Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587c Nr. 1 BGB (a.F.) in Betracht kommt, wenn der Ausgleichspflichtige erkrankt ist und wegen seiner krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit weitere Anwartschaften auf Altersversorgung nicht erwerben kann.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Jahre 1979 geheiratet. Aus ihrer Ehe waren zwei zwischenzeitlich volljährige Kinder hervorgegangen. Der Ehemann litt an multipler Sklerose und bezog seit dem 21.5.2000 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die zuletzt 745,25 EUR netto monatlich betrug.
Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil des AG vom 10.8.2009 geschieden und der Versorgungsausgleich zugunsten der Ehefrau in der Weise geregelt, dass von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der DRV nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 101,19 EUR und angleichungsdynamische Anwartschaften i.H.v. monatlich 104,43 EUR übertragen wurden.
Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtete sich die Beschwerde des Ehemannes, mit der einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs unter Hinweis darauf begehrte, dass er im Hinblick auf seine krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit weitere Rentenanwartschaften nicht werde erwerben können. Bei einer Durchführung des Versorgungsausgleichs sei er gezwungen, seine Ehefrau auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch zu nehmen.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Auch das OLG hielt die Durchführung des Versorgungsausgleichs für nicht grob unbillig. Die Voraussetzungen der vorliegend allein geltend gemachten Härteklausel des § 1587c Nr. 1 BGB a.F. seien entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht gegeben.
Die gebotene Abwägung der wirtschaftlichen Lage der Parteien führe nicht zu dem Ergebnis, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs die Inanspruchnahme des Antragsgegners als grob unbillig erscheinen lasse. Er mache in diesem Zusammenhang vor allem geltend, dass er infolge seiner Erkrankung (multiple Sklerose) erwerbsunfähig sei und bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze mit der Wiederherstellung seiner Erwerbsfähigkeit nicht zu rechnen sei. Folglich könne er seine Altersvorsorge nicht weiter aufbauen und sei auf die ungekürzte Rente angewiesen. Dieser Umstand begründete nach Auffassung des OLG jedoch keine grobe Unbilligkeit im Sinne der Härteklausel.
Selbst bei einer sofortigen ungekürzten Durchführung des Versorgungsausgleichs würde die Antragstellerin immer noch nicht über ausreichend hohe Anwartschaften verfügen, um ihren den Lebensverhältnissen der Parteien entsprechenden Unterhalt im Alter zu decken. Die künftige Entwicklung rechtfertige den vom Antragsgegner geltend gemachten Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht. Von einer groben Unbilligkeit des Ausgleichsergebnisses könne man erst dann ausgehen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich die sichere Prognose getroffen werden könne, dass der Ausgleichsberechtigte über eine im Verhältnis zum Ausgleichspflichtigen unverhältnismäßig hohe Altersversorgung verfügen werde oder bereits anderweitig angemessen abgesichert sei, während der Ausgleichspflichtige auf die von ihm ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung seines Unterhalts dringend angewiesen sei (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2005, 696).
Im vorliegenden Fall fehle es an der für die Anwendung des § 1587c Nr. 1 BGB a.F. erforderlichen Prognosesicherheit über die künftige Einkommensentwicklung aufseiten der Antragstellerin und den zukünftigen Erwerb von Rentenanwartschaften nach der Scheidung bis zum Bezug der Regelaltersrente im Jahre 2017.
Im Übrigen rechtfertige hier nicht jede Ungleichheit in der Versorgung die Anwendung der Härteklausel des § 1587c Nr. 1 BGB a.F. Unter den gegebenen Umständen lasse sich aus heutiger Sicht eine etwaige bestehende Ungleichheit in der Versorgung im Zeitpunkt des Renteneintritts der Antragstellerin jedenfalls nicht als grob unbillig bewerten. Ein solches Ergebnis würde widerspiegeln, dass der Antragsgegner bereits im Jahr 2000 im Alter von nur 46 Jahren aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei, während die Antragstellerin im Jahre 2017 bis zu ihrem 67. Lebensjahr gearbeitet hätte. Dass die ausgleichsberechtigte Antragstellerin unter Entwicklungen, wie sie hier möglich seien, insgesamt eine höhere Versorgung erlangen könne als der ausgleichspflichtige Antragsgegner stelle sich dann lediglich als Ergebnis der unterschiedlichen Dauer des beiderseitigen Arbeitslebens dar.
Auch der Hinweis des Antragsgegners auf die etwaige Begründung einer Unterhaltsabhängigkeit von der ausgleichsberechtigten Antragstellerin rechtfertige den Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht. Es könne zwar eine Wechselbeziehung zwischen dem Unterhaltsanspruch und Versorgungsausgleich aufseiten des Ausgleichspflichtigen bestehen, die das Interesse des Berechtigten an der Durchführung des Versorgungsausgleichs verringere oder sogar ausschließe (vgl. hierzu BGH, FamRZ 2005, 696; FamRZ 1981, 756).
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