Leitsatz
Kernproblem dieser Entscheidung war die Frage, ob der Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach vorangegangener Körperverletzung des Ausgleichsverpflichteten durch den Ausgleichsberechtigten gerechtfertigt ist.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Jahre 1960 geheiratet. Aus ihrer Ehe waren vier mittlerweile erwachsene Kinder hervorgegangen. Auf den dem Ehemann am 31.8.2008 zugestellten Scheidungsantrag der Ehefrau wurde die Ehe - nach Abtrennung der Folgesache Versorgungsausgleich - durch Urteil vom 14.5.2008 vorab geschieden.
Beide Parteien bezogen zum Zeitpunkt der Ehescheidung bereits Vollrente wegen Alters, die Ehefrau seit dem 1.8.2006, der Ehemann seit dem 1.7.2004. Nach den zum Versorgungsausgleich erteilten Auskünften hatte die Ehefrau während der Ehezeit höhere Anwartschaften auf Altersversorgung erwirtschaftet und war somit im Rahmen des Versorgungsausgleichs ausgleichsverpflichtet. Dem Scheidungsantrag war vorausgegangen, dass die Ehefrau mit einem am 12.12.2007 beim Familiengericht eingegangenen Schriftsatz den Erlass einer Gewaltschutzanordnung und einer einstweiligen Anordnung beantragt, die antragsgemäß erlassen wurde.
Vorausgegangen waren erhebliche Körperverletzungen und massive Bedrohungen des Ehemannes ggü. der Ehefrau, bei dem nach drei in der Zeit von 2004 bis 2007 erlittenen Schlaganfällen ein neurologischer Befund diagnostiziert worden war. Aufgrund dessen wurde im Rahmen des gegen den Ehemann geführten Strafverfahrens dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Es wurde von der Schuldunfähigkeit des Ehemannes wegen einer wahnhaft organisch bedingten Störung auf der Basis von cerebralen Durchblutungsstörungen ausgegangen.
Die Ehefrau hat unter Hinweis auf das Gewaltschutzverfahren den Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen unbilliger Härte beantragt. Ihrem Antrag wurde erstinstanzlich stattgegeben. Hiergegen hat der Ehemann Beschwerde eingelegt.
Sein Rechtsmittel war erfolgreich.
Entscheidung
Das Rechtsmittel des Ehemannes führte zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahingehend, dass der Versorgungsausgleich zu seinen Gunsten durchzuführen sei.
Die Anwendung der Härteklausel des § 1587c BGB hielt das OLG für nicht gerechtfertigt.
Ausweislich der im Rahmen des Strafverfahrens von dem LG getroffenen Feststellungen habe er im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) gehandelt. Einer Eheverfehlung fehle die für die Annahme einer groben Unbilligkeit des Ausgleichs erforderliche Schwere, wenn sie nicht schuldhaft begangen worden sei (BGH, a.a.O., sowie FamRZ 1990, 985; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2000, 373 für den Fall der Schuldunfähigkeit; Palandt/Brudermüller, a.a.O.).
Hierbei komme es - entgegen der Auffassung des FamG - nicht darauf an, ob es sich bei der Eheverfehlung in Form einer im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen Handlung nur um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe oder ob mehrere Tatbestände, ggf. über einen längeren Zeitraum, verwirklicht worden seien. Entscheidend für die Qualifizierung der Schwere der Eheverfehlung sei nicht die Quantität, sondern der Unrechtsgehalt der Eheverfehlung. Sei ein Fehlverhalten wegen erwiesener oder nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit nicht vorwerfbar, fehle es an dem die Schwere der Eheverfehlung implizierenden Unrechtsgehalt der Tat. In einem solchen Fall sei es nicht gerechtfertigt, den Versorgungsausgleich wegen grober Unbilligkeit auszuschließen.
Link zur Entscheidung
Saarländisches OLG, Beschluss vom 06.04.2009, 9 UF 5/09