Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige Berufung. Anforderungen an die Berufungsschrift. Erkennbarkeit der Person des Berufungsklägers. Prozeßrecht
Orientierungssatz
- Die nach § 518 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vorgeschriebene Erklärung, daß gegen ein bestimmtes Urteil Berufung eingelegt werde, muß auch die Angabe enthalten, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werden soll.
- Wer Berufungskläger und wer Berufungsbeklagter ist, muß entweder aus der Berufungsschrift für sich allein oder jedenfalls mit Hilfe weiterer Unterlagen, wie etwa des ihr beigefügten erstinstanzlichen Urteils, bis Ablauf der Berufungsfrist eindeutig zu erkennen sein.
- Wird in der Berufungsschrift nicht ausdrücklich angegeben, für wen Berufung eingelegt wird, so ist es auch nicht ausreichend, daß in ihr der Berufungskläger an erster Stelle genannt wird.
Normenkette
ZPO § 518 Abs. 2 Nr. 2, § 519b Abs. 1 S. 2; ArbGG § 66
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 13.02.2001; Aktenzeichen 5 Sa 1545/00) |
ArbG Mainz (Entscheidung vom 30.08.2000; Aktenzeichen 4 Ca 1281/00) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. Februar 2001 – 5 Sa 1545/00 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
I. Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung und die daraus folgende Vergütung der Klägerin. Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Restlohnzahlung abgewiesen. Gegen dieses ihr am 16. November 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am Montag, dem 18. Dezember 2000, um 23.58 Uhr eingegangenen Telefax Berufung eingelegt. Die handschriftlich verfaßte Berufungsschrift der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin hat folgenden Wortlaut:
“An das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Rechtsstreit: Ursula Kamilli ./. Firma Brüning Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz mit dem Aktenzeichen 4 Ca 1281/00 vom 30.08.00, zugestellt am 16.11.00 legen wir zunächst fristwahrend
Berufung
ein.
Die Begründung erfolgt ggfs. mit einem gesonderten Schriftsatz.”
Am 19. Dezember 2000 um 0.00 Uhr ging beim Landesarbeitsgericht per Telefax ein maschinengeschriebener Schriftsatz der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 18. Dezember 2000 ein, der im wesentlichen mit der handschriftlichen Berufung wörtlich übereinstimmte. Das angegriffene Urteil lag weder der handschriftlichen noch der maschinenschriftlichen Berufung bei.
Mit richterlichem Schreiben vom 28. Dezember 2000 bat das Landesarbeitsgericht die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin um Mitteilung, für wen die Berufung vom 18./19. Dezember 2000 eingelegt worden sei. Mit einem am 8. Januar 2001 eingegangenen Schriftsatz teilten die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin mit, daß die Berufung für die Klägerin eingelegt worden sei. Am 10. Januar 2001 gingen die beim Arbeitsgericht angeforderten Prozeßakten beim Landesarbeitsgericht ein.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin durch Beschluß als unzulässig verworfen, weil die rechtzeitig am 18. Dezember 2000 um 23.58 Uhr per Telefax eingegangene Berufung in inhaltlicher Hinsicht nicht den Anforderungen genüge, die an eine ordnungsgemäße Berufungsschrift zu stellen seien.
Entscheidungsgründe
II. Die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revisionsbeschwerde der Klägerin ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht gem. § 519b Abs. 1 Satz 2, § 518 ZPO, § 66 Abs. 1 ArbGG als unzulässig verworfen, weil die Berufungsschrift bis Ablauf der Berufungsfrist am 18. Dezember 2000 nicht erkennen ließ, wer Berufungskläger ist.
- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts muß die in § 518 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vorgeschriebene Erklärung, daß gegen ein bestimmtes Urteil Berufung eingelegt werde, auch die Angabe enthalten, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt sein solle. Hiernach muß aus der Berufungsschrift entweder schon für sich allein oder jedenfalls mit Hilfe weiterer Unterlagen, wie etwa des ihr beigefügten erstinstanzlichen Urteils, bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig zu erkennen sein, wer Berufungskläger ist und wer Berufungsbeklagter. Bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung muß ein vernünftiger Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers ausgeschlossen sein (vgl. BGH 4. Juni 1997 – VIII ZB 9/97 – AP ZPO § 518 Nr. 71; BAG 18. April 1972 – 1 AZR 73/72 – BAGE 24, 233).
Diesen Anforderungen entsprechen weder die handschriftliche noch die maschinengeschriebene Berufungsschrift der Klägerin vom 18. Dezember 2000. Bei Ablauf der Berufungsfrist am 18. Dezember 2000 war nicht erkennbar, wer Berufungskläger ist. Die Berufungsschriften enthielten mit dem Hinweis auf den “Rechtsstreit Ursula Kamilli ./. Firma Brüning” zwar eine Bezeichnung der Parteien. Aus der Reihenfolge der genannten Parteien allein ließ sich jedoch nicht entnehmen, für wen die Berufung eingelegt werde. Wird in der Rechtsmittelschrift nicht ausdrücklich angegeben, für wen Rechtsmittel eingelegt wird, so ist es auch nicht ausreichend, daß in ihr der Rechtsmittelkläger an erster Stelle genannt wird (vgl. BAG aaO).
Die Person des Berufungsklägers hätte zwar aus der Berufungsschrift mit Hilfe des Ersturteils ermittelt werden können. Das angefochtene Urteil lag aber ebenso wie die Prozeßakten dem Berufungsgericht bei Ablauf der Berufungsfrist nicht vor. Im Zeitpunkt des Eingangs der ersten Berufungsschrift um 23.58 Uhr des Ablauftages war eine rechtzeitige Anforderung dieser Unterlagen oder ein Hinweis auf eine rechtzeitige Ergänzung der Berufung nicht möglich.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
IV. Streitwert: 2.523,00 DM.
Unterschriften
Etzel, Dr. Wittek, Mikosch
Fundstellen
Haufe-Index 901910 |
FA 2001, 341 |
EzA |