Dafürhalten zustehenden Vergütung den Tatbestand der Untreue erfüllt. Denn B habe die ihm aufgrund der Verwalterbestellung eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der K zu verfügen, und zugleich die ihm obliegende Pflicht, die Vermögensinteressen der K wahrzunehmen, missbraucht. Hierdurch sei K ein Schaden in Höhe von 26.345,45 EUR entstanden. B sei im August 2022 nicht berechtigt gewesen, zukünftige, noch nicht fällige Vergütungsansprüche zu vereinnahmen. Ob B diese Ansprüche gegen K zustünden, sei unerheblich: Gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung sei eine Aufrechnung unzulässig (§ 393 BGB). Die Hilfswiderklage sei unbegründet. B habe den behaupteten Vergütungsanspruch in Höhe von 26.345,45 EUR nicht substanziiert dargelegt. Allein die Behauptung, ihm stehe ein Anspruch in Höhe von exakt dem Betrag zu, den K verlange, genüge ebenso wenig wie die Darlegung, es handele sich um 70 % des ihm zustehenden Honorars. Es fehlten auch jegliche Ausführungen des B zur Höhe der in Abzug zu bringenden ersparten Aufwendungen, wie auch der nicht ersparten Aufwendungen für Mietzahlungen und Personalkosten. Auf die Frage, ob die Klägerin zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt gewesen sei, komme es infolgedessen nicht mehr an.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall streiten die Parteien im Kern um die dem Verwalter grundsätzlich für weitere 6 Monate nach der Abberufung zustehende Vertragsvergütung. Auf diese hat der Verwalter keinen Anspruch, wenn der Verwaltervertrag zu Recht aus wichtigem Grund gekündigt worden ist. Diese Frage wird im Fall nicht geklärt. Denn der Verwalter hat nach Ansicht des AG selbst dann, wenn die Kündigung nicht berechtigt war, keinen Anspruch auf die volle Vergütung.
Abberufung und Vergütung
Der Vergütungsanspruch des Verwalters geht mit seiner Abberufung nicht unter. Wird der Amtsinhaber abberufen, wird aber der Verwaltervertrag (noch) nicht gekündigt und endet der Verwaltervertrag auch nicht automatisch mit der Abberufung, behält der ehemalige Verwalter als Vertragspartei seinen Anspruch auf Vergütung, § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB. Er muss sich allerdings ersparte Aufwendungen anrechnen lassen. Seine ersparten Aufwendungen im Sinne der §§ 615 Satz 2, 326 Abs. 2 Satz 2 BGB können nach manchen Stimmen auf 20 % des Honorars geschätzt werden, nach anderen Ansichten auf 45 %; näher liegt ein noch höherer Anteil.
Leistungswillen
Nach der Abberufung hat der ehemalige Verwalter seinen Leistungswillen anzuzeigen und seine Dienste anzubieten, um die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach §§ 293 ff., 615 Satz 1 BGB in Verzug zu setzen – in der Regel nach § 295 BGB wörtlich. Ein solches Angebot ist nur dann nicht erforderlich, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erkennen lässt, sie sei unter keinen Umständen bereit, die Leistungen des bisherigen Amtsinhabers anzunehmen. Erklärt der Verwalter, nicht weiter zur Leistung bereit zu sein, verliert er seinen Vergütungsanspruch.
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Ein Verwalter darf seine fälligen Vergütungsansprüche von den Konten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer abbuchen, sofern ihm der Verwaltervertrag das erlaubt. Der Verwaltervertrag ist entsprechend auszugestalten.
6 Entscheidung
AG Köln, Urteil v. 24.7.2023, 202 C 6/23