Leitsatz
Der Antragsteller war Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, seine Ehefrau war polnische Staatsangehörige. Die Eheleute hatten zunächst in Deutschland gelebt. Seit Weihnachten 2002 lebte die Ehefrau mit den beiden aus der Ehe hervorgegangenen Söhnen in Polen. Dort hatte sie vor einem polnischen Gericht am 13.7.2005 Klage auf Trennung von Tisch und Bett erhoben. Diese Klage war dem Ehemann am 17.12.2005 zugestellt worden.
Der Ehemann beantragte mit der am 30.12.2005 bei dem hierfür zuständigen FamG eingegangenen Antragsschrift die Scheidung der Ehe. Die von ihm beantragte Prozesskostenhilfe wurde verweigert.
Hiergegen legte der Ehemann Beschwerde ein und verfolgte weiterhin das Ziel, ihm zur Durchführung des Scheidungsverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Seine Beschwerde blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Unter Hinweis auf die ab 1.3.2005 anwendbare sog. Brüssel IIa-VO (VO [EG] Nr. 2201/2003 v. 27.11.2003) bejahte das OLG die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für das Ehescheidungsverfahren, weil beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt in Deutschland hatten und der Ehemann dort zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch hatte. Die EheVO II verdränge das innerstaatliche Recht, hier also den § 606a ZPO. Im Hinblick auf das in Polen von der Ehefrau eingeleitete Verfahren auf Trennung von Tisch und Bett sei jedoch das in Deutschland angestrebte Scheidungsverfahren blockiert. Gem. Art. 19 Abs. 1 EheVO II gelte der Prioritätsgrundsatz. Gem. Art. 19 Abs. 1 EheVO II habe das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen bis zur Klärung der Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts auszusetzen, wenn bei Gerichten verschiedener Mitgliedsstaaten Anträge auf Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigkeitserklärung einer Ehe zwischen denselben Personen gestellt werden. Diese Regelung führe im vorliegenden Fall dazu, dass das im Mitgliedsstaat Polen früher eingeleitete Verfahren auf Trennung das nunmehr angestrebte Scheidungsverfahren blockiere.
Demzufolge sei bei dem hier zur Beurteilung stehenden Sachverhalt nach den vorrangigen Regelungen des europäischen Rechts nicht allein der Streitgegenstandsbegriff der ZPO maßgebend.
Wenn die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts noch nicht feststehe, sei zunächst das spätere Scheidungsverfahren gem. § 19 Abs. 1 der Verordnung auszusetzen. Könnte demzufolge der beabsichtigte Scheidungsantrag derzeit lediglich zu einer Aussetzung des Verfahrens führen, erweise sich die Rechtsverfolgung als mutwillig, Prozesskostenhilfe sei mangels Erfolgsaussicht daher nicht zu gewähren.
Link zur Entscheidung
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 10.03.2006, 6 WF 41/06