Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterrichtung des Betriebsrats bei der Einstellung

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 Sätze 1-2, § 80 Abs. 2 S. 2 2. Halbs, § 2

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Beschluss vom 13.12.1990; Aktenzeichen 6 TaBV 5/90)

ArbG Pforzheim (Beschluss vom 19.07.1990; Aktenzeichen 4 BV 13/90)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 1990 – 6 TaBV 5/90 – wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

A. Die Beteiligten streiten über die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats bei einer Einstellung.

Der Arbeitgeber unterhält mehrere Einrichtungszentren, darunter das 1989 eröffnete Haus in P. Dort wurde am 12. Juni 1990 intern die Stelle einer Möbelverkäuferin für das 1. Obergeschoß ausgeschrieben. Auf dieser Etage sind bereits sechs Verkäufer eingesetzt, die neben einem Festgehalt eine erfolgsabhängige Abschlußvergütung erhalten. Diese ist in einer Provisions- und Prämienordnung geregelt, die u.a. das Warensortiment in vier Provisionsgruppen aufteilt. Um die ausgeschriebene Stelle bewarb sich Frau S. T., die zu dieser Zeit nicht beim Arbeitgeber beschäftigt war. Der Arbeitgeber teilte dem Betriebsrat mit Schreiben vom 18. Juni 1990 die beabsichtigte Einstellung von Frau T. mit. Der Betriebsrat, dem das Schreiben am 19. Juni 1990 zuging, richtete an den Arbeitgeber am 20. Juni 1990 ein Schreiben folgenden Inhalts:

„Sehr geehrter Herr Sch.,

zur Einstellung von Frl. T. können wir im Augenblick keine Entscheidung treffen, da wir um einen Vergleich zu haben, die Umsatzzahlen der Verkäufer aus dem 1. OG einsehen möchten.

Erst dann kann die Entscheidung getroffen werden.

Bitte stellen Sie uns die Zahlen bis zu unserer nächsten Sitzung am 26.06.90 zur Verfügung.”

Unter dem 26. Juni 1990 teilte der Arbeitgeber dem Betriebsrat mit, er sehe nicht, weshalb die Weitergabe von Umsatzzahlen für die Stellungnahme zur beabsichtigten Einstellung erforderlich sei. Hierauf erwiderte der Betriebsrat am selben Tag wie folgt:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

bezugnehmend auf ihr o.g. Fax teilen wir Ihnen mit, daß lt. § 99 des BetrVG Abs. 1, dem Betriebsrat die erforderlichen Unterlagen vorzulegen sind. Sollten diese nicht vorgelegt werden, kann der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern.”

Da der Arbeitgeber telefonisch mitteilte, daß er keine Unterlagen über Umsatzzahlen vorlege, beschloß der Betriebsrat in der Sitzung vom 26. Juni 1990 die Zustimmung zur Einstellung von Frau T. zu verweigern und teilte dem Arbeitgeber am selben Tage mit:

„Der Durchführung der Maßnahme wird nicht zugestimmt, da nach Ansicht des Betriebsrates ein Grund gemäß § 99 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz vorliegt.

Laut Telefonat von heute mit H. R. werden uns die angeforderten erforderlichen Unterlagen über die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen nach § 99 Abs. 1 verweigert.”

Mit Schreiben vom 28. Juni 1990 unterrichtete der Arbeitgeber den Betriebsrat davon, daß er Frau T. wegen der hohen Kundenfrequenz und des relativ guten Umsatzes und der beginnenden Urlaubszeit nach § 100 Abs. 1 BetrVG ab 1. Juli 1990 beschäftigen und einen Antrag auf Ersetzung der Zustimmung stellen werde. Hierauf erwiderte der Betriebsrat am 29. Juni 1990 auszugsweise:

„Der Betriebsrat hält seinen Widerspruch vom 26.06.90 zur personellen und vorläufig personellen Maßnahme nach § 100 BetrVG aufrecht, da uns die konkreten Daten vom Arbeitgeber trotz mehrfacher Aufforderungen verweigert wurden.

