Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 15 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 242 BGB, § 1004 BGB
Kommentar
1. Hat (wie im vorliegenden Fall zu unterstellen war) tatsächlich eine ausdrückliche oder konkludent erteilte Zustimmung aller übrigen Eigentümer zum Ausbau und zu der sich daraus ergebenden Änderung der Zweckbestimmung der ausgebauten Räume (hier: Ausbau im Dachgeschoss als Sondereigentum befindlicher Bühnenräume) vorgelegen, muss diese Nutzungsänderung auch von Rechtsnachfolgern im Eigentum geduldet werden.
Vorliegend stand zur Überzeugung des Senats fest, dass die Rechtsvorgänger des Antragstellers (welcher Beseitigung baulicher Veränderungen im Dachgeschoss und die Untersagung der Nutzung dieser Räume zu Wohnzwecken beantragt hatte) Kenntnis vom Ausbau und der Nutzung der beiden Dachgeschosseinheiten hatten und dem auch nicht entgegengetreten sind. Es widerspräche jeglicher Lebenserfahrung, wenn die Bewohner dieser verhältnismäßig kleinen Wohnanlage nicht bemerkt haben sollten, dass im Dachgeschoss Bauarbeiten stattgefunden hätten und nachfolgend Mieter eingezogen wären. Auch aus Schreiben der Verwaltung seien seinerzeit die Eigentümer informiert gewesen, ebenso aus früheren angepassten Heizkostenabrechnungen. Der Ausbau sei seinerzeit nicht verhindert worden, obwohl dadurch weiterer Wohnraum geschaffen worden sei, was der Teilungserklärung widersprach und aus einem Haus mit ursprünglich vier Wohneinheiten ein solches mit sechs Wohneinheiten gemacht hat, mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Die Eigentümer hätten hier Antragsgegner Aufwendungen vornehmen lassen, deren Folgen die Bewohnbarkeit und damit auch die Möglichkeit einer Vermietung an Fremde gewesen sei; bei dieser Anlage hätten die Rechtsvorgänger des Antragstellers gegen das aus § 242 BGB abgeleitete Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra factum proprium") verstoßen, wenn sie erst nach Abschluss des Ausbaus Ansprüche auf Rückbau geltend gemacht hätten (vgl. OLG Hamm, FGPrax 96, 92). Mit Billigung der Schaffung neuen Wohnraums hätten sich die übrigen Eigentümer auch des Rechts begeben, die dadurch beabsichtigte Nutzung als Wohnraum zu unterbinden. Wenn aber den Rechtsvorgängern des Antragstellers keine Rechte mehr zustünden, so ist auch ein Sonderrechtsnachfolger an diese Rechtslage gebunden, weil dieser nicht mehr Rechte erwerben konnte, als seine Vorgänger besaßen (vgl. auch BayObLG, NJW- RR 91, 1041; 93, 1165; WE 98, 278; KG Berlin, WE 94, 51; OLG Hamm FGPrax 96, 92 und OLG Köln, ZMR 98, 459). Dies gelte umso mehr, wenn - wie hier - die Nutzungsänderung für einen Käufer einer Eigentumswohnung aufgrund der äußeren Gegebenheiten unschwer zu erkennen war, ein Käufer also beim Kauf wusste, worauf er sich einlasse (BayObLG, NJW-RR 91, 1041).
2. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Beschwerdewerten für zwei Antragsgegner von DM 13.200, im Übrigen von 26.400 DM.
Link zur Entscheidung
( OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.08.1998, 8 W 188/98)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer