Entscheidungsstichwort (Thema)
Leiharbeitnehmer im Luftfahrtunternehmen
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 73 Abs 1 des Tarifvertrags über die Personalvertretung für das Bordpersonal der LTU Lufttransportunternehmen GmbH + CoKG vom 28. April 1981 haben die Gruppenvertretungen der im Flugbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer dieses Unternehmens beim Einsatz von Leiharbeitnehmern mitzubestimmen (im Anschluß an BAG 14.5.1974 1 ABR 40/73 = BAGE 26, 149 = AP Nr 2 zu § 99 BetrVG 1972).
2. Das gilt auch, wenn diese Leiharbeitnehmer (Bordpersonal) auf ausländischen Teilstrecken eingesetzt werden sollen. § 1 Abs 2 des genannten Tarifvertrags beschreibt den räumlichen Geltungsbereich. Er stimmt mit dem räumlichen Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes überein. Mit dem Hinweis, daß sich Aufgaben und Befugnisse der Personalvertretungen "auf die von der LTU betriebenen Flugzeuge" erstrecken, wird eine für den Luftbetrieb eines Luftfahrtunternehmens typische "Ausstrahlung" beschrieben (im Anschluß an BAG 27.5.1982 6 ABR 28/80 = BAGE 39, 108 = AP Nr 3 zu § 42 BetrVG 1972).
Normenkette
BetrVG § 101; TVG § 3 Abs. 2; ZPO § 256 Abs. 1; BetrVG § 99 Abs. 2, § 117 Abs. 1, § 99 Abs. 1 S. 1, § 117 Abs. 2 S. 1; AÜG Art. 1 § 14 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 23.03.1983; Aktenzeichen 12 TaBV 88/82) |
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 24.06.1982; Aktenzeichen 2 BV 61/82) |
Gründe
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Einsatz von Bordpersonal amerikanischer Unternehmen auf der Flugstrecke der LTU Lufttransport-Unternehmen KG zwischen San Francisco und Los Angeles der Zustimmung der Personalvertretungen bedarf.
A. Der Arbeitgeber ist ein Lufttransportunternehmen in der Bundesrepublik Deutschland mit Sitz in Düsseldorf. Antragstellerin ist die Gesamtvertretung, eine der im Flugbetrieb des Arbeitgebers gewählten Personalvertretungen. Errichtung und Befugnisse der Personalvertretungen für das Bordpersonal des Arbeitgebers sind geregelt im Tarifvertrag über die Personalvertretung für das Bordpersonal der LTU Lufttransportunternehmen GmbH & Co. KG vom 28. April 1981, abgeschlossen zwischen der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrt-Unternehmen und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (TV-PV). Die entsprechenden Bestimmungen lauten:
§ 1
Errichtung von Personalvertretungen
(1)
Im Flugbetrieb der LTU werden Personalvertre-
tungen gewählt.
(2)
Aufgaben und Befugnisse dieser Personalvertre-
tungen erstrecken sich auf den Bereich der BRD
sowie auf die von der LTU betriebenen Flugzeu-
ge nach Maßgabe dieses Tarifvertrags.
§ 2
Persönlicher Geltungsbereich
(1)
Dieser Tarifvertrag gilt für die Mitarbeiter der
LTU, die unter den Geltungsbereich der jeweils
für das Cockpit- und Kabinenpersonal, im folgen-
den "Bordpersonal" genannt, geltenden Tarifbe-
stimmungen fallen.
(2)
Dieser Tarifvertrag gilt nicht für Angehörige
des Bordpersonals, sofern sie leitende Angestell-
te im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind
(Flugbetriebsleiter, Chefpilot, Chefsteward).
§ 5
Errichtung
(1)
Folgende Mitarbeitergruppen - soweit bei LTU
vertreten - wählen jeweils eine Gruppenvertre-
tung:
a) Kapitäne
b) Copiloten
c) Flugingenieure
d) Flugbegleiter
...
§ 30
Zusammensetzung
(1)
Aus den Gruppenvertretungen wird eine Gesamtver-
tretung gebildet.
(2)
In der Gesamtvertretung sind die Gruppenvertre-
tungen der
Kapitäne mit 2
Copiloten mit 1
Flugingenieure mit 2
Flugbegleiter mit 4
-------------------------
insgesamt mit 9
Mitgliedern vertreten.
