Leitsatz
Zum Zeitpunkt der Eheschließung im Dezember 1992 hatte der Ehemann bereits 60 Monate Hochschulausbildung absolviert. Bis zur Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit vergingen weitere 56 Monate, in denen der Ehemann studierte und seinen Hochschulabschluss machte.
Die Ehefrau war während dieser Zeit voll erwerbstätig und trug mit ihrem Einkommen ganz entscheidend dazu bei, dass der Ehemann sein Studium durchführen und abschließen konnte. Nach der Geburt der beiden Kinder, die zum Zeitpunkt der Ehescheidung 5 und 7 Jahre alt waren, arbeitete die Ehefrau nur in Teilzeit. Gleichwohl hatte sie während der Ehe höhere Versorgungsanwartschaften erworben als der Ehemann.
Im Ehescheidungsverfahren begehrte sie den Ausschluss des Versorgungsausgleichs. Ihrem Antrag wurde von dem erstinstanzlichen Gericht nicht stattgegeben, sondern der Versorgungsausgleich durchgeführt.
Gegen diese Entscheidung legte die Ehefrau Beschwerde ein, die erfolgreich war.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, aufgrund der umfangreichen Leistungen der Antragsgegnerin für den Antragsteller stelle sich die Durchführung des Versorgungsausgleichs als grob unbillig dar. Der Zweck des Versorgungsausgleichs bestehe in erster Linie in der Verbesserung der sozialen Lage des Ehegatten, der wegen in der Ehe übernommener anderer Aufgaben Einschränkungen in seiner beruflichen Entfaltung auf sich genommen und dadurch ehebedingte Nachteile in seiner versorgungsrechtlichen Lage erlitten habe.
Dieser Zweck werde verfehlt, wenn der nicht erwerbstätige Ehegatte nicht den Haushalt versorge, sondern - wie hier der Antragsteller - eine Ausbildung absolviere. Bei dieser Fallkonstellation ergebe sich die grobe Unbilligkeit daraus, dass der Antragsteller bereits nachhaltig von dem Einkommen seiner Frau profitiert habe, dass sie während der Ehezeit verdient habe. Sie habe während der Ehe ganz überwiegend auch den Lebensunterhalt ihres Mannes sichergestellt und dadurch entscheidend zur Durchführung und zum erfolgreichen Abschluss seines Studiums beigetragen. Es wäre unbillig, wenn er über den Versorgungsausgleich ein zweites Mal an diesem Einkommen der Antragsgegnerin teilhätte (vgl. BGH in FamRZ 2004, 862; 1989, 1060; 1988, 600).
Darüber hinaus sei zu erwarten, dass der Antragsteller aufgrund seines Studiums zukünftig deutlich höhere Versorgungsanwartschaften als die Antragsgegnerin werde erwerben können, an denen sie nicht mehr teilhaben werde. In ihrem Beruf als Physiotherapeutin könne sie aller Voraussicht nach nicht derartig hohe Einkünfte und Rentenanwartschaften erwerben wie der Antragsteller als Ingenieur. Zudem sei sie wegen der Betreuung der 7 und 5 Jahre alten gemeinsamen Kinder voraussichtlich noch mehrere Jahre an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 21.02.2006, 2 UF 382/05