Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 387 BGB, § 389 BGB, § 404 BGB, § 406 BGB
Kommentar
1. Zum Sachverhalt
In einer Eigentümerversammlung 1989 wurde die Jahresabrechnung 1988/1989 genehmigt und führte zu einem Einzelabrechnungs-Schuldsaldo zu Lasten eines Eigentümers von etwa 2.239 DM. 1993 wurde dann die Jahresabrechnung 1991/1992 genehmigt, mit ausgewiesenem Restguthaben bei diesem Eigentümer i. H. v. ca. 8.500 DM. Weiterhin musste dieser Eigentümer 1990 - gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen - den Berliner Stadtreinigungsbetrieben etwa 4.400 DM bezahlen. Im hier rechtshängigen Haus(Wohn-)geld-Inkassoverfahren erklärte der betreffende Eigentümer aufgrund seines Guthabens (Abrechnung 91/92) die Aufrechnung mit seiner rückständigen Abrechnungsschuld (Abrechnung 88/89) und mit seiner als Gesamtschuldner an die Stadtreinigungsbetriebe geleisteten Zahlung.
Das Landgericht erachtete die erklärten Aufrechnungen für unbegründet, da zum einen kein Anspruch auf Auszahlung des Guthabens bestehe, sondern nur auf Mitwirkung an dessen Realisierung, und zum anderen die Aufrechnung unzulässig sei, weil die Wohngeldforderung und die von den Stadtreinigungsbetrieben geltend gemachten Forderungen aus unterschiedlichen Wirtschaftsperioden herrührten.
Die Rechtsbeschwerde des Eigentümers hatte Erfolg.
2. Zur Begründung des Senats
a) Mit dem Wohngeldguthaben wurde die frühere Restschuld wirksam aufgerechnet, so dass die weitere Wohngeldforderung nach § 389 BGB erloschen ist. Eine Aufrechnung gegen Wohngeldforderungen ist nach h. R. M. grundsätzlich nur mit anerkannten oder rechtskräftig zuerkannten Ansprüchen oder mit Erstattungsansprüchen aus einer Notgeschäftsführung zulässig; gleichgestellt sind diesen Ansprüchen unstreitige Erstattungsansprüche aus der Bezahlung gemeinschaftlicher Verbindlichkeiten (insbesondere gegenüber Versorgungsträgern der Gemeinschaft, vgl. KG Berlin, Entscheidung v. 29. 3. 1995, Az.: 24 W 4812/94mit diesseitiger kritischer Anmerkung). Die bisher zur Aufrechnung einschränkende Rechtsprechung des Senats hat ihre Grundlage darin, dass der Verwaltung durch Aufrechnung die für die Bewirtschaftung der Anlage erforderlichen flüssigen Mittel nicht entzogen werden sollen.
b) Weitergehende Einschränkungen können sich aus einem zwischenzeitlichen Eigentümerwechsel ergeben, wie dies der Senat mit Beschluss vom 6. 2. 1995 (WEG S. 211, NJW-RR 95, 719 = ZMR 95, 218) entschieden hat; in solchen Fällen ist Aufrechnung mit einem alten Aufwendungserstattungsanspruch gegen neue Verbindlichkeiten nur dann zulässig, wenn der Wohnungseigentümer "... die Aufwendungen gerade für solche Gemeinschaftsverbindlichkeiten erbracht hat, welche die Verwaltung sonst aus dem in derselben Wirtschaftsperiode fällig gewordenen Hausgeld zu erfüllen gehabt hätte". Aus dem Gedanken, Neuerwerber von Wohnungseigentum vor der in einer wirksamen Aufrechnung liegenden mittelbaren Inanspruchnahme für Verpflichtungen aus früheren Wirtschaftsperioden zu schützen, hat der Senat dort die Aufrechnung für unzulässig erklärt und entschieden, dass sie nur zulässig sei, wenn die Wohngeldschulden und die von dem Wohnungseigentümer bezahlten Gemeinschaftsverpflichtungen ihre Grundlage in derselben Wirtschaftsperiode hätten.
Zugleich hat der Senat in dieser Entscheidung aber auch darauf hingewiesen, dass durch eine Veränderung der Gläubigerstellung und damit auch in den Fällen des Wechsels in der Zusammensetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft keine Besserstellung des neuen Berechtigten bewirkt werden könne. Eine schon zuvor für den Schuldner bestehende Aufrechnungslage besteht entsprechend § 406 BGB fort, und auch darüber hinaus muss ein neuer Gläubiger gem. § 404 BGB Gegenrechte gegen sich gelten lassen, deren Rechtsgrundlage in dem übergegangenen Recht angelegt ist und die ihm damit unmittelbar innewohnen.
Ferner muss ein neuer Gläubiger regelmäßig eine Aufrechnung gegen sich gelten lassen, die mit einer neu gegen ihn selbst erwachsenen Forderung erklärt wird. Für die Fälle einer Aufrechnungserklärung einzelner Eigentümer gegen Hausgeldforderungen der Gemeinschaft ergibt sich damit, dass die Gemeinschaft einer Aufrechnung nicht entgegenhalten kann, die aufgerechnete Gegenforderung des Einzelnen stamme nicht aus der laufenden, sondern einer früheren Wirtschaftsperiode.
Eine solche Fallgestaltung liegt hier vor. Der in Antragsgegnerschaft stehende Eigentümer hat im vorliegenden Fall nicht mit älteren Forderungen gegen neue Hausgeldverbindlichkeiten aufgerechnet, sondern ausschließlich mit später erwachsenen Forderungen gegen ältere Verbindlichkeiten. Die Verschiedenheit der Wirtschaftsperioden, denen die jeweiligen Forderungen zuzuordnen sind, und ein etwaiger zwischenzeitlicher Wechsel in der Zusammensetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft schaffen daher keine Schranken für die Wirksamkeit der Aufrechnung.
c) Vorliegend handelt es sich jeweils auch um "liquide", von dem Verwalter als bestehend und fällig anerkannte Ansprüche. Dies gilt nicht nur für die Erstattu...