...
§ 35
Zuständigkeit
(1)
Die Gesamtvertretung ist zuständig für Angele-
genheiten, die alle oder mehrere Gruppenvertre-
tungen betreffen.
(2)
Die Gesamtvertretung kann mit der Mehrheit der
Stimmen ihrer Mitglieder die Angelegenheit ei-
ner Gruppenvertretung an sich ziehen. Vom Zeit-
punkt des Übernahmebeschlusses an ist die be-
troffene Gruppenvertretung nicht mehr berech-
tigt, Beschlüsse oder sonstige Maßnahmen in
dieser Angelegenheit zu treffen. Die betroffe-
ne Gruppenvertretung und der Arbeitgeber sind
von dem Übernahmebeschluß unverzüglich zu un-
terrichten.
§ 73
Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen
(1)
Vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgrup-
pierung und Versetzung hat der Arbeitgeber die
Gruppenvertretung zu unterrichten und deren Zu-
stimmung zu der geplanten Maßnahme einzuholen.
...
Das Verfahren der Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen ist in § 73 Abs. 2 bis 8 (entsprechend § 99 BetrVG) geregelt.
Der Arbeitgeber fliegt regelmäßig mit seinen Flugzeugen die Strecke Düsseldorf-San Francisco-Los Angeles-Düsseldorf. In San Francisco wird das Flugzeug vom Cockpit-Personal (Kapitän, Copilot und Flugingenieur) der Firma Lockheed Corporation übernommen. Das beruht auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und diesem Unternehmen aus dem Jahre 1981. Das auf der Strecke Düsseldorf-San Francisco tätige Kabinenpersonal (Flugbegleiter) wird abgelöst durch Personal, das von der Flight Crews International Inc. (FCI) gestellt wird. Diese Maßnahme beruht auf einem Vertrag vom 2. Oktober 1981. Das Bordpersonal, das das Flugzeug von Düsseldorf nach San Francisco flog, alles Arbeitnehmer der Antragsgegnerin, fliegt auf der Teilstrecke San Francisco-Los Angeles als Passagier mit. Diese Ablösung der Besatzung ist erforderlich, um nicht die höchstzulässigen Arbeitszeiten (maximale Flugdienstzeiten) zu überschreiten. Würde das Flugzeug nicht von Personal der genannten amerikanischen Unternehmen übernommen, müßte der Arbeitgeber eigenes Personal in San Francisco zur Ablösung bereitstellen.
Die Gesamtvertretung des fliegenden Personals hat die Auffassung vertreten, das amerikanische Personal werde als Leiharbeitnehmer eingesetzt und beschäftigt. Der Einsatz und die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern sei eine Einstellung von Bordpersonal im Sinne von § 73 Abs. 1 TV-PV, die Mitbestimmungsrechte der Gruppenvertretung auslösten. Sie hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, daß die Beschäftigung
von Cockpit-Personal der Firma Lock-
heed Corporation und/oder von Kabinen-
personal der Firma Flight Crews Inter-
national zum Einsatz auf der Teil-
strecke San Francisco-Los Angeles der
Flüge Düsseldorf-Los Angeles der Be-
schwerdegegnerin ohne Zustimmung der
Beschwerdeführerin unzulässig ist,
2. vorsorglich festzustellen,
daß der Einsatz von Cockpit-Personal
der Firma Lockheed Corporation und/
oder von Kabinenpersonal der Firma
Flight Crews International auf der
Teilstrecke San Francisco-Los Angeles
der Flüge von Düsseldorf nach Los
Angeles der Beschwerdegegnerin ohne
Zustimmung der Beschwerdeführerin un-
zulässig ist.
Der Arbeitgeber hat beantragt, diese Anträge zurückzuweisen. Er hat die Zuständigkeit der Personalvertretung bestritten. Die Personalvertretung könne nur tätig werden im Bereich der Bundesrepublik Deutschland. Ihre Mitbestimmungsrechte könne sie auch nicht geltend machen in bezug auf Personen, die nicht Arbeitnehmer der Antragsgegnerin seien. Schließlich handele es sich bei der Beschäftigung des amerikanischen Personals nicht um die Übernahme von Leiharbeitnehmern. Der Übernahme des Flugzeuges lägen Werkverträge mit den genannten amerikanischen Unternehmen zugrunde.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde der Gesamtvertretung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihre Anträge weiter.