Wir sehen auch gar keinen Anlaß für die vorläufig personelle Maßnahme, da die Daten dem Betriebsrat immer noch nicht vorgelegt sind. Wenn sie dem Gericht vorgelegt werden und dem Betriebsrat nicht, soll offensichtlich hier eine Behinderung der Betriebsratsarbeit stattfinden.”

Mit Schriftsatz vom 2. Juli 1990 leitete der Arbeitgeber das vorliegende Verfahren ein. Er meint, das Verlangen des Betriebsrats nach Mitteilung der Umsatzzahlen einzelner Verkaufsmitarbeiter sei unbegründet, da diese Informationen mit der Einstellung eines Verkäufers nichts zu tun hätten.

Der Arbeitgeber hat daher beantragt,

die Zustimmung des Betriebsrates des Verkaufshauses P. zur vorgesehenen Einstellung der Verkäuferin Frau S. T. gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen

und die Zustimmung zur vorläufigen personellen Maßnahme nach § 100 Abs. 2 BetrVG zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er meint, die Einstellung einer weiteren Verkaufskraft wirke sich auf das Einkommen der übrigen Verkäufer aus und begründe daher die Gefahr einer Benachteiligung der bisher Beschäftigten. Er könne die zu erwartenden Auswirkungen der geplanten Neueinstellung jedoch erst nach Vorlage der Umsatzzahlen der betreffenden Abteilung ausreichend beurteilen. Im übrigen vertritt er die Auffassung, die vorläufige Einstellung sei nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge des Arbeitgebers als unbegründet abgewiesen. In der Beschwerdeinstanz hat der Arbeitgeber nähere Zahlen zur Steigerung der Anzahl der Besucher und des Umsatzes vorgebracht (Frequenzanalyse für das Geschäftsjahr 89/90) und im Anhörungstermin vom 13. Dezember 1990 erklärt, er wolle seine Anträge dahin verstanden wissen, daß primär die Feststellung begehrt werde, daß die Zustimmung zur Einstellung von Frau T. als erteilt gelte. Das Landesarbeitsgericht hat unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses festgestellt, daß die Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung als erteilt gilt. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Betriebsrats.

 

Entscheidungsgründe

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.

I. Die Anträge des Arbeitgebers sind zulässig.

1. In seiner Entscheidung vom 18. Oktober 1988 (BAGE 60, 57 = AP Nr. 57 zu § 99 BetrVG 1972) hat der Senat ausgesprochen, aus Gründen der Verfahrensökonomie und des Zweckes des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG sei es geboten, daß das Gericht in einem Verfahren auf Erteilung der Zustimmung des Betriebsrates auch ohne einen hierauf gerichteten Antrag des Arbeitgebers die Feststellung aussprechen könne, daß die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt gelte, wenn sich dies im Laufe des Verfahrens herausstellt.

Vorliegend hat der Arbeitgeber sein Interesse an der Feststellung, daß die Zustimmung als erteilt gilt, auch ausdrücklich im Anhörungstermin vor dem Landesarbeitsgericht zu Protokoll erklärt.

2. Soweit der Arbeitgeber im übrigen neben dem Antrag festzustellen, daß die Zustimmung des Betriebsrates als erteilt gilt, zugleich die Feststellung begehrt, daß die vorläufige Durchführung der personellen Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, stehen dem keine Bedenken entgegen. Der Senat hat eine derartige Zusammenfassung der Anträge in einem Verfahren seit der Entscheidung vom 7. November 1977 (BAGE 29, 345 = AP Nr. 1 zu § 100 BetrVG 1972 mit Anm. Richardi) stets für zulässig erachtet.

3. Für die Anträge besteht auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse, denn es geht dem Arbeitgeber nicht um die abstrakte Beantwortung der Frage, ob er den Betriebsrat vor Einstellung über Umsatzzahlen informieren muß, sondern um die konkrete Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von Frau T.

II. Die Anträge des Arbeitgebers sind begründet.

Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, daß die Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung von Frau T. nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt gilt.

1. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG muß der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung unterrichten, ihm u.a. unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme geben und seine Zustimmung zur beabsichtigten Maßnahme einholen. Will der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern, kann er sich nur auf die in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend genannten Gründe stützen und muß dies dem Arbeitgeber unter Bezeichnung des gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgrundes binnen einer Woche nach Unterrichtung schriftlich mitteilen. Äußert sich der Betriebsrat nicht, so gilt seine Zustimmung nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt.

2. Voraussetzung für den Eintritt dieser gesetzlichen Fiktion, wie auch für eine gerichtliche Zustimmungsersetzung, ist eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrates durch den Arbeitgeber. Ohne eine dem Gesetz entsprechende und damit ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrates kann der Arbeitgeber die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht in Lauf setzen. Sein Antrag auf Feststellung, daß die Zustimmung als erteilt gilt, muß dann abgewiesen werden.

a) Allerdings kann der Betriebsrat, wenn er die Unterrichtung durch den Arbeitgeber für unvollständig hält, und zur Meinungsbildung noch weitere Informationen benötigt, nicht untätig bleiben. Vielmehr erfordert es das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nach § 2 BetrVG, daß er dem Arbeitgeber dann innerhalb der Wochenfrist, in der der Arbeitgeber seine Stellungnahme erwartet, mitteilt, wenn er für eine abschließende Meinungsbildung noch Informationen benötigt. Anderenfalls gilt mit Ablauf der Wochenfrist seine Zustimmung als erteilt (Senatsbeschluß vom 14. März 1989, BAGE 61, 189 = AP Nr. 64 zu § 99 BetrVG 1972).

b) Im vorliegenden Falle hat der Betriebsrat den Arbeitgeber mit Schreiben vom 20. Juni 1990 darüber informiert, daß er „die Umsatzzahlen der Verkäufer aus dem 1. OG” einsehen möchte und mit weiterem Schreiben vom 26. Juni 1990 mitgeteilt, daß „lt. § 99 Abs. 1 BetrVG dem Betriebsrat die erforderlichen Unterlagen vorzulegen sind”.

Der Senat folgt dem Landesarbeitsgericht in seiner Auffassung, daß der Arbeitgeber vorliegend nicht verpflichtet war, die vom Betriebsrat verlangten Unterlagen über Umsatzzahlen mitzuteilen. Er hat den Betriebsrat auch ohne Vorlage dieser Unterlagen dem Gesetz entsprechend unterrichtet.

Die ordnungsgemäße Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 BetrVG soll den Betriebsrat in die Lage versetzen, sachgerecht zu der in Aussicht genommenen personellen Einzelmaßnahme Stellung zu nehmen und insbesondere zu prüfen, ob er die Zustimmung zur personellen Einzelmaßnahme aus den in § 99 Abs. 2 BetrVG aufgezählten Gründen verweigern kann. Daraus folgt, daß der Betriebsrat Informationen nur insoweit verlangen kann, als er hierdurch Kenntnis von Umständen erlangt, die ein Zustimmungsverweigerungsrecht begründen können. Das ist im vorliegenden Fall jedoch ausgeschlossen. Selbst wenn der Betriebsrat Informationen über die Umsatzzahlen der Mitarbeiter erhält, kann er hieraus nicht mehr für einen Zustimmungsverweigerungsgrund ableiten als ohne diese Information. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des vom Betriebsrat herangezogenen § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG, wonach ihm das Recht zusteht, die Zustimmung zu verweigern, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, daß infolge der personellen Einzelmaßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne daß dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist.

aa) Der Betriebsrat könnte sich auch bei Vorlage der Umsatzzahlen nicht darauf berufen, er sei besorgt, daß infolge der Einstellung von Frau T. im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden.

Zwar hat er in der Rechtsbeschwerdeschrift vorgetragen, er sehe die Gefahr, daß die Neueinstellung erfolge, um einen leistungsschwächeren Einrichtungsberater auf mittlere Frist zu ersetzen, da einem der im 1. OG eingesetzten Arbeitskollegen Vorhaltungen wegen Nichterfüllung des gewünschten Umsatzes gemacht worden seien.

