Rz. 35

Erkennt der Versicherer seine Eintrittspflicht an, so kann dies ein deklaratorisches Anerkenntnis darstellen. Allein der Umstand, dass der Versicherer die Regulierungsvollmacht nutzt, stellt keine Zusage der Eintrittspflicht dar. Sie ist aber ein Indiz, dass der Versicherer seine Eintrittspflicht anerkennt. Ein deklaratorisches Anerkenntnis bindet den Versicherer, wenn er dies nach der Prüfung der Haftpflichtfrage und unter Berücksichtigung der aktuellen Deckung abgibt (siehe dazu bereits die Ausführungen oben unter A-6 AVB D&O II 5). Exemplarisch aus der Gebäudeversicherung siehe dazu das Urteil des LG Münster vom 15.5.2018, 115 O 257/16, juris, wobei der Versicherer folgende Erklärung abgab.

"...wie bereits am 18.09.2014 mündlich erfolgt, wird die Ersatzpflicht des Schadens der sich im Bereich "M" ereignet hat, als versichert bestätigt."

Dazu entschied das Gericht im 2. Leitsatz:

"2. Die Versicherung hat das Vorliegen eines Versicherungsfalls durch das Starkregenereignis deklaratorisch anerkannt, da die Deckungszusage einer Versicherung nach allgemeiner Meinung als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu werten ist mit der Folge, dass dem Versicherer Einwendungen verwehrt sind, die er kennt und mit denen er rechnet. Für das deklaratorische Schuldanerkenntnis ist keine Schriftform erforderlich."

Siehe aus den Entscheidungsgründen des Gerichts (Rn. 53):[1]

"Die Deckungszusage einer Versicherung wird nach allgemeiner Meinung als deklaratorisches Schuldanerkenntnis gewertet mit der Folge, dass dem Versicherer Einwendungen verwehrt sind, die er kennt und mit denen er rechnet (OLG Braunschweig, Hinweisbeschluss vom 04.03.2013 - 3 U 89/12, NJOZ 2014, 441; OLG Koblenz, Urteil v. 06.02.2011, 1 U 358/10, NJW-RR 2011, 761; OLG Köln, Urteil v. 28.03.2006 - 9 U 94/05, NJOZ 2006, 4437) nach teilweise vertretener Auffassung -noch weitergehend- mit denen er rechnen musste (vgl. zum Streitstand: BGH, IV ZR 88/13, NJW 2014, 3030). Die Deckungszusage erzeugt einen Vertrauenstatbestand, der es dem Versicherer bei einer fehlerhaften Einschätzung des Sachverhalts verwehrt, sich auf die Fehlerhaftigkeit der Deckungszusage zu berufen."

 

Rz. 36

Die Rechtsfolge einer solchen Erklärung, die als deklaratorisches Anerkenntnis gilt, ist eine Verpflichtung zur Regulierung. Das deklaratorische Anerkenntnis ist ein Vertrag, mit dem die Ungewissheit über die Eintrittspflicht beseitigt wurde; siehe dazu aus der Rechtsprechung vor allem BGH, Urt. v. 9.11.2008, V ZR 293/05, NJW-RR 2009, 382 Tz. 9 und 11:

"Das revisionsrechtlich zu unterstellende deklaratorische Anerkenntnis dem Grunde nach ist ein Vertrag (vgl. BGH, NJW-RR 2007, 530 Rdnr. 8 und NJW 1995, 960 = NJW-RR 1995, 165 unter II 2g), durch den die Ungewissheit über die Eintrittspflicht der C beseitigt werden sollte."

 

Rz. 37

Dieses Anerkenntnis hinsichtlich der Eintrittspflicht hat nichts mit einem Anerkenntnis zur Haftungsfrage zu tun, dass ggf. die versicherte Person gegenüber dem Dritten, also dem Geschädigten abgibt bzw. geben will. Auch hier stellt sich die Frage, ob der Versicherer aufgrund seiner Regulierungsvollmacht ebenfalls ein derartiges Anerkenntnis abgeben kann. Sicherlich nur dann, wenn der Versicherte zustimmt bzw. der Versicherer dann auch vollständig reguliert. Gleiches dürfte für ein Vergleich über den Haftungsanspruch gelten (siehe zum Anerkenntnis und Vergleich die Ausführungen oben bei A-6 AVB D&O II 5).

[1] Siehe auch ausdrücklich OLG Köln; Urt. v. 28.3.2006 – 9 U 94/05, juris, Orientierungssatz 3: Die in einem Schreiben des Regulierungsbeauftragten enthaltene Mitteilung, dass von der Verwaltungsdirektion des Versicherers auf der Grundlage des vorab gefertigten Gutachtens die "Ersatzverpflichtung bestätigt" werde, und der Versicherungsnehmer die "weitere Schadensabwicklung" mit dem Sachverständigen absprechen solle, ist als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu werten (zur Gebäudeversicherung).

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