B. Die Rechtsbeschwerde der Gesamtvertretung hat Erfolg. Das Verfahren muß an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden.
I. Antragstellerin und Beschwerdeführerin ist die Gesamtvertretung des Bordpersonals. Die Personalvertretungen bestehen aus den Gruppenvertretungen und der Gesamtvertretung (§§ 5 und 30 TV- PV). Ein Vertretungsorgan "Personalvertretung" besteht nicht. Daß die Gesamtvertretung Antragstellerin ist, ergibt sich daraus, daß der Vorsitzende der Gesamtvertretung das Verfahren ersichtlich für dieses Organ eingeleitet hat.
II. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die Gruppenvertretungen vor dem Einsatz oder der Beschäftigung des amerikanischen Bordpersonals auf der Teilstrecke San Francisco-Los Angeles nach Maßgabe des § 73 TV-PV zu beteiligen sind.
In den Anträgen der Gesamtvertretung wird dieser Streitgegenstand nicht in allen Punkten zutreffend erfaßt. Die Anträge sind jedoch der Auslegung fähig und können aufgrund des Vorbringens der Antragstellerin ausgelegt werden.
1. Gegenstand des Antrags ist die Feststellung eines Beteiligungsrechts. Dieses Beteiligungsrecht soll sich aus § 73 Abs. 1 TV-PV ergeben. Dieses Beteiligungsrecht will die Gesamtvertretung geltend machen, wenn sie festgestellt wissen will, daß eine Beschäftigung des genannten Personals - ohne Zustimmung der Beschwerdeführerin - unzulässig ist.
2. Die Gesamtvertretung unterscheidet zwischen der "Beschäftigung" und dem "Einsatz" von Bordpersonal der genannten amerikanischen Unternehmen. Die Gesamtvertretung hat jedoch nicht deutlich gemacht, worin der Unterschied bestehen soll. Der Sache nach kann es nur darauf ankommen, ob das Beteiligungsrecht der Gruppenvertretungen nach Maßgabe des § 73 TV-PV auch beim Einsatz von Leiharbeitnehmern besteht. Bei Arbeitnehmern besteht das Beteiligungsrecht der Gruppenvertretung vor jeder "Einstellung". Darunter ist sowohl die Begründung des Arbeitsverhältnisses als auch die tatsächliche Arbeitsaufnahme des Arbeitnehmers im Betrieb zu verstehen (vgl. Fitting/Auffarth/Kaiser, BetrVG, 14. Aufl., § 99 Rz 10, mit weiteren Nachweisen). Bei Leiharbeitnehmern kommt es nicht zum Abschluß eines Arbeitsvertrags. Einstellung kann hier nur die tatsächliche Arbeitsaufnahme sein. Diese tatsächliche Arbeitsaufnahme kann zutreffend mit dem Wort "Einsatz" beschrieben werden (vgl. BAG 26, 149, 150 = AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972, zu I der Gründe). Gleichbedeutend mit "Einsatz" ist die "Beschäftigung" des Bordpersonals. Jedenfalls ergibt die Begründung der Anträge, daß nur das Beteiligungsrecht beim Einsatz von Leiharbeitnehmern auf der Teilstrecke beansprucht wird.
3. Die Gesamtvertretung beansprucht das Beteiligungsrecht im Einzelfall nicht für sich, sondern für die Gruppenvertretungen. Im Antrag heißt es zwar, daß eine Beschäftigung bzw. ein Einsatz dieses Bordpersonals ohne Zustimmung der Beschwerdeführerin (Gesamtvertretung) unzulässig ist. Andererseits will die Antragstellerin ein Beteiligungsrecht nach § 73 Abs. 1 TV-PV geltend machen. Dieses Mitbestimmungsrecht bei personellen Einzelmaßnahmen steht nur der Gruppenvertretung zu. Der Hinweis auf die Zuständigkeit einer "Personalvertretung" oder einer "Gesamtvertretung" ist daher nur ein Versehen.
III. Einer Sachentscheidung über diesen Antrag stehen keine verfahrensrechtlichen Hindernisse entgegen.
1. Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz. Um eine solche Angelegenheit handelt es sich hier. Zwar findet das Betriebsverfassungsgesetz unmittelbar keine Anwendung. Dieses Gesetz ist nur auf Landbetriebe von Luftfahrtunternehmen anzuwenden (§ 117 Abs. 1 BetrVG). Doch kann für die im Flugbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer von Luftfahrtunternehmen durch Tarifvertrag eine Vertretung errichtet werden (§ 117 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Diese Vertretung tritt an die Stelle des Betriebsrats. Streitigkeiten über Rechte und Pflichten dieser Personalvertretung gehören zu den Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz. § 117 Abs. 2 Satz 1 BetrVG will nur sicherstellen, daß in Luftfahrtunternehmen eine dem Flugbetrieb angemessene Personalvertretung möglich ist (vgl. auch Beschluß des Senats vom 16. Juli 1985 - 1 ABR 9/83 - zur Veröffentlichung bestimmt).
2. Die Gesamtvertretung der Gruppenvertretungen hat auch ein rechtliches Interesse daran, daß Beteiligungsrechte der Gruppenvertretungen nach § 73 TV-PV festgestellt werden (§ 256 Abs. 1 ZPO).
a) Zwar kann im Einzelfall nur die Gruppenvertretung das Mitbestimmungsrecht in Anspruch nehmen (§ 73 Abs. 1 TV-PV). Doch kann die Gesamtvertretung feststellen lassen, daß in allen personellen Angelegenheiten der vorliegenden Art - Einsatz von Leiharbeitnehmern auf ausländischen Strecken - ein Mitbestimmungsrecht der Gruppenvertretungen besteht. Da mehrere Gruppenvertretungen mit derselben Rechtsfrage befaßt sind, kann die Gesamtvertretung nach § 35 Abs. 1 TV-PV aus eigenem Recht tätig werden.
b) Die Gesamtvertretung hat auch ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Frage, ob der Einsatz von Bordpersonal, das von amerikanischen Unternehmen gestellt wird, Beteiligungsrechte der Gruppenvertretungen auslöst oder nicht. Der Arbeitgeber will auch in Zukunft ohne Beteiligung der Gruppenvertretungen dieses Personal einsetzen. Das begründet das nach § 256 ZPO notwendige rechtliche Interesse an alsbaldiger Feststellung des Rechtsverhältnisses (§ 256 Abs. 1 ZPO).
IV. In der Sache hat die Rechtsbeschwerde der Gesamtvertretung insoweit Erfolg, als der angefochtene Beschluß aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden muß.
1. Die Begründung, mit der das Landesarbeitsgericht den Antrag abgewiesen hat, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die betriebsverfassungsrechtlichen Befugnisse der Gruppenvertretungen erstreckten sich nicht auf das Personal, das auf inneramerikanischen Teilstrecken eingesetzt werde. Dazu verweist das Landesarbeitsgericht auf § 1 Abs. 2 TV-PV.
Danach sollen sich Befugnisse der Gruppenvertretungen räumlich nur auf den Bereich der Bundesrepublik Deutschland erstrecken. Mit dem Hinweis auf "die von der LTU betriebenen Flugzeuge" werde der fachliche Geltungsbereich des Tarifvertrags umschrieben, nicht der räumliche.
Dies ist so nicht richtig.
a) Der Tarifvertrag gilt für "den Bereich der Bundesrepublik Deutschland". Das ist auch der Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes. Das Betriebsverfassungsgesetz gilt nur innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland und im Land Berlin (vgl. BAG 39, 108, 111 = AP Nr. 3 zu § 42 BetrVG 1972, zu B 2 der Gründe, mit weiteren Nachweisen). Es erfaßt alle inländischen Betriebe und die in ihnen tätigen Personen. Da es sich auf Betriebe bezieht, bestehen jedoch auch Beteiligungsrechte des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten der vorübergehend im Ausland tätigen Arbeitnehmer, soweit sie noch zum inländischen Betrieb gehören (vgl. BAG 39, 108, 110 = AP Nr. 3 zu § 42 BetrVG 1972, zu B 1 der Gründe, mit weiteren Nachweisen). Insoweit handelt es sich um eine "Ausstrahlung" der deutschen Betriebsverfassung.
Andererseits ist das deutsche Betriebsverfassungsgesetz - entsprechend dem Territorialitätsprinzip - nicht auf ausländische Betriebe eines inländischen Unternehmens anzuwenden. Das gilt auch für unselbständige Betriebsteile oder Nebenbetriebe. Entscheidend ist dabei, ob außerhalb des Geltungsbereichs des Betriebsverfassungsgesetzes eine eigene feste und dauerhafte betriebliche Organisation besteht, der Arbeitnehmer sachlich und organisatorisch zugeordnet sind (vgl. BAG 30, 266, 271 = AP Nr. 16 zu Internat. Privatrecht, Arbeitsrecht, zu II 2 d der Gründe). Das könnte etwa eine Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle des Luftfahrtunternehmens mit eigener Personalverwaltung sein.
Dagegen kommt es auf die Staatsangehörigkeit der im In- oder Ausland beschäftigten Mitarbeiter und auf die Frage, welches nationale Arbeitsrecht im Einzelfall auf das Arbeitsverhältnis der Betriebsangehörigen anzuwenden ist, nicht an. Auch ausländische Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis sich nach ausländischem Recht richtet, können zur Belegschaft eines inländischen Betriebs gehören, auf die deutsches Betriebsverfassungsrecht anzuwenden ist (vgl. BAG 30, 266, 269 = AP Nr. 16 zu Internat. Privatrecht, Arbeitsrecht, zu II 2 a der Gründe).
Von diesem räumlichen Geltungsbereich, in dem das Betriebsverfassungsgesetz Anwendung findet, geht auch der Tarifvertrag aus. Hätte er seinen Geltungsbereich im Vergleich zum Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes einschränken wollen, hätten die Tarifvertragsparteien dies deutlich zum Ausdruck gebracht.
b) Das ist jedoch nicht der Fall. Nach § 1 Abs. 2 TV-PV sollen sich die Befugnisse der Personalvertretungen vielmehr auch auf "die von der LTU betriebenen Flugzeuge" erstrecken. Damit ist eine für den Flugbetrieb typische "Ausstrahlungswirkung" des deutschen Betriebsverfassungsgesetzes beschrieben.
Am Beispiel einer Einstellung eines Arbeitnehmers, der - nach seinem Arbeitsvertrag - auf ausländischen Teilstrecken eingesetzt werden soll, wird das deutlich. Hätte der Arbeitgeber im vorliegenden Fall eigene Arbeitnehmer für Dienstleistungen im Flugbetrieb auf der Teilstrecke San Francisco-Los Angeles eingestellt, wäre die Personalvertretung zuständig auch für personelle Angelegenheiten dieser Arbeitnehmer. Denn diese Arbeitnehmer gehören noch zum Flugbetrieb eines Luftfahrtunternehmens. Die Eigenart eines Luftfahrtunternehmens bringt es mit sich, daß die im Flugbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer weltweit eingesetzt werden. Die Zugehörigkeit zum Betrieb kann daher nicht davon abhängen, ob und in welcher Häufigkeit sie zum Sitz des Unternehmens zurückkehren.
Demgegenüber will das Landesarbeitsgericht in dieser Formulierung nur eine Beschreibung des fachlichen Geltungsbereichs des Tarifvertrags sehen. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde der Gesamtvertretung mit Recht. Denn im vorliegenden Fall des TV-PV brauchte nur der persönliche und der räumliche Geltungsbereich des Tarifvertrags bestimmt zu werden. Persönlich konnte und durfte sich der Tarifvertrag auf alle im Flugbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer beziehen. Der persönliche Geltungsbereich ist in § 2 Abs. 1 umschrieben. Für die nähere Regelung eines fachlichen Geltungsbereichs gab es keinen Anlaß. Der Tarifvertrag gilt ohnehin nur für ein Luftfahrtunternehmen.
c) Mit der beschränkten räumlichen Geltung des TV-PV läßt sich die Abweisung des Antrags, der ein Mitbestimmungsrecht der Gruppenvertretungen bei personellen Einzelmaßnahmen in Anspruch nimmt, nicht rechtfertigen. Die Beschäftigung amerikanischen Bordpersonals auf inneramerikanischen Strecken ist kein Problem der räumlichen Geltung dieses Tarifvertrags, sondern ein sachliches Problem. Es muß daher geprüft werden, ob den Gruppenvertretungen das in Anspruch genommene Mitbestimmungsrecht beim Einsatz des Personals anderer Unternehmen auf der genannten Teilstrecke zusteht.
