Leitsatz
Eine in einer dem Versicherungsschein fest angehefteten "Erklärung der Gesellschaft" enthaltene Ausschlussklausel, die wie der Versicherungsschein gemäß § 3 Abs. 1. VVG durch Unterschrift des Versicherers gedeckt ist, wird wirksamer Vertragsbestandteil.
Der vom Gesetzgeber gewollten deutlichen Hinweisfunktion ist bereits Genüge getan, wenn dem Antragsteller neben dem eigentlichen Versicherungsschein ein weiteres Schriftstück zugeht, in dem ausschließlich die Dokumentation der Abweichung vom Versicherungsantrag nebst der nach § 5 Abs. 2 S. 1 VVG erforderlichen Belehrung enthalten ist.
Normenkette
§ 5 VVG
Sachverhalt
Der Kl. nimmt die Bekl. aus einer so genannten Existenzsicherungspolice, die auch eine Berufsunfähigkeits- sowie Unfall-Berufsunfähigkeitsversicherung enthält, auf Rentenzahlung in Anspruch. Die Bekl. verweigert den Versicherungsschutz. In erster Linie hat sie geltend gemacht, aufgrund bei der Antragsprüfung eingeholter ärztlicher Befunde sei folgende Ausschlussklausel vereinbart worden: "Aus dem Verlust des linken Daumens sowie aus Erkrankungen der Kniegelenke und/oder deren Folgen können keine Ansprüche aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung hergeleitet werden."
Diese Klausel, mit deren Einbeziehung der Kl. sich bereits am 14.10.1988 einverstanden erklärt habe, sei in einem gesonderten Blatt "Erklärung der Gesellschaft" enthalten, das dem dem Kl. am 30.10.1988 übersandten Versicherungsschein angeheftet gewesen sei.
Die zulässige Berufung des Kl. ist nach der Entscheidung des OLG unbegründet und die Bekl. zur Gewährung bedingungsgemäßer Leistungen nicht verpflichtet, da Erkrankungen der Kniegelenke und/oder deren Folgen vom Versicherungsschutz ausgenommen seien.
Entscheidung
Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der in beiden Rechtszügen durchgeführten Beweisaufnahmen ist das OLG davon überzeugt, dass ein die Ausschlussklausel enthaltenes Schriftstück "Erklärung der Gesellschaft", wie es die Bekl. vorgelegt habe, dem dem Kl. am 30.10.1988 übersandten Versicherungsschein fest angeheftet war (wird ausgeführt).
Die dem Kl. zugegangene Ausschlussklausel ist nach der Entscheidung des OLG auch wirksamer Vertragsbestandteil geworden. Zwar sei sie nicht im eigentlichen Versicherungsschein enthalten. Ausreichend sei aber, dass sie in der dem Versicherungsschein fest angehefteten "Erklärung der Gesellschaft", die - ebenso wie der Versicherungsschein - gem. § 3 Abs. 1 VVG durch Unterschriften des Versicherers gedeckt ist, aufgeführt ist. Selbst wenn man ein Anheften des Beiblatts nicht ausreichen lassen wollte, sei die Einbeziehung der Ausschlussklausel in die vertragliche Vereinbarung jedenfalls durch Bezugnahme im Versicherungsschein erfolgt. Im Versicherungsschein heiße es nämlich, es gälten die beigefügten Allgemeinen Bedingungen für die Existenzsicherungs-Police und ggf. beigefügten Besonderen Bedingungen. Individualvereinbarung, wie sie hier von der Bekl. geltend gemacht werde, sei der dogmatisch typische Fall Besonderer Bedingungen, auch wenn Versicherer vielfach (fälschlich) AGB als Besondere Bedingungen bezeichnen.
Nach § 5 Abs. 2 VVG greife die Genehmigungsfunktion des § 5 Abs. 1 VVG ein, wenn der Versicherer den VN bei Aushändigung des Versicherungsscheins auf die einzelnen Abweichungen und - gesondert oder durch einen auffälligen, hervorgehobenen Vermerk - auf die Folgen der Unterlassung eines Widerspruchs hingewiesen hat. Dieser Hinweis sei im Streitfall durch eine "besondere schriftliche Mitteilung" i. S. d. § 5 Abs. 2 S. 2 VVG in Form der "Erklärung der Gesellschaft" erfolgt. Dass dieses Schriftstück dem Versicherungsschein angeheftet war, sei unbeachtlich. Der vom Gesetzgeber gewollten deutlichen Hinweisfunktion sei vielmehr bereits Genüge getan, wenn dem Antragsteller neben dem eigentlichen Versicherungsschein ein weiteres Schriftstück des Versicherers zugeht, in dem ausschließlich die Dokumentation der Abweichung vom Versicherungsantrag nebst der nach § 5 Abs. 2 S. 1 VVG erforderlichen Belehrung enthalten ist.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Urteil vom 31.05.1995, 20 U 63/95