Leitsatz
Zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits ältere Eheleute lebten während der Ehe weitgehend wirtschaftlich eigenständig und unabhängig voneinander. Während der überwiegenden Zeit ihrer Ehe bewohnten sie keine gemeinsame Wohnung und gingen nach ihrer Heirat beide weiterhin auch ihrer zuvor ausgeübten Berufstätigkeit nach. Kinder waren aus der Ehe der Parteien nicht hervorgegangen. Beide hatten Kinder aus vorangegangenen Ehen mit anderen Partnern.
Ehebedingte versorgungsrechtliche Nachteile hatten während der Ehezeit beide nicht erlitten. Es stellte sich daher im Ehescheidungsverfahren die Frage, ob eine solche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse den Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertige. Das erstinstanzliche Gericht hat den Versorgungsausgleich ausgeschlossen und zur Begründung ausgeführt, der rechnerisch gegebene Versorgungsausgleich zugunsten der Ehefrau sei gem. § 1587c Nr. 1 BGB grob unbillig.
Die Ehefrau hat die Entscheidung zum Versorgungsausgleich mit der Beschwerde angegriffen. Ihr Rechtsmittel hatte Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs gem. § 1587c Nr. 1 BGB für nicht gegeben. Wenngleich die Parteien keine Ehe im klassischen Sinne mit arbeitsteiligen Aufgaben geführt hätten, sondern eine im höheren Lebensalter geschlossene Ehe, die für beide die zweite Ehe und von beiderseitiger Erwerbstätigkeit geprägt war, stelle dies keinen Ausnahmefall dar, der den Ausschluss des Versorgungsausgleichs gem. § 1587c BGB rechtfertige. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Parteien während der Zeit der Ehe in getrennten Wohnungen lebten und überwiegend nur Wochenenden und Urlaube miteinander verbrachten.
Die Parteien seien in der Gestaltung ihrer Ehe frei gewesen. Obgleich sie überwiegend wirtschaftlich getrennt gewirtschaftet hätten, habe es sich gleichwohl bei ihrer Ehe um eine ursprünglich auf Lebenszeit angelegte eheliche Lebens- und Versorgungsgemeinschaft gehandelt, die auch dem Zweck der beiderseitigen Alterssicherung im Sinne der ständigen Rechtsprechung des BGH diente (BGH v. 12.3.1986 - IVb ZB 59/83, MDR 1986, 657 = FamRZ 1986, 563). Die Eheleute hätten ein gemeinsames Lebensrisiko getragen, aus dem sich die Verpflichtung beider ergeben habe, für den Fall der Erkrankung, des Alters oder anderer ungünstiger Umstände für den anderen einzustehen. Diese durch die Eheschließung eingegangene wirtschaftliche Bindung rechtfertige auch die Aufteilung des in der Ehe erwirtschafteten Versorgungsvermögens.
Hinweis
Die Anwendung der Härteklausel des § 1587c Nr. 1 - 3 BGB setzt eine eingehende Einzelfallprüfung voraus. Allein der Umstand, dass beide Eheleute ehebedingte Nachteile in ihren Versorgungsanwartschaften nicht erlitten haben, reicht zur Anwendung der Härteklausel nicht aus. Die Voraussetzungen des § 1587c Nr. 1 - 3 BGB müssen von dem ausgleichsverpflichteten Ehegatten trotz des beim Versorgungsausgleich geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes detailliert und sorgfältig vorgetragen werden.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 11.01.2006, 13 UF 108/04