Leitsatz
Sonderumlagebeschluss auch ohne Angabe des Verteilungsschlüssels und der Einzelbelastungen gültig
Auch der gewährleistungsrechtlich in Anspruch genommene Bauträgerverkäufer als Miteigentümer hat Sonderumlageanteile (zur Finanzierung der Anspruchsdurchsetzung gegen ihn) zu bezahlen
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 25 Abs. 5 WEG
Kommentar
1. Eine Gemeinschaft hatte eine Sonderumlage zur weiteren Finanzierung der Kosten eines Beweissicherungsverfahrens (jetzt: selbstständiges Beweisverfahren) gegen Baubeteiligte wegen anfänglicher Baumängel am Gemeinschaftseigentum beschlossen. Im Beschlussantrag wurde gleichzeitig geregelt, dass der Verwalter die Umlage schriftlich und mit 14-tägiger Frist von den Eigentümern anzufordern habe und Fälligkeit mit Abruf des Verwalters entstehe.
Die Auslegung von Eigentümerbeschlüssen sei grundsätzlich Sache des Tatrichters; das Rechtsbeschwerdegericht könne dessen Auslegung nur beschränkt, nämlich auf Rechtsfehler überprüfen (h. M., BayObLG, WE 1991, 289 m.w.N.; a. A. OLG Stuttgart, WM 1991, 414). Im vorliegenden Fall führe aufgrund eines Auslegungsrechtsfehlers des LG in richtiger objektiver Auslegung der Beschlussinhalt zu dem Ergebnis, dass die Sonderumlage von allen Eigentümern zu tragen sei, und dass sie nach dem in dieser Gemeinschaft für die Verteilung der Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums allgemein oder überwiegend maßgebenden Schlüssels auf die Eigentümer umzulegen sei (ersatzweise also nach § 16 Abs. 2 WEG).
Wenn "die" Eigentümer in einer solchen Beschlussfassung angesprochen seien, belaste der Beschluss nach objektiver Sinnbedeutung grundsätzlich auch alle Eigentümer. Die Einzelaufteilung könne hier der Verwalter in Zahlungsaufforderungsschreiben in nachvollziehbarer Weise vornehmen (vgl. auch KG Berlin, NJW-RR 1991, 912). Die für den Wirtschaftsplan weitergehend aufgestellten Grundsätze (vgl. zuletzt BayObLG, WM 1991, 443/444) seien insoweit nicht anwendbar, da sich diese zum Wirtschaftsplan speziell aus § 28 Abs. 1 Nr. 2 WEG ableiteten. Diese nur für den Wirtschaftsplan geltende Vorschrift lasse sich nicht verallgemeinern, da sich der Wirtschaftsplan anders als eine Sonderumlage aus einer Vielzahl von Einzelposten zusammensetze, die i. d. R. nach unterschiedlichen Schlüsseln auf die einzelnen Eigentümer umgelegt würden. Auch werde die Höhe einer Sonderumlage häufig erst in der Eigentümerversammlung endgültig festgelegt, sodass die Verteilung auf die einzelnen Eigentümer schon in der Versammlung unzweckmäßig sei.
2.Beschließen nun Eigentümer, gegen einen von ihnen in seiner Eigenschaft als Bauträger wegen Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum gerichtlich vorzugehen und wegen der Kosten eine Sonderumlage zu erheben, so ist der betroffene Wohnungseigentümer als Beklagter bzw. Antragsgegner bei einer solchen Beschlussfassung nicht stimmberechtigt ( § 25 Abs. 5 WEG); an der beschlossenen Sonderumlage hat er sich allerdings gleichwohl anteilsmäßig zu beteiligen. Auch antragsablehnende andere Eigentümer sind hier an einen Mehrheitsbeschluss gebunden und haben ebenfalls Kosten anteilig zu tragen. Hier ist also streng das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander (Innenverhältnis), welches durch die Beschlussfassung geregelt wird, zu trennen vom gerichtlichen Verfahren gegen den Bauträger/Miteigentümer (Außenverhältnis). Dem Bauträgereigentümer käme im Übrigen auch die Beseitigung von Mängeln des gemeinschaftlichen Eigentums bzw. andere Gewährleistung zugute. Selbst wenn das Stimmrecht des Bauträgers nach h. M. in diesem Fall gemäß § 25 Abs. 5 WEG auszuschließen gewesen wäre und er - wie hier - trotzdem (ablehnend) mit abgestimmt hat, habe dies jedoch das Ergebnis der Abstimmung nicht beeinflusst. An der Zahlungspflicht ändere der Ausschluss vom Stimmrecht nichts (h. M.). Ähnlich sei hier die Rechtslage bei Entziehungsbeschlussanfechtungen gem. §§ 18 und 19 WEG (vgl. auch Entscheidungen des Senats ZMR 1978, 248 und WE 6/88, 205).
Ob der im Zivilprozess obsiegende Wohnungseigentümer (hier also der beklagte Bauträgergewährleistungsschuldner) aufgrund seines Kostenerstattungsanspruches nach den §§ 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO im Außenverhältnis auch Erstattung der Kosten verlangen könne, mit denen er zuvor im Innenverhältnis gem. § 16 Abs. 2 WEG belastet worden sei, brauche hier nicht entschieden zu werden (bejahend Weitnauer, § 16 Rdnr. 45; Merle WE 1991, 4/6; verneinend OLG Stuttgart, OLG Z 1986, 32/33).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 31.01.1992, BReg 2 Z 143/91)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer