Leitsatz
Die Ehefrau wehrte sich gegen die Durchführung des Versorgungsausgleichs mit der Begründung, dessen Durchführung sei wegen schwerwiegender und wiederholter Verfehlungen des Ehemannes nicht gerechtfertigt. Er habe sie während des ehelichen Zusammenlebens vernachlässigt und sei auf ihre Belange nicht eingegangen. Darüber hinaus habe er massive Alkoholprobleme gehabt. Es sei immer wieder zu erheblichen Streitigkeiten gekommen, im Rahmen derer der Ehemann sie wiederholt unter Alkoholeinfluss tätlich angegriffen und verletzt habe. Sie habe die Ehe insgesamt als Martyrium erlebt und an ihr gleichwohl nur wegen der gemeinsamen Kinder und ihrer katholischen Glaubensüberzeugung festgehalten.
Das FamG hat die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich zugunsten des Ehemannes durchgeführt. Zum abgelehnten Ausschluss des Versorgungsausgleichs hat es in seiner Entscheidung ausgeführt, unter Würdigung der Gesamtdauer der Ehe könne auch auf der Grundlage des Vorbringens der Ehefrau die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht als grob unbillig qualifiziert werden.
Die Ehefrau legte gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich Beschwerde in. Ihr Rechtsmittel war nicht erfolgreich.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Auch das OLG hielt unter Würdigung der Umstände des konkreten Falls die Durchführung des Versorgungsausgleichs zugunsten des Ehemannes für nicht grob unbillig i.S.d. § 1587c Nr. 1 BGB, der als einziger Ausschlusstatbestand in Betracht komme.
Zwar könne auch eheliches Fehlverhalten ohne wirtschaftliche Relevanz die Anwendung des § 1587c Nr. 1 BGB rechtfertigen, wenn es wegen seiner Auswirkungen auf den ausgleichspflichtigen Ehegatten ganz besonders ins Gewicht falle (vgl. etwa BGH FamRZ 1983, 32; 1987, 362; NJW 1990, 2745; OLG Bamberg FamRZ 2007, 1748).
Es bedürfe insoweit stets einer Einzelfallprüfung mit einer wertenden Gesamtbetrachtung.
Die Gesamtbetrachtung im vorliegenden Fall führe zu dem Ergebnis, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs zugunsten des Ehemannes nicht grob unbillig sei.
Wenngleich der Ehemann erhebliche gravierende Eheverfehlungen begangen habe, könne im Rahmen der Billigkeitsprüfung nicht außer Acht gelassen werden, dass die Ehefrau die eheliche Lebensgemeinschaft mit ihm gleichwohl fortgesetzt und mit ihm das Leben zusammen gestaltet habe. Dabei falle insbesondere ins Gewicht, dass die Parteien trotz der Konflikte ihre finanzielle Lebensführung bis zur Trennung eng miteinander verknüpft hatten. Diese Handlungsweisen zeigten, dass die Antragstellerin bis zur Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft die Verfehlungen des Antragsgegners nicht als so schwerwiegend angesehen habe, dass sie Ehe als Versorgungs- und Wirtschaftsgemeinschaft in Frage gestellt habe.
Zudem sei im Rahmen der Gesamtwürdigung gegen eine grobe Unbilligkeit anzuführen, dass aufgrund der Einkommens- und Vermögenslage der Parteien der Versorgungsausgleich und der Zugewinnausgleich, über den sich die Parteien ebenfalls stritten, eng miteinander zusammenhingen und damit insgesamt die finanziellen Folgen der Ehescheidung und nicht die personalen Verfehlungen als Ursache der Scheidung im Vordergrund ständen. Schließlich spräche gegen die Anwendung des § 1587c Abs. 1 Nr. 1 BGB, dass aufgrund der insgesamt überdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögenslage der Ehefrau der auszugleichende Betrag von lediglich 20,95 EUR für sie finanziell nicht ins Gewicht falle.
Sie beziehe monatliche Renten von insgesamt ca. 1.500,00 EUR und wohne in dem ehelichen Haus, das nur noch geringfügig belastet sei. Sie erhalte von ihrem Sohn eine Darlehensrückzahlung von knapp 500,00 EUR monatlich und beziffere ihr Vermögen zum Endstichtag im Rahmen des Zugewinnausgleichs mit insgesamt ca. 347.000,00 EUR. Hinzu komme ein von ihr geltend gemachter Zugewinnausgleichsanspruch in erheblicher Höhe.
Unter diesen Umständen sei der Unterhalt der Antragstellerin auch dann gesichert, wenn - entsprechend ihrer Befürchtung - ihr Gesundheitszustand sich verschlechtere und hierdurch ein höherer Unterhaltsbedarf entsteht.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 16.09.2008, 2 UF 111/08