Mit dieser Begründung könnte der Betriebsrat jedoch seine Zustimmung nicht nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG verweigern. Das Zustimmungsverweigerungsrecht setzt die Besorgnis voraus, daß im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer infolge der personellen Maßnahme Nachteile erleiden. Der befürchtete Nachteil muß daher unmittelbare Folge der geplanten Maßnahme sein (BAGE 29, 345 = AP Nr. 1 zu § 100 BetrVG 1972 m. Anm. Richardi). Dieses Erfordernis ist jedoch nach dem Vorbringen des Betriebsrats hinsichtlich einer beabsichtigten Kündigung nicht erfüllt. Die Begründung legt eher den Schluß nahe, dem betroffenen Arbeitnehmer solle infolge unzureichender Leistung gekündigt werden. Die Unterrichtung über Umsatzzahlen könnte dann nur im Hinblick auf eine künftige Kündigung dienlich sein. Hierfür ist jedoch mangels Auswirkungen der Einstellung von Frau T. in diesem Zustimmungsersetzungsverfahren kein Raum. Die Unterlagen können allenfalls bei einer späteren Kündigung im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG von Belang sein.

bb) Ebensowenig ist die Vorlage der verlangten Unterlagen über die Umsatzzahlen geeignet, dem Betriebsrat Tatsachen zur Kenntnis zu bringen, aufgrund derer er seine Besorgnis gründen kann, daß infolge der Einstellung von Frau T. im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer sonstige Nachteile erleiden. Der Betriebsrat beruft sich insoweit darauf, daß die Einstellung von Frau T. nachteilige Auswirkungen auf die finanzielle Einkommenssituation der schon im 1. OG eingesetzten Arbeitnehmer habe.

Der Senat geht seit seiner Entscheidung vom 15. September 1987 (BAGE 56, 108 = AP Nr. 46 zu § 99 BetrVG 1972) davon aus, ein sonstiger Nachteil im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG könne nicht nur der Verlust einer Rechtsposition oder einer rechtserheblichen Anwartschaft sein, sondern auch tatsächliche Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen von nicht unerheblichem Gewicht sein; zu den „sonstigen Nachteilen” im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG gehört danach auch eine Verschlechterung des bisherigen Status anderer Arbeitnehmer. Dementsprechend könnte auch vorliegend der Betriebsrat nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG die Zustimmung mit der Begründung verweigern, infolge der Neueinstellung erlitten die schon bisher beschäftigten Verkäufer monatliche Einkommenseinbußen,

Für die Frage, ob und in welchem Maße infolge der Einstellung die neben dem Festgehalt gezahlten Abschlußprovisionen sich für die schon bisher beschäftigten Verkäufer verringern, erhält der Betriebsrat aber keine genauere Kenntnis, wenn ihm die verlangten Unterlagen über die Umsätze vorliegen. Nach der in dem Betrieb geltenden Provisionsordnung ist das Warensortiment in verschiedene Provisionsgruppen eingeteilt, für die unterschiedliche Provisionssätze gelten. Dem Umsatz des einzelnen Verkäufers kann der Betriebsrat also nicht entnehmen, wie hoch die Provision des jeweiligen Verkäufers gewesen ist. Die Höhe der bisherigen Provisionszahlungen an die Verkäufer könnte der Betriebsrat dagegen ohne weiteres einer Einblicknahme in die Bruttogehaltslisten entnehmen (§ 80 Abs. 2 Satz 2 2, Halbsatz BetrVG). Allenfalls die Entwicklung der Umsatzzahlen in der Vergangenheit könnte Grundlage einer genaueren Prognose über die zu erwartenden Provisionsverluste sein. Dem Auskunftsverlangen des Betriebsrats kann aber nicht entnommen werden, daß dieser über die letzten Umsatzzahlen hinaus Unterlagen über die Entwicklung der Umsätze (z.B. monatliche Umsatzzahlen seit Filialeröffnung) hätte haben wollen. Mit oder ohne verlangte Unterlagen kann der Betriebsrat daher in gleicher Weise die Gefahr erkennen, daß die bislang im 1. OG eingesetzten Mitarbeiter eventuell Einkommenseinbußen erleiden.

