Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat die Ehefrau mit ihrem aus ihrer Erwerbstätigkeit erzielten Einkommen entscheidend dazu beigetragen, dass der Ehemann sein Studium erfolgreich durchführen und abschließen konnte, ist ein Versorgungsausgleich wegen Rentenanwartschaften, die die Ehefrau während der Zeit des Studiums des Ehemannes erworben hat, wegen grober Unbilligkeit gem. § 1587c Nr. 1 BGB ausgeschlossen.
2. Die grobe Unbilligkeit i.S.d. § 1587c Nr. 1 BGB ergibt sich daraus, dass der Ehemann während der Ehe bereits nachhaltig von dem Einkommen der Ehefrau profitiert hat, dass sie bis zum erfolgreichen Abschluss seines Studiums verdient hat. Es wäre grob unbillig, ihn über den Versorgungsausgleich an diesem Einkommen ein zweites Mal teilhaben zu lassen. Hinzu kommt, dass der Ehemann aufgrund seines Studiums, das im Wesentlichen von der Ehefrau finanziert wurde, deutlich höhere Versorgungsanwartschaften als die Ehefrau erwerben kann, an denen sie nicht mehr teilhaben wird. Zu berücksichtigen ist ferner, dass sie wegen der Kinderbetreuung noch mehrere Jahre an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert sein wird.
Normenkette
BGB § 1587c Nr. 1
Verfahrensgang
AG Hattingen (Urteil vom 30.08.2005; Aktenzeichen 9 F 40/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird das Urteil des AG - FamG - Hattingen vom 30.8.2005 im Ausspruch über den Versorgungsausgleich abgeändert.
Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich im Urteil des AG - FamG - Hattingen vom 30.8.2005 ist begründet. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils dahingehend, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet.
1. Ein Versorgungsausgleich der Rentenanwartschaften, die die Antragsgegnerin im Zeitraum vom 1.12.1992 (Beginn der Ehezeit) bis zum 22.7.1997 erworben hat, ist wegen grober Unbilligkeit gem. § 1587c Nr. 1 BGB ausgeschlossen. Der Antragsteller hat vom 1.10.1986 bis zum 22.7.1997 studiert. In die Ehezeit fällt seine Studienzeit vom 1.12.1992 bis zum Abschluss des Studiums. Im Zeitraum vom 1.12.1992 bis zum 22.7.1997 hat die Antragsgegnerin ganz überwiegend den Lebensunterhalt beider Eheleute sichergestellt. Sie hat in diesen Jahren durchgehend vollschichtig gearbeitet und deutlich höhere Einkünfte als der Antragsteller erzielt, beispielsweise im Jahr 1993 53.020 DM, 1994 54.912 DM, 1995 56.434 DM und 1996 57.888 DM brutto. Diese Einkünfte hat sie ganz überwiegend für den Unterhalt beider Eheleute eingesetzt. Die regelmäßigen Einkünfte des Antragstellers waren seinerzeit deutlich niedriger; sie bestanden in regelmäßigen Zahlungen seiner Eltern i.H.v. 400 DM und dem Honorar für Tennis-Trainerstunden i.H.v. 200 DM im Monat. Hinzu kamen gelegentliche unregelmäßige Zahlungen seiner Eltern. Unter diesen Umständen besteht kein Zweifel, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Erwerbstätigkeit und dem daraus erzielten Einkommen ganz entscheidend dazu beigetragen hat, dass der Antragsteller sein Studium erfolgreich durchführen und abschließen konnte.
Aufgrund dieser umfangreichen Leistungen der Antragsgegnerin für den Antragsteller stellt sich ein Versorgungsausgleich der Rentenanwartschaften, die sie vom Beginn der Ehezeit bis zur Beendigung seines Studiums erworben hat, als grob unbillig dar. Der Antragsteller hat in diesem Zeitraum ausweislich der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 30.5.2005 keine Rentenanwartschaften erworben, weil er bereits am 1.12.1992 die Studienhöchstdauer überschritten hatte. Der Zweck des Versorgungsausgleichs besteht in erster Linie in der Verbesserung der sozialen Lage des Ehegatten, der wegen in der Ehe übernommener anderer Aufgaben Einschränkungen in seiner beruflichen Entfaltung auf sich genommen und dadurch ehebedingte Nachteile in seiner versorgungsrechtlichen Lage erlitten hat (BGHZ 74, 38, 42 ff.). Dieser Zweck wird verfehlt, wenn der nicht erwerbstätige Ehegatte nicht den Haushalt versorgt, sondern - wie hier der Antragsteller - eine Ausbildung absolviert hat. Allerdings kann eine Abweichung der ehelichen Lebensverhältnisse der Antragsgegnerin und des Antragstellers von der Grundkonstellation, von der der Gesetzgeber bei der Einführung des Versorgungsausgleichs ausgegangen ist, noch keine grobe Unbilligkeit i.S.d. § 1587c Nr. 1 BGB begründen. Diese ergibt sich hier vielmehr daraus, dass der Antragsteller bereits nachhaltig von dem Einkommen profitiert hat, dass die Antragsgegnerin im Zeitraum vom 1.12.1992 bis zum 22.7.1997 verdient hat, denn sie hat während dieses Zeitraums ganz überwiegend auch seinen Lebensunterhalt sichergestellt und dadurch entscheidend zur Durchführung und zum erfolgreichen Abschluss seines Studiums beigetragen. Es wäre grob unbillig, wenn er über den Versorgungsausgleich ein zweites Mal an diesem Einkommen der Antragsgegnerin teilhä...