2. Diese Frage kann der Senat nicht abschließend beurteilen.
a) Nach § 73 Abs. 1 TV-PV hat der Arbeitgeber vor jeder "Einstellung" die Gruppenvertretung zu unterrichten und deren Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Die antragstellende Gesamtvertretung meint, unter "Einstellung" im Sinne dieses Tarifvertrags sei auch der Einsatz von Leiharbeitnehmern zu verstehen. Das trifft zu.
§ 73 Abs. 1 TV-PV stimmt im wesentlichen mit § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG überein. Die Tarifvertragsparteien haben § 73 Abs. 1 TV-PV offensichtlich dieser betriebsverfassungsrechtlichen Norm nachgebildet. Sie wollten den Gruppenvertretungen die Mitbestimmungsrechte einräumen, die einem Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zustehen.
Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG fällt die Beschäftigung (der Einsatz) von Leiharbeitnehmern unter den Begriff der "Einstellung". Zwar schließt der Leiharbeitnehmer einen Arbeitsvertrag nur mit dem Verleiher-Arbeitgeber. Faktisch ist er aber in den Entleiherbetrieb für eine bestimmte Zeit mit seinem Einverständnis eingegliedert; er arbeitet dort wie jeder Stammarbeitnehmer auch. Insoweit besteht eine Befugnis des Entleihers, Arbeit zuweisen zu können. Die Betriebsordnung gilt einheitlich für ständige und entliehene Arbeitnehmer. Schließlich sind Arbeitgeber und Betriebsrat des Entleiherbetriebs für Fragen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung für alle dort tätigen Mitarbeiter zuständig.
Wegen ihrer faktischen Eingliederung in den entleihenden Betrieb bedürfen nicht nur die Leiharbeitnehmer des betriebsverfassungsrechtlichen Schutzes durch einen Betriebsrat. Auch die Stammbelegschaft kann durch die Beschäftigung (den Einsatz) von Leiharbeitnehmern betroffen sein. Deshalb ist es notwendig, den Einsatz von Leiharbeitnehmern an die Zustimmung des Betriebsrats zu binden. Die Reichweite des Mitbestimmungsrechts ergibt sich für das Betriebsverfassungsgesetz aus § 99 Abs. 2. Der Betriebsrat kann die Zustimmung aus den im Gesetz im einzelnen aufgeführten Gründen verweigern. Die genannten Gründe haben in gleicher Weise praktische Bedeutung für die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern wie für die Beschäftigung von Stammarbeitnehmern. So kann der Betriebsrat z. B. der Einstellung widersprechen, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, daß durch diese Einstellung im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden (§ 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG). Es ist offensichtlich, daß eine solche Besorgnis auch bei der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern bestehen kann (vgl. BAG 26, 149, 153 f. = AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972, zu II 2 und 3 der Gründe, mit weiteren Nachweisen).
Diese Rechtsprechung zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Entleiherbetrieb nach § 99 BetrVG hat der Gesetzgeber bestätigt. Er hat durch § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG in der Fassung des Gesetzes vom 15. Dezember 1981 (BGBl. I, 1390) klargestellt, daß vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung der Betriebsrat des Entleiherbetriebs nach § 99 des BetrVG zu beteiligen ist. Im Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes wird § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mithin ergänzt durch § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG. Dabei zwingt der vorliegende Fall nicht dazu, das Verhältnis dieser Normen zueinander abschließend zu klären.
Der Tarifvertrag vom 28. April 1981 räumt den Gruppenvertretungen dieselben Mitbestimmungsrechte ein, wie sie einem Betriebsrat bei der Übernahme von Leiharbeitnehmern zur Arbeitsleistung im Entleiherbetrieb nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zustehen. Der Tarifvertrag stimmt insoweit wörtlich mit der gesetzlichen Regelung überein. Hätten die Tarifvertragsparteien den Umfang der Beteiligungsrechte der Gruppenvertretungen beim Einsatz von Leiharbeitnehmern für ihren Bereich einschränken wollen, hätten sie dies deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Die Rechte der Gruppenvertretungen stimmen nämlich auch im übrigen weitgehend mit den Rechten eines Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen überein. Dort wo eine Abweichung beabsichtigt ist, etwa in bezug auf die Regelung des § 101 BetrVG, wird dies ausdrücklich gesagt.
b) Die Mitbestimmungsrechte der Gruppenvertretungen, die durch den Tarifvertrag über die Personalvertretung für das Bordpersonal begründet werden, gelten unmittelbar für einen Betrieb, dessen Arbeitgeber tarifgebunden ist (§ 3 Abs. 2 TVG). Das ist hier der Fall. Der Arbeitgeber ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrt-Unternehmen; nur für seinen Betrieb wurde der genannte Tarifvertrag abgeschlossen.
Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt es nicht darauf an, ob das amerikanische Bordpersonal in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt wird. Es reicht zur Begründung von Mitbestimmungsrechten der Gruppenvertretungen aus, wenn dieses Personal als Leiharbeitnehmer übernommen wird. Es trifft nicht zu, daß Rechte und Interessen der ständig beschäftigten Arbeitnehmer nicht berührt würden, wenn Leiharbeitnehmer beschäftigt werden. Es geht nämlich nicht nur um die Beachtung der zulässigen Flug- und Arbeitszeiten, sondern u.a. auch um die Gefährdung von Arbeitsplätzen der Stammarbeitnehmer.
Darüber, ob sich das amerikanische Bordpersonal selbst auf einzelne Bestimmungen des Tarifvertrags berufen könnte, war nicht zu entscheiden. Auf den persönlichen Geltungsbereich des TV-PV kommt es nicht an. Dieser Tarifvertrag enthält Rechtsnormen über betriebsverfassungsrechtliche Fragen. Zu entscheiden war daher nur über die Rechte der Gruppenvertretungen, nicht über Rechte und Ansprüche einzelner Mitarbeiter.
c) Die Entscheidung in diesem Verfahren hängt mithin nur davon ab, ob der Arbeitgeber das amerikanische Bordpersonal als Leiharbeitnehmer übernommen hat oder ob die Beschäftigung dieses Personals letztlich nur auf Dienst- oder Werkverträgen beruht, die das Luftfahrtunternehmen mit amerikanischen Gesellschaften abgeschlossen hat.
Diese Frage kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Eine Arbeitnehmerüberlassung liegt vor, wenn ein Unternehmer (Verleiher) einem anderen Unternehmer (Entleiher - hier die LTU Lufttransport-Unternehmen KG) Arbeitskräfte zur Verfügung stellt, die voll in den Betrieb des Entleihers eingegliedert sind und ihre Arbeiten allein nach dessen Weisungen ausführen. Von dieser Arbeitnehmerüberlassung ist die Tätigkeit eines Unternehmers aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags zu unterscheiden. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen weiterhin allein der Weisung des Unternehmers und sind dessen Erfüllungsgehilfen bei der Ausführung des vereinbarten Geschäfts.
Ob die Arbeitskräfte im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags eingesetzt werden oder ob es sich um eine Arbeitnehmerüberlassung handelt, entscheidet sich nach dem Geschäftsinhalt der zwischen den beteiligten Unternehmen - hier zwischen der LTU Lufttransport-Unternehmen KG und den amerikanischen Unternehmen - zustande gekommenen Verträge. Dabei kann sich der Geschäftsinhalt sowohl aus den schriftlichen Vereinbarungen der beteiligten Unternehmer als auch aus der praktischen Durchführung ergeben. Widersprechen sich schriftliche Vereinbarungen und tatsächliche Durchführung des Vertrags, kommt es für die Ermittlung des Geschäftsinhalts auf die tatsächliche Durchführung an (vgl. BAG 43, 102, 105 = AP Nr. 5 zu § 10 AÜG, zu I 1 a und b der Gründe, mit weiteren Nachweisen).
Hier liegen dem Senat nur die schriftlich abgeschlossenen Verträge vor. Feststellungen über die praktische Durchführung der Verträge hat das Landesarbeitsgericht noch nicht getroffen. Das Verfahren muß deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden.
Dr. Kissel Dr. Heither Matthes
Dr. Wehr Blanke
Fundstellen
Haufe-Index 436807 |
DB 1986, 331-332 (LT1-2) |
RdA 1986, 65 |
AP § 117 BetrVG 1972 (LT1-2), Nr 3 |
AR-Blattei, Betriebsverfassung XIVB Entsch 87 (LT1-2) |
AR-Blattei, ES 530.14.2 Nr 87 |
EzAÜG, Nr 188 (LT1-2) |
EzA § 99 BetrVG 1972, Nr 41 (LT1-2) |
IPRspr. 1985, 51 |