Daher sind diese Unterlagen nicht erforderlich im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Bestand daher keine Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Betriebsrat die verlangten Unterlagen zur Verfügung zu stellen, ist er seiner Unterrichtungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen. Mit seiner ordnungsgemäßen Unterrichtung hat der Arbeitgeber die Wochenfrist zur Stellungnahme nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Lauf gesetzt.

3. Das Landesarbeitsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, daß der Betriebsrat in der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG keinen beachtlichen Widerspruch gegen die geplante Einstellung erklärt hat.

a) In seiner schriftlichen Stellungnahme muß der Betriebsrat erkennen lassen, daß er von seiner Befugnis, die Zustimmung aus einem der in § 99 Abs. 2 BetrVG angeführten Gründe zu verweigern, Gebrauch machen will. Seit seiner Entscheidung vom 26. Januar 1988 (BAGE 57, 242 = AP Nr. 50 zu § 99 BetrVG 1972; zuletzt Beschluß vom 20. März 1990 – 1 ABR 20/89 – AP Nr. 79 zu § 99 BetrVG 1972, zu B II 3 b der Gründe, zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) geht der Senat davon aus, daß die Verweigerung der Zustimmung dann ausreichend begründet ist, wenn die vom Betriebsrat für die Verweigerung vorgetragene Begründung es als möglich erscheinen läßt, daß einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend genannten Zustimmungsverweigerungsgründe geltend gemacht wird. Nur eine Begründung, die offensichtlich auf keinen der Verweigerungsgründe Bezug nimmt, ist unbeachtlich mit der Folge, daß die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt gilt.

b) Vorliegend hat der Betriebsrat mit Schreiben vom 26. Juni 1990 seine Zustimmung zur geplanten Einstellung verweigert. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht dem Schreiben den Willen des Betriebsrats entnommen, der Einstellung nicht zustimmen zu wollen. Der Wortlaut des Schreibens („Der Durchführung der Maßnahme wird nicht zugestimmt …”) ist eindeutig. Demgegenüber kommt es auf den Inhalt des Betriebsratsbeschlusses, wie er vom Betriebsrat unter Bezugnahme auf das Protokoll vorgetragen wird, nicht an. § 99 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BetrVG stellen auf den Inhalt der dem Arbeitgeber gegenüber abgegebenen Erklärung ab.

c) Das Schreiben stellt allerdings keine im Sinne der angeführten Senatsrechtsprechung (BAGE 57, 242) beachtliche Zustimmungsverweigerung dar. Selbst wenn der Stellungnahme des Betriebsrats zu entnehmen wäre, daß dieser in der unterlassenen Vorlage der von ihm geforderten Umsatzunterlagen einen Verstoß gegen die Unterrichtungspflicht des § 99 Abs. 1 BetrVG sieht und deshalb seine Zustimmungsverweigerung auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG stützt, könnte nicht von einer beachtlichen Zustimmungsverweigerung ausgegangen werden. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG gewährt dem Betriebsrat nämlich nur dann ein Zustimmungsverweigerungsrecht, wenn die personelle Maßnahme selbst gegen ein Gesetz verstößt, da die Norm nicht der Sicherung des Mitbestimmungsverfahrens dient. Die Beachtung der Unterrichtungspflicht durch den Arbeitgeber wird dadurch erreicht, daß bei nicht vollständiger Information des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG nicht zu laufen beginnt. Deshalb geht der Senat in ständiger Rechtsprechung seit der Entscheidung vom 28. Januar 1986 (BAGE 51, 41 = AP Nr. 34 zu § 99 BetrVG 1972) davon aus, daß eine Verletzung der Unterrichtungspflicht des § 99 Abs. 1 BetrVG durch den Arbeitgeber keinen Gesetzesverstoß im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG darstellt. Eine Zustimmungsverweigerung, die entgegen der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts damit begründet wird, die nicht ordnungsgemäße Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 BetrVG sei die Verletzung eines Gesetzes im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, ist unbeachtlich.

Dementsprechend gilt die Zustimmung des Betriebsrats nach Ablauf der Frist gemäß § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt.

Daher war die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Dr. Kissel, Matthes, Dr. Weller, Rösch, Lappe

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